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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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Schwung auf die Gabel zurückgelegt, als es klopfte. Frau Bruns, eine Frau mit halblangem grauweißem Haar trat ein, hielt die mit Lederwaben gepolsterte Tür auf, strich ihr schwarzes Kleid glatt und sagte in vorwurfsvollem Tonfall:
    »Hier ist Herr Schultz für Sie. Er war pünktlich um 11:30 Uhr hier.«
    Ein Lächeln glitt über Hübschs Gesicht. Er fuhr sich mit der Hand über sein dunkelbraunes, mit den Jahren schütter gewordenes gewelltes Haar. »Verstehe. Ich war also wieder zu laut am Telefon. Also, herein mit Herrn Schultz.«
    Mit schnellem Schritt trat Hanspeter Schultz ein. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit Weste und silbergrauer Krawatte. Sein graumelierter Vollbart war frisch gestutzt, sein Bürstenhaarschnitt auf Zentimeterlänge geschoren. Dadurch erschienen seine rötlichen Wangen voller, als sie ohnehin waren. Nachdem Frau Bruns geräuschlos das Zimmer verlassen hatte, blieb Schultz in respektvoller Haltung an der Tür stehen. Verstohlen zupfte er an den Knöpfen seiner Weste, die nur mühevoll kaschierte, dass er sich wieder einmal mit Riesenschritten der Hundert-Kilo-Marke näherte. Hübsch wies auf die aus sechs Lederstühlen und einem runden Holztisch bestehende Sitzgruppe, gab Schultz die Hand und sagte:
    »Hallo, Herr Schultz. Nehmen Sie ruhig Platz. Sie können gern Ihr Jackett ablegen. Ich will allerdings nur kurz etwas mit Ihnen besprechen.«
    Schultz wartete, bis sich Hübsch hingesetzt hatte. Dann ließ er sich auf dem ihm gegenüberstehenden Stuhl nieder, legte die Hände gefaltet auf den Tisch und sah Hübsch an.
    Hübsch rückte mit Daumen und Mittelfinger seine rechteckige Brille zurecht, hustete mehrfach und sog tief die Luft ein. »Passen Sie mal auf, Herr Kollege. Sie haben sich da vor einiger Zeit auf eine Abteilungsleiterstelle in unserem Haus beworben. Es gab dabei noch etliche Mitbewerber. In meinem Vorschlag an das Justizministerium habe ich mich für Sie ausgesprochen. Ich schätze Ihren Einsatz und Ihren Fleiß, wenn auch in der Vergan-
    genheit einige Ihrer Kapriolen nicht ganz meine Zustimmung fanden. Das Ministerium hat ungewöhnlich lange auf dem Vorgang gesessen, bis es sich zu einer Entscheidung durchgerungen hat. Welche Gründe diese lange Zeitdauer verursacht haben, ist mir nicht bekannt.« Hübsch machte eine Pause und schaute sich suchend im Zimmer um. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
    Schultz schüttelte den Kopf. »Ich rauche selbst gerne. Zigarren.«
    Die Hoffnung von Schultz, Hübsch würde ihm ebenfalls das Rauchen gestatten, erfüllte sich nicht. Andererseits verbot ihm sein hierarchisches Verständnis, aus seiner Anzugjacke eine seiner Metallhülsen mit einer Partagas zu holen.
    Hübsch ging zu seinem Schreibtisch, zündete seine Pfeife an und nahm wieder seinen alten Platz ein. Er schmauchte in Richtung des geöffneten Fensters und sah einen Moment den Rauchwolken nach. »Kurzum, Herr Schultz. Das Ministerium hat sich, wie ich erfahren habe, für einen anderen Bewerber entschieden. Das tut mir leid für Sie. Ich habe mich allerdings anschließend bei unserem Staatssekretär für Sie starkgemacht. Und jetzt kommt der bessere Teil der Botschaft, die ich für Sie habe. Herr Staatssekretär Willeführ hat mir gesagt, dass er beabsichtigt, Ihnen die nächste frei werdende Abteilungsleiterstelle zu geben. Selbstverständlich hat er betont, dass dies keine Zusage sei, weil er das nicht dürfe. Aus meiner früheren Tätigkeit im Ministerium weiß ich, dass sich Ministerialbeamte immer so ausdrücken. Jetzt aber mal mit meinen Worten: Wenn Sie keine silbernen Löffel klauen, ist die nächste Stelle eines Oberstaatsanwalts Ihnen. Unsere Vizechefin wird Sie allerdings jetzt verstärkt zur Vertretung abwesender Abteilungsleiterkollegen einsetzen, damit wir für die nächste Bewerbung noch ein paar mehr Pluspunkte sammeln können. Das beginnt schon heute damit, dass Sie die Vertretung der Leitung unserer Verkehrsabteilung übernehmen müssen. Der Kollege Asche ist voraussichtlich für längere Zeit erkrankt.«
    Schultz nahm die Mitteilung ohne erkennbare Gemütsbewegung auf. »Ich danke Ihnen dafür, dass Sie sich so für mich eingesetzt haben, und für das große Vertrauen, das Sie mir schenken. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    Die Tür öffnete sich. Frau Bruns streckte ihren Kopf herein.
    »Da wäre der Generalstaatsanwalt für Sie auf Leitung zwei.«
    »Ja, ist in Ordnung. Das trifft sich gut. Herr Schultz, machen Sie es gut. Bis bald, bei hoffentlich noch

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