Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
Spektrum des Gehalts an schweren Metallen, darunter sind Sterne mit nur 25 Prozent des Metallgehalts der Sonne.« Ein Überschuss an schweren Elementen wird also nicht für die Entstehung erdähnlicher Planeten benötigt. Die NASA -Wissenschaftlerin Natalie Batalha hat angemerkt: »Die Natur ist opportunistisch und fruchtbar, sie findet Wege, die wir sonst vielleicht für schwierig gehalten hätten.«
Und so weiter und so fort.
Das Leben passt sich seiner Umwelt an, nicht umgekehrt. Goldlöckchen hat nicht das letzte Wort: Auch Papa Bär und Mama Bär haben gültige Meinungen. Was »gerade richtig« für das Leben ist, hängt von der Art des Lebens ab. Sogenannte Extremophile existieren auf der Erde bei Temperaturen unter dem Gefrier- oder über dem Siedepunkt. Es ist ein alberner Name. Für solche Wesen ist ihre Umwelt durchaus angenehm; wir sind die Extremfälle. Noch alberner erscheint es, denselben Namen für Wesen zu verwenden, deren Umwelten derart verschieden sind, dass jedes Wesen das andere als noch extremer einschätzen würde als uns.
Die zweite Herangehensweise ist viel sinnvoller: Statt die Gelegenheiten für das Leben exzessiv zu beschneiden, erkundet sie den ganzen Bereich des Möglichen. Die lange und beeindruckende Einkaufsliste von Eigenschaften, die für das Leben »notwendig« sind und Menschen als etwas überaus Besonderes erscheinen lässt, beruht auf einer armseligen Logik. Das Leben auf der Erde demonstriert, dass die Liste hinreichend ist – davon wird sie aber nicht notwendig.
Die beiden Arten, über Außerirdische zu denken, sind natürlich ein weiteres Beispiel für Benfords Unterscheidung. Die Astrobiologie ist menschenbezogen, weil sie von uns ausgeht und das Universum so lange einengt, bis es passt. Die Xenowissenschaft ist universumbezogen: Sie lässt die Möglichkeiten so breit wie möglich und sieht nach, wohin sie führen. Wir sind an unsere Umwelt bestens angepasst, weil wir uns dazu entwickelt haben. Diese Beobachtung ist viel plausibler, als zu behaupten, wir Menschen seien etwas ganz Besonderes und das Sonnensystem, die Galaxis, sogar das gesamte Universum seien so konstruiert worden, dass es zu uns passt.
Kosmisches Gleichgewicht …
Balanciert das Leben also wirklich auf Messers Schneide? Oder haben wir das ganz falsch verstanden?
Das übliche Gedankenexperiment scheint außer Zweifel zu stehen. Nehmen Sie ein scharfes Messer und einen rund dreißig Zentimeter langen Metallstab. Halten Sie das Messer mit ausgestreckter Hand und versuchen Sie, den Stab auf des Messers Schneide zu balancieren. Sie können den Stab noch so sorgfältig platzieren, er neigt sich und rutscht zu Boden. Keine Frage: Die Balance muss außerordentlich präzise sein.
Die Mathematik ist sogar noch strenger. Die Massen auf beiden Seiten, multipliziert mit ihren Abständen vom Messer, müssen gleich sein. Exakt gleich. Das geringste Ungleichgewicht führt zum totalen Versagen. Also würde in Analogie dazu jedes Ungleichgewicht in den Naturgesetzen, und sei es noch so gering, die Bedingungen zerstören, die für die Existenz des Lebens erforderlich sind. Ändern Sie die Planck-Konstante oder die Lichtgeschwindigkeit um einige Prozent, und die subtile Kohlenstoffresonanz in Sternen würde versagen. Ohne Resonanz kein Kohlenstoff, kein auf Kohlenstoff beruhendes Leben.
Aber vielleicht haben wir diesen Argumenten gar zu bereitwillig zugestimmt. Wie relevant, wie sinnvoll ist die Analogie mit dem Metallstab und einem scharfen Messer? Gerade Stäbe sind ein künstliches Erzeugnis der Technik. In der Mathematik und in der Natur sind die meisten Dinge nicht linear – gekrümmt. Was passiert, wenn man einen gekrümmten Stab auf eine Messerschneide legt? Nehmen wir an, die Krümmung ist nicht zu stark und befindet sich ungefähr in der Mitte. Vorausgesetzt, man legt den Stab so auf das Messer, dass sich dieses ungefähr am Gleichgewichtspunkt befindet, dann dreht sich, sobald man loslässt, der Stab so, dass die freien Enden herabhängen. Er rutscht seitwärts, aber nicht sehr weit, und hält an. Ein paar Sekunden lang schwingt er hin und her, doch schließlich kommt er zur Ruhe.
Im perfekten Gleichgewicht.
Strecken Sie eine Fingerspitze aus und drücken Sie eins der Enden ein wenig hoch. Wenn Sie loslassen, schwingt der gebogene Stab in seine Ausgangslage zurück, ein Stück darüber hinaus, dann zurück, und schließlich bleibt er wieder dort, wo er war. Wenn man das andere Ende nach unten drückt,
Weitere Kostenlose Bücher