Das Joshua Gen (German Edition)
Vatikan mit der Untersuchung beauftragt. Wonach messen Sie? Gas?«
»Ja, aber da ist rein gar nichts.«
»Gut.« Matteo setzte seinen Helm auf.
»Es könnte wieder beben, Dottore.«
»Ich gehe auf eigene Verantwortung.«
Der Feuerwehrmann gab ihm ein Walkie-Talkie. »Falls etwas passiert, hier drücken. Der Kanal ist eingestellt.«
Matteo stieg durch das Loch in den Tunnel hinter der Wand. Er sah es gleich. Der Tunnel war ein langer Hohlraum natürlichen Ursprungs. Er musste sich während eines Vulkanausbruchs vor Ewigkeiten gebildet haben. Der helle Kegel seiner Lampe wanderte über Wände aus porösem Tuff. Rotbraun, Ocker, Grauviolett. Für Geologen sicher interessant. Matteo hielt inne. Mitten in der länglichen Höhle stand ein Holzfass! Langsam ging er darauf zu. Das Fass war sehr alt und groß. Ein Mensch hätte Platz darin. Vorsicht!, dachte er. Vielleicht ist es voll Schwarzpulver und vielleicht hat sich vor Stunden noch eins davon selbst entzündet, direkt an der Höhlenseite, die an das Parkhaus grenzt ... Er schaute in das Fass. Salz? Ja, nur Salz, auch am Boden um das Fass herum. Enttäuscht seufzte er. Die Höhle war ein Flop. Er wollte gehen, sich mit Ornella trösten. Halt! Am Ende der Höhle reflektierte etwas. Er lief die gut vierzig Meter.
Die Tür war aus Silber. Sein Herz klopfte wild. Seine Finger glitten über die vier Pentagramme in den Türecken. Um jeden Fünfstern lag ein Kreis aus Schrift. Bannsprüche! Die Mitte der Silbertür zierte ein Heptagramm voller phönizischer Zeichen. Erstaunlich, dachte Matteo. Würde es Dämonen geben, keiner käme je durch diese Tür. Und nun öffne sie, nun werde berühmt, flüsterte es irgendwo in seinem Kopf.
Der Gang hinter der Tür erschien endlos. Er erinnerte an die Fluchttunnel der Päpste. Es gab einige von ihnen unter der Vatikanstadt, doch dieser hier war breiter, höher und heller! Der Archäologe schaltete seine Taschenlampe aus. Ein feines Leuchten blieb. Aus kleinen Öffnungen über ihm erhellte es den Boden in regelmäßigem Abstand. Licht, hier unten? Verwirrt sah er den mondhellen Gang hinunter. Jemand kicherte. Er riss die Taschenlampe hoch.
Stille. Dann wieder das Kichern und in der Ferne eine kleine Gestalt, die wegrannte. Er folgte ihr bis in ein hallenartiges Gewölbe. Es war riesig. Es raubte ihm den Atem. Ein blasser Lichtstrahl, dick wie eine Säule, kam aus der Mitte der Decke herab. Matteo machte Fotos. Überall gab es weitere Gänge. Die Gestalt wartete vor einem. »Hey, du!« Er lief durch die steinerne Halle, vorbei an hohen Holzregalreihen voller alter Kisten. Das konnte nicht wahr sein. Das gab es doch nicht! Er kannte die Vatikanischen Katakomben und Grotten sehr gut, aber das hier, das hatte noch niemand gesehen, in keinem Text war je solch ein Bauwerk aufgetaucht. Er hatte die Entdeckung des Jahrhunderts gemacht!
Die kleine Gestalt vor ihm kicherte.
»Jetzt warte. Wer bist du?« Er rannte ihr nach in einen Gang bis zu einer massiven Holztür. Sie war angelehnt. »Bist du da drin?«
Er schob die Tür auf. Ein kleines, schwarzhaariges Mädchen blickte ihn an. »Du hast mich gefunden. Gewonnen aber habe ich.« Es lächelte geheimnisvoll. Das Kind war neun, vielleicht zehn Jahre alt, und sein blasses hübsches Gesicht war voller Sommersprossen.
»Was um Himmels Willen machst du hier unten, Kleine?!«
Die smaragdgrünen Augen des Mädchens betrachteten seine Bestürzung interessiert. »Ich bin ein Köder.«
Hatte er richtig gehört?
»Ein Köder? Für was?«
»Erzähl es ihm nicht«, sagte jemand im Gang hinter ihnen.
Matteo fuhr herum. Ein schlanker Junge mit gelocktem Haar hielt einen langen rostigen Nagel drohend in seine Richtung.
»Er ist harmlos, Ben. Bitte tu ihm nichts!«
»Ich weiß, dass er harmlos ist. Also warum lockst du ihn her? Du sollst doch nur die anderen fangen!«
»Aber er hat so einen lustigen gelben Hut ...«, sagte das kleine Mädchen eingeschüchtert.
Armes Kind. Matteo nahm den Bauhelm ab und setzte ihn der Kleinen auf. Er lächelte. »Fangen spielt ihr also. Schön. Aber wie kommt ihr hierher? Wo sind eure Eltern?«
Das Mädchen nahm den Helm wieder ab, hielt ihn aber fest. »Bens Eltern sind in Montana. Das liegt in Amerika. Von da haben die Ordensbrüder ihn vor zwei Jahren geholt.«
»Halt doch deinen Mund!«, zischte der Junge.
»Und ich bin hier unten geboren«, fuhr das Mädchen trotzig fort, »aus einem Haar meiner Mutter. Ein Priester brachte es einst her. Sie war eine
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