Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
im Prinzip Lebensformen erlauben würden, welche nicht allzu verschieden von unserer Lebensform wären. Und es gibt absolut keinen Beweis dafür, dass Feinabstimmung notwendig wäre – nicht einmal zu einem Zehntel, geschweige denn eins zu 10 30 .
In neuerer Zeit hat Fred Adams 2008 einen Artikel im Journal of Cosmology and Astroparticle Physics veröffentlicht, der sich auf eine beschränktere Version der Frage konzentriert.* [* Fred C. Adams: Stars in other Universes: stellar structure with differenz fundamental constants. In: Journal of Cosmology and Astroparticle Physics 8 (2008), S. 10. doi:10.1088/1475-7416/2008/08/010. arXiv:0807.3607.] Er arbeitete mit nur drei Konstanten, denjenigen, die für die Bildung von Sternen besonders wesentlich sind: der Gravitationskonstante, der Feinstrukturkonstante und einer Konstante, die den Zeitablauf von Kernreaktionen regelt. Die anderen bedürfen nicht nur keiner Feinabstimmung, sondern sind für die Sternentstehung überhaupt irrelevant.
Adam definiert »Stern« als ein von der eigenen Gravitation zusammengehaltenes Objekt, welches stabil und langlebig ist und durch Kernreaktionen Energie erzeugt. Seine Berechnungen lassen keine Anzeichen für Feinabstimmung erkennen. Vielmehr können Sterne für einen weiten Bereich von Konstanten existieren. Wenn man diese »willkürlich« wählt – in dem Sinn, wie von Verfechtern der Feinabstimmung für gewöhnlich angewandt –, beträgt die Wahrscheinlichkeit, ein Universum zu erhalten, welches Sterne hervorbringen kann, etwa 25 Prozent. Es scheint plausibel, als »Sterne« auch exotischere Objekte zuzulassen, etwa Schwarze Löcher, die durch Quantenprozesse Energie erzeugen, und Sterne aus dunkler Materie, die ihre Energie aus der Annihilation von Materie gewinnen. Der Wert steigt dann auf etwa 50 Prozent an.
Soweit es Sterne angeht, ist unser Universum nicht unwahrscheinlich genau auf einer unglaublich schmalen Messerschneide ausbalanciert, sodass es Wahrscheinlichkeiten von Milliarden zu eins gegen sich hätte. Es hat einfach nur »Zahl« gesagt, und die kosmische Münze ist mit der Zahl nach oben gelandet.
Sterne sind nur Teil des Prozesses, der ein Universum mit intelligenten Lebensformen ausstattet, und Adams hat vor, andere Aspekte zu betrachten, insbesondere die Planetenentstehung. Vermutlich werden die Ergebnisse ähnlich sein. Sie werden die fast infinitesimal kleinen Wahrscheinlichkeiten widerlegen, die von den Verfechtern der Feinabstimmung behauptet werden, und sie durch etwas ersetzen, das tatsächlich geschehen könnte.
Was also ist mit den Argumenten für die Feinabstimmung schiefgelaufen? Fehlleistungen der Vorstellungskraft und engstirnige Interpretationen. Und selbst wenn wir annehmen, dass die meisten Werte für die Konstanten die Atome instabil machen – würde das beweisen, dass keine »Materie« existieren kann? Nein, es bewiese nur, dass keine Materie existieren kann, die mit der in unserem Universum identisch ist. Entscheidend ist, was stattdessen geschehen würde , doch die Verfechter der Feinabstimmung gehen auf diese entscheidende Frage nicht ein.
Die gleiche Frage lässt sich in Bezug auf die Überzeugung stellen, dass die einzig denkbaren Außerirdischen uns ziemlich ähnlich sein müssten, eine Ansicht, die viele Astrophysiker immer noch vertreten – allerdings seltener als früher. Das Wort »Astrobiologie« ist aus Astronomie und Biologie zusammengesetzt; im Wesentlichen bringt dieser Forschungszweig die beiden Wissenschaften zusammen und beobachtet, wie sie einander beeinflussen. Um die Möglichkeit außerirdischen – insbesondere intelligenten – Lebens zu analysieren, geht die herkömmliche Astrobiologie von der Existenz der Menschen als Gipfel irdischen Lebens aus. Dann setzt sie die Menschen in den Kontext der übrigen Biologie: Gene, DNS , Kohlenstoff. Daraufhin untersucht sie unsere Evolutionsgeschichte und die unseres Planeten, um Umwelteigenschaften zu finden, die zur Entstehung des Lebens und der Menschen beitrugen.
Das Ergebnis ist eine ständig wachsende Liste mit speziellen Eigenschaften unserer Geschichte und der Erdgeschichte. Leben benötigt eine Sauerstoffatmosphäre. Leben benötigt Wasser in flüssiger Form. Das schließt eine passende Entfernung von der Sonne ein – die viel zitierte bewohnbare Goldlöckchen-Zone, in der die Temperaturen »gerade richtig« sind. Unser ungewöhnlich großer Mond stabilisiert die Erdachse, die sonst ihre Neigung chaotisch ändern
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