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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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erwecken ...« Sie zitterte. Ximaera.

    Es riss ihn aus dem Schlaf. »Was? Wer spricht?«, murmelte er ins Telefon. Er musste sich räuspern. Das leidige Schnarchen hatte seinen Mund ausgetrocknet. »Mag, weißt du, wie spät es jetzt ist?!« Er blickte auf die Anzeige des Radioweckers auf dem kleinen Nachttisch. »Zwei Uhr in der Früh. Herrgott, weshalb schläfst du nicht?! Was? Welches Buch? Natürlich kenne ich die Offenbarung des Johannes, aber wieso ...? Mag, sprich langsamer, ich war gerade noch im Tiefschlaf ... Die Königin der Chimären? Nein, ich erinnere mich nicht, was dein Mandant dir darüber anvertraute ...« Die Augen von William Sutton wurden größer und größer. »Wundert mich nicht, dass der Mann in einer Nervenklinik sitzt. Mag, bei allem Verständnis, aber ein Tier, das nicht war und – Was? Ach so, ein Tier, das war und nicht ist. Ja, das ändert natürlich alles. Nein, ich mache mich nicht lustig! Dazu kenne ich dich und deine Qualität als Anwältin viel zu gut, doch ich mache mir Sorgen, dass dieser Fall weder für dich noch für deinen Vince gut enden wird ... Day8Tec? Gentechniklabore zerstört? Solch ein Unfall wäre doch durch die Medien gegangen ... Du hast die örtlichen Behörden und die Lokalpresse befragt? Niemand weiß etwas von einem Unfall in der zweiten Aprilwoche in dieser Firma ... na, siehst du. Dann gab es wohl auch keinen, dann hat Vince fantasiert. Was? Ein Unfall, der war und nicht ist ... weil Ximaera alles verschlang und es neu erschuf? Jetzt reicht es aber! Ich lege jetzt auf. Und du gehst ins Bett und schläfst dich mal aus. Du wirst sehen, morgen sieht die Welt schon ganz anders aus.«

    Nathan war flink. Sein Lachen steckte Nona an. Als wären die Jahre voller Einsamkeit nicht gewesen, als wären Trauer und Zweifel und Wut nur ein Spuk, rannte sie neben ihm, frei wie ein Kind. »Schneller, schneller!« Ihre nackten Füße platschten im Wasser des fließenden Baches, trieben zwei Rindenstücke voran, die der Junge zu ihren Wettkampfbooten erklärt hatte. »Ich gewinne!«, jubelte er und lachte. Die Sonne hoch über ihnen strahlte. »Ich gewinne!«
    »Sicher tust du das – aber nach mir!«
    Nona bückte sich und spritzte mit beiden Händen Wasser auf ihn und sein Boot. Die Tropfen funkelten hell auf ihrem Flug, spiegelten den Wald und den blauen Himmel. »Iiih!«, rief der Junge. »Das gilt nicht! Das widerspricht den Regeln. Du wirst disqualifiziert!«
    Nona grinste. »Disqualifiziert? Von wem denn? Hier ist doch niemand. Oder glaubst du, irgendein Specht da oben hat eine Schiedsrichterlizenz?« Sie spritzte ausgelassen mit dem klaren kühlen Wasser um sich. Finde den Fünften. Ja, das hatte sie. Und es machte den Vormittag im Wald zum glücklichsten Moment in ihrem Leben. Sie war nicht mehr allein. Sie hatte nun eine Familie.
    Nathan ließ die beiden Rindenstücke davontreiben. Er setzte sich auf einen großen, bemoosten Stein am Ufer des Baches. Einige Sonnenstrahlen drangen durch die dichten Wipfel des Küstenregenwaldes bis zu ihm. Sie ließen die Wassertropfen auf seinen dunklen, verwuschelten Haaren glitzern wie die Edelsteine einer Krone. Nona hob ihre Hände und formte mit Daumen und Zeigefingern einen Rahmen, durch den sie auf den Jungen blickte.
    »Was tust du da?«
    »Ich prüfe den Ausschnitt, für ein Foto.«
    »Hast du denn eine Kamera dabei?«
    »Nein, aber das macht nichts.« Sie würde dieses Bild niemals vergessen. Es wäre ihr erstes Foto ohne Zaun.
    »Das ist ein schöner Wald. Mein Vater könnte hier arbeiten. Am Jackson Lake ist er auch Ranger, weißt du.«
    Seine Worte waren wie aufziehende düstere Wolken an einem klaren Himmel. Sie nahmen das Licht, sie nahmen sich alles.
    »Wann kommen meine Eltern denn, Nona?«
    Die Dunkelheit in ihr holte sich ihren Platz zurück, sie löschte das Feuer der Freude aus. »Ich weiß nicht, wann sie kommen, sicher bald ...« Sie belog ihn jedes Mal, wenn er danach fragte, und jedes Mal fühlte sie sich schlecht. Aber sie musste es tun, sie durfte doch die Freude in Nathan nicht zerstören, denn sie brauchte diese Freude.
    »Gehen wir wieder zur Hütte?«
    Nona nickte stumm und lief mit ihm den unscheinbaren Pfad zwischen mächtigen Redwoods, Douglasien und hüfthohem Schwertfarn zurück.
    »Warum lebt Nigel alleine?«
    »Vielleicht mag er keine Menschen.«
    Nathan dachte darüber nach. »Ich glaube, er mag sich nicht. Hat er schlimme Dinge getan, Nona?«
    Sie schwieg. Zwischen den Bäumen hindurch konnte

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