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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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sie das Haus schon sehen. Es als Hütte zu bezeichnen, war eine ziemliche Untertreibung. Es war ein massives Blockhaus, das sich Nigel hier in der Einsamkeit gebaut hatte, nah am Rand einer kleinen Lichtung, eingebettet in den dichten Küstenwald. Das gepflegte Haus bot genug Platz, einen gemauerten Kamin und eine Veranda.
    Der Junge eilte die vier Stufen hinauf. Vor der geschlossenen Tür hielt er inne. Jemand hatte etwas daran befestigt. Nona sah es auch. An die Holztür war eine Fotopostkarte geheftet. Und sie weckte schlimmste Erinnerungen.
    »Ist die von meinen Eltern?«, fragte Nathan irritiert.
    Sie sah auf das Foto eines Sees, den sie zu gerne vergessen würde. Ein See, in dessen Nähe nur drei Tage zuvor jemand die Eltern des Jungen ermordet hatte. Mit klopfendem Herzen nahm Nona die Postkarte vom Jackson Lake herunter, drehte sie um, las die zwei Worte. KOMME MORGEN.

    Der Abdruck der Reifen war frisch. Vince signalisierte durch ein Kopfschütteln, dass das hier nicht die Spur seines Taxis war. Nigel berührte das in den Boden gepresste Profil. Breite Allwetterreifen. Ein schweres Fahrzeug, nicht geländegängig. Wahrscheinlich ein Transporter.
    Sie folgten der Schneise, die der Wagen durch Unterholz und Büsche gerissen hatte. Sehr weit konnte er nicht gekommen sein. Vince sah ihn zuerst. Rasch entsicherte er die Waffe, die er schon einmal auf diesen Wagen gerichtet hatte, auf einer Kreuzung in Manhattan. Die Kerle, die Nona entführt hatten, waren ihnen also bis hier gefolgt und hefteten nun Postkarten an fremde Häuser! Das Adrenalin ließ Vince zittern.
    Nigels Geste ermahnte zur Ruhe, sie sahen einen Mann. Vor der halboffenen Schiebetür des Vans lag er. Seine aufgerissenen Augen starrten zum Himmel, als sei von dort gekommen, was seinen Brustkasten zerquetscht hatte wie eine gekochte Kartoffel.
    Die verdammten Heuschrecken sind hier!, durchfuhr es Vince. Er blickte wild um sich, zielte auf Bäume und Büsche. Doch da war nichts. Nigel kniete bei dem Toten nieder und schloss ihm die Augen. Er stutzte. Wo einmal Rippen gewesen waren, in der eingesunkenen Mulde des dunklen blutigen Pullovers, lag etwas.
    »Das wird dich interessieren, Vince.«
    Das Silberkreuz an der zerrissenen Kette trug Schriftzeichen. VIA und DEI war in die Kreuzbalken eingraviert. Die Worte vereinten sich im Buchstaben I. Rechts neben dem Wort DEI war noch ein winziges bärtiges Gesicht. Vince kannte es. Im Keller unter der Kirche hatte es ein altes Mosaik geschmückt. »Sie hatte recht.« Er wurde blass. »Nona hatte die ganze Zeit recht. Nach außen hin tut dieser Orden Gutes, aber das ist nur Fassade, dahinter –«
    Nigel legte einen Finger auf die Lippen. Nicht weit vor dem Wagen raschelte etwas. Seine dunkle Hand schloss sich um den rutschfesten Griff seines Jagdmessers. Gebückt schlich er zu den grünen dornigen Büschen, dort ließ er die Klinge aus Schwedenstahl sinken.
    »Der hier lebt noch.«
    Seine Arme waren ausgekugelt worden. Dann hatte man sie mehrfach gebrochen und wie zwei dicke Taue um seinen Hals gewickelt. Der Fremde wimmerte halberstickt. Nigel berührte die grauenvolle Schlinge aus Knochentrümmern und Fleisch, um sie zu lockern. Der Mann in den Dornen schrie auf. Auch er trug das silberne Kreuz des Ordens.
    »Wer hat das getan?«, flüsterte Vince fassungslos. Es fiel ihm schwer, hinzusehen. Seine Wut auf Nonas Entführer verflog. »Wer tut so etwas, Nigel?«
    Der Mann am Boden schaute zum Himmel. »Gnade euch Gott vor dem, der kommt«, sprach er mühsam.
    Vince und Nigel blickten einander an. Komme morgen . Zwei Worte auf einer anonymen Postkarte. Und der Grund, der sie auf diese Patrouille geschickt hatte.
    »Wer kommt? Wer ist er?«, fragte Nigel den Mann.
    »Trägt er Handschuhe?!« Vince stand die Angst im Gesicht.
    Der Sterbende vor ihm holte tief Luft.
    »Er darf den Jungen, der bei euch ist, nicht bekommen. Ihr müsst ... Er darf ihn nicht bekommen!«, rief er mit dem letzten Atemzug.
    Nigel nahm ihm die Kette mit dem silbernen Kreuz ab und steckte sie in die Tasche zu dem ersten Kreuz. Er erhob sich. »Gehen wir zurück.«
    Vince reagierte nicht. Er stand bei der offenen Schiebetür und starrte in den Wagen. Dann zog er etwas aus dem Van. Eine Kinderjacke. Hellblauer Stoff mit einer großen Stickerei auf dem Rücken. Stumm hielt er sie Nigel hin. Zwei gekreuzte Baseballschläger über einem Lorbeerkranz. Das Emblem der Schulmannschaft seines Sohnes. »Die gehört Max«, flüsterte er kaum hörbar

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