Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
schwer zu erraten war. Ich weiß es! Hab’s mit eigenen Augen gesehen!«
Der Dekan nahm die letzte Auster. »Was hältst du davon, wenn ich an einem bedeutsamen Ort auf dieser Welt erscheine und den Menschen vorsichtig erkläre, was sie falsch machen? Irgendwie fühle ich mich verantwortlich, so dumm das auch klingen mag.«
»Lass das lieber!«, riet Rincewind mit Nachdruck. »Sie würden nur versuchen, dich irgendwo anzunageln. Allerdings sind die Nägel, soweit ich das feststellen konnte, heutzutage etwas feiner gearbeitet als früher. Man gäbe dir vielleicht einen hübschen Orden und einen festen Händedruck, und anschließend würden die Leute sagen, als Akademiker hättest du den Kontakt zur Realität verloren, obwohl du während deiner ganzen langen beruflichen Laufbahn durch das verdammte Zeug gewatet bist.«
»Es ist also nichts zu machen?«, fragte der Dekan.
»Nein, eigentlich nicht. Kleine Geschöpfe im Meer und im Boden werden überleben, aber so wie die Ressourcen des Planeten verbraucht werden … Für eine neue Zivilisation sehe ich kaum Chancen. Vielleicht sollten wir in einer Million Jahren zurückkehren und uns noch einmal umsehen. Möglicherweise bleibt was übrig.«
Der Dekan wollte sich damit nicht abfinden. »Es könnte sich auch die Unschuld durchsetzen.«
»Ja«, entgegnete Rincewind düster. »Könnte sein. Und mir sind Pferde lieber. Aber ich fürchte, Autos vermehren sich schneller …«
VIERZEHN
Eine bessere Mausefalle
Rincewind hat eine Schwäche für Pferde. Darum zieht er Pferde Automobilen vor. Ein Pferd braucht man nicht herzustellen – sie stellen sich selbst aus vorangegangenen Pferden her.
Autos werden individuell von Menschen hergestellt. Sie sind dazu bestimmt, einen Zweck zu erfüllen, der in den Gedanken des Entwerfers vorhanden war, bevor die Autos hergestellt wurden, und der sogar ihre Herstellung bewirkte . Ohne Menschen könnte man die Erde Milliarden Jahre lang sich selbst überlassen, und sie würde kein Auto hervorbringen. Sie hat aber ohne menschliches Zutun ein Pferd hervorgebracht, und das in deutlich kürzerer Zeit.
Wissenschaftler glauben, dass sich Pferde entwickelt haben. Zum Beweis gehört eine emblematische Folge von Fossilien, die genau zeigt, wie sie sich entwickelten – im Zeitraum von vor 54 Millionen bis vor einer Million Jahren. Die Folge beginnt mit einem pferdeähnlichen Säugetier, das gerade einmal 40 Zentimeter lang war. Diese Gattung erhielt ursprünglich den poetischen Namen Eohippus (»Pferd der Morgenröte«), ist aber inzwischen zu Hyracotherium umbenannt worden, weil die Regeln der Taxonomie in diesem Fall ein törichtes Ergebnis geliefert haben.* [* 1841 fand Richard Owen, ein führender Paläontologe, ein unvollständiges Fossil, das er (wegen der Zähne) für einen Schliefer (hyrax) hielt und einer neuen Gattung zuordnete, Hyracotherium . 1876 entdeckte Othniel Marsh ein vollständiges Skelett, offensichtlich pferdeähnlich, und ordnete es einer anderen Gattung zu, Eohippus (Pferd der Morgenröte). Später wurde klar, dass beide Fossilien zur selben Gattung gehörten, und nach den Regeln der Taxonomie gewann der zuerst publizierte Name. Derart ging der treffende Name »Pferd der Morgenröte« verloren, und eine wissenschaftliche Fehldeutung wurde verewigt.] Es geht weiter zu Mesohippus , 35 Millionen Jahre alt und 60 Zentimeter lang, dann Merychippus , 15 Millionen Jahre alt und 1 Meter lang, dann Pliohippus , 8 Millionen Jahre alt und 1,3 Meter lang, sowie schließlich (bisher) Equus , im Grunde dasselbe wie das moderne Pferd, 1 Million Jahre alt und 1,6 Meter lang.
Die Taxonomen können sehr detailliert die Sequenz von Veränderungen verfolgen, die in dieser Abstammungslinie von Pferdevorfahren auftraten, zum Beispiel bei den Zähnen und Hufen des Tieres. Sie können auch den zeitlichen Ablauf dieser Veränderungen verfolgen, weil Gesteine datiert werden können. Also kann nun Beweismaterial aus der Geologie beigemischt werden. Eine einzige fossile Spezies in der falschen geologischen Schicht würde genügen, die Evolutionsgeschichte in Zweifel zu ziehen. Die Abfolge der Gesteine, ihr nach verschiedenen Methoden ermitteltes Alter, die Evolutionssequenz der Fossilien und die DNS von Pferden und ihren modernen Verwandten – alles stimmt in bemerkenswertem Maß überein.
Es gibt ähnliches Beweismaterial, dass sich die Menschen aus affenähnlichen Vorfahren entwickelt haben, aber die Geschichte ist nicht so hübsch und rund,
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