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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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läuft der Wagen vermutlich nicht mehr. Ändern Sie die Größe der Muttern nur ein klein wenig, und sie passen nicht zu den Schrauben, fällt der Wagen auseinander. Ändern Sie den Kraftstoff nur ein klein wenig , zündet der Motor nicht, und der Wagen springt nicht an. Aber das heißt nicht, dass nur eine Größe von Schrauben und Muttern und nur eine Art von Kraftstoff für ein funktionierendes Auto infrage kommen. Es besagt vielmehr, dass sich die Änderung einer Eigenschaft auf die anderen auswirkt und diese ebenfalls geändert werden müssen. Eng begrenzte Fragen, was mit kleinen Stückchen unseres Universums passiert, wenn eine Konstante ein klein wenig geändert und der Rest unverändert gelassen wird, haben also nicht allzu viel Bedeutung für die Frage, ob sich dieses Universum fürs Leben eignet.
    Noch etwas mehr schludriges Denken macht aus diesem grundlegenden Irrtum eine grobe Fehlinterpretation dessen, was die betreffenden Berechnungen eigentlich zeigen. Nehmen wir beispielsweise an, dass jeder der dreißig Parameter für sich genommen so abgestimmt sein muss, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der ein zufällig gewählter Parameter im richtigen Bereich liegt, 1/10 betrage. Wenn man irgendeinen Parameter (allein) um mehr als ein Zehntel verändert, wird Leben unmöglich. Dann wird argumentiert, die Wahrscheinlichkeit, dass sich alle dreißig Parameter im richtigen Bereich befinden, betrage 1/10 hoch 30. Also 10 –30 , eins zu einer Quintillion (tausend Milliarden Milliarden Milliarden). Das ist so lächerlich gering, dass absolut keine ernsthafte Aussicht besteht, es könne zufällig geschehen. Diese Berechnung ist der Ursprung des Bildes von »Messers Schneide«.
    Sie ist auch kompletter Unsinn.
    Es ist, als ob man in der Mitte von London beginnt und ein paar Meter nach Westen die Oxford Street entlanggeht, dann ein paar Meter nach Norden die Tottenham Court Road entlang und sich einbildet, man habe ganz London erfasst. Dabei hat man nicht einmal ein paar Meter in nordwestlicher Richtung erkundet, ganz zu schweigen von allen weiter entfernten Stadtteilen. Mathematisch betrachtet wird bei jeder Änderung eines einzelnen Parameters ein winziges Intervall entlang einer Achse im Parameterraum erkundet. Multipliziert man die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten, dann erkundet man einen winzigen Kasten, dessen Seiten den Änderungen entsprechen, die man an einzelnen Parametern vorgenommen hat – ohne Änderungen an irgendeinem anderen Parameter in Betracht zu ziehen. Das Beispiel mit dem Auto zeigt, wie albern diese Art von Rechnung ist.
    Selbst wenn wir die Konstanten für dieses Universum verwenden, können wir die Struktur von etwas scheinbar so Einfachem wie einem Heliumatom nicht aus den Gesetzen der Physik ableiten, geschweige denn eine Bakterie oder einen Menschen. Unser Verständnis von allem, was komplexer als Wasserstoff ist, stützt sich auf geschickte Näherungen, verfeinert durch den Vergleich mit den tatsächlichen Beobachtungen. Wenn wir aber über andere Universen nachdenken wollen, haben wir keine Beobachtungen, mit denen wir vergleichen könnten; wir müssen uns auf die mathematischen Konsequenzen unserer Gleichungen verlassen. Für alles Interessante, selbst für Helium, können wir keine exakten Berechnungen anstellen. Also nehmen wir Abkürzungen und schließen bestimmte Strukturen wie etwa Sterne oder Atome aus, wobei wir uns auf verschiedene anfechtbare Gründe stützen.
    Wirklich ausgeschlossen durch solche Berechnungen (selbst wenn sie korrekt sind) werden aber Sterne genau wie die in diesem Universum und Atome genau wie die in diesem Universum. Darum geht es aber nicht, wenn wir ein anderes Universum diskutieren. Welche anderen Strukturen könnten existieren? Könnten sie komplex genug sein, um eine Lebensform hervorzubringen? Die Mathematik komplexer Systeme zeigt, dass einfache Regeln zu erstaunlich komplexem Verhalten führen können. Solche Systeme verhalten sich typischerweise auf vielerlei unterschiedliche interessante Weisen, nicht auf nur eine interessante Weise. Sie sitzen nicht einfach stumpfsinnig und langweilig herum, ausgenommen ein besonderes »fein abgestimmtes« Ensemble von Konstanten, wo die Musik spielt.
    Stenger bringt ein lehrreiches Beispiel dafür, wie falsch es ist, unterschiedliche Parameter jeweils einzeln zu variieren. Er verwendet dazu nur zwei: die nukleare Effizienz* [* Für »nuclear efficiency« gibt es noch keine allgemein übliche deutsche

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