Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
würde. Jupiter hilft, uns vor Kometeneinschlägen zu schützen – erinnern Sie sich, wie er Shoemaker-Levy 9 verschluckt hat? Die Sonne ist weder zu groß noch zu klein – beides würde erdähnliche Planeten weniger wahrscheinlich machen. Ihre ziemlich öde und langweilige Lage in der Galaxis – nicht nahe am Zentrum, sondern irgendwo – ist eigentlich die bestmögliche. Dort finden wir die optimale Kombination in Bezug auf die Erzeugung schwerer Elemente in Sternen, die Eisen und Silizium für Steinplaneten wie die Erde und die Vielfalt der für die Chemie des Lebens benötigten Elemente liefert. »Schwer« heißt dabei alles oberhalb von Helium im Periodensystem. Wenn man sich zu weit vom Zentrum der Galaxis entfernt, sinkt die Menge der schweren Elemente. Kommt man zu nahe, sind die Strahlungsniveaus zu hoch. Und so weiter und so fort. Die Liste wird länger und länger, und man kommt zwangsläufig zu dem Schluss, Leben sei etwas außerordentlich Unwahrscheinliches.
Eine alternative Herangehensweise, die wir gern Xenowissenschaft nennen, kehrt die Denkrichtung um. Welche möglichen Typen von Lebensräumen gibt es? Wir wissen inzwischen – aber erst seit Kurzem –, dass es nicht an Planeten mangelt. Astronomen haben über 770 Exoplaneten gefunden, genug, um eine statistische Probe zu liefern, die darauf hindeutet, dass es in der Galaxis mindestens ebenso viele Planeten wie Sterne gibt. Die physikalischen Bedingungen auf diesen Planeten unterscheiden sich gewaltig, aber das bietet neue Gelegenheiten für neue Lebensarten. Statt »Ähnelt er der Erde?« können wir also fragen: »Könnte sich dort eine Lebensform entwickeln?«
Wir sind nicht einmal auf Planeten beschränkt: Ozeane auf Monden, deren Oberfläche dicke Eisschichten bilden, wären ein guter Ort für Leben, sogar für erdähnliches Leben. Wir müssen die örtlichen Bedingungen berücksichtigen, sollten aber nicht annehmen, dass Eigenschaften, die in unserem Sonnensystem günstig sind, auch anderswo unbedingt gelten. Ohne einen großen Mond kann die Achse eines Planeten sich tatsächlich chaotisch neigen, doch das tut sie in Zeiträumen von -zig Jahrmillionen. Die Evolution kann damit fertig werden; sie kann davon sogar zusätzliche Impulse erhalten. Leben in einem hinreichend großen Ozean würde derlei nicht einmal bemerken. Ein großer Gasriese mag Kometen aus dem Verkehr ziehen, aber das könnte die Evolution verlangsamen, weil eine Katastrophe hin und wieder die Vielfalt fördert. Der Jupiter mag zwar die Kometen im Zaum halten, doch er erhöht die Anzahl der Einschläge auf der Erde erheblich. Die derzeit beste Schätzung besagt, dass Jupiter in Bezug auf das Leben mehr Schaden als Nutzen gestiftet hat. Lebensformen wie die Bärtierchen ( Tardigrada , auch Wasserbärchen genannt) vertragen Strahlung besser als die meisten anderen auf unserem Planeten. Die anderen brauchen sie nicht zu vertragen, weil die Van-Allen-Gürtel die Strahlung fernhalten, doch gäbe es die Gürtel nicht, hätte das Leben auf der Erde den Bärtierchen ähnlicher werden können.
Die sogenannte bewohnbare Zone ist nicht das einzige Gebiet um einen Stern, in dem Leben möglich sein könnte. Manche exotischen chemischen Systeme können eine dem Leben ähnliche Komplexität ohne Wasser hervorbringen. Flüssiges Wasser kann außerhalb der bewohnbaren Zone existieren. Wenn eine Welt nahe ihrem Stern gebundene Rotation hat, wobei eine Seite ständig dem Stern zugekehrt und die andere abgekehrt ist, gibt es eine ringförmige Dämmerungszone an der Grenze beider Halbkugeln, wo flüssiges Wasser existieren könnte. Welten, die von ihrem Stern weit entfernt sind, können unter einer äußeren Eisdecke flüssige Ozeane haben: Der Jupitermond Europa ist das beste Beispiel im Sonnensystem, und man glaubt, dass der Ozean unter seinem Eis ebenso viel Wasser enthält wie alle irdischen Ozeane zusammen. Dasselbe gilt für Ganymed, Kallisto und den Saturnmond Enceladus. Titan verfügt über flüssige Kohlenwasserstoffseen und einen Überschuss an Methan, der auf eine nicht im Gleichgewicht befindliche Chemie hinweist, ein mögliches Anzeichen für unorthodoxes Leben.
Die bewohnbare Zone der Galaxis ist ein besonders strittiges Konzept. Der dänische Astronom Lars Buchhave und seine Gruppe haben die chemische Zusammensetzung von 150 Sternen mit 226 Planeten unter der Größe von Neptun untersucht. Die Ergebnisse zeigen: »Kleine Planeten […] bilden sich bei Sternen mit einem breiten
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