Das juengste Gericht
wirklich glauben. Er war es!«, rief der junge dunkelhäutige Mann fast mit Kopfstimme und zeigte auf Kellermann.
Natascha Breidel legte Dubho die Hand auf den Rücken und schob ihn langsam näher zu den Männern heran. Sie lächelte. Hinter ihr betrat Pechstein das Haus.
Kellermann glühte im Gesicht und sah zu Boden. Schultz sah in an. »Bevor wir uns um Ihr Alibi kümmern, will ich Ihnen Gelegenheit geben, Ihre vorhin gemachten Angaben zu ergänzen. Kennen Sie den jungen Mann?«
Die ruckartige Kopfbewegung Kellermanns signalisierte seine ganze Nervosität. »Ja!«
»Lassen Sie sich nicht schon wieder die Würmer aus der Nase ziehen. Sagen Sie, was war.«
»Es trifft zu, was er sagt. Ich habe den Jungen an der Skulptur ›Bulle und Bär‹ vor der Börse ein wenig eingeschüchtert, um sicherzustellen, dass er schweigt. Es war eine ausdrückliche Bitte von Ellen ... Krawinckel. Sie hatte mir die Notwendigkeit deutlich gemacht. Auf mich war sie verfallen, weil der junge Mann mich nicht kannte. Sonst kam für solche Aufträge eher ihr Bruder in Betracht.«
»Sie scheinen sich jetzt auf alle anderen Beteiligten als Verantwortliche festgelegt zu haben. Das werden wir genau überprüfen. Immerhin räumen Sie ein, dass Sie Dubho bedroht haben.«
»Nach der Schilderung von Frau Krawinckel musste ich davon ausgehen, dass der Junge Dreck am Stecken hat. Sie hielt es nicht für unwahrscheinlich, dass er Sunita auf dem Gewissen haben könnte.«
Schultz winkte ab. »Ich kann Sie beruhigen. Das hat er nicht. Im Gegensatz zu einigen anderen Personen hier hat er ein hiebund stichfestes Alibi.« Er lächelte. »Dubho hat Minderwertigkeitsgefühle wegen seiner Akne. Zur Tatzeit hielt er sich bei der Mutter eines Mitschülers auf, die einen Kosmetiksalon führt. Wir haben es überprüft. Kommen Sie jetzt bitte mit.«
Auf dem Weg zu Kellermanns Privaträumen flüsterte Breidel Schultz etwas ins Ohr. Er hörte konzentriert zu. Auf einmal strahlte er. »Ein hervorragendes Ergebnis. Jetzt schaue ich langsam durch. Das war es, was ich wissen wollte.«
Das Zimmer von Kellermann war ausreichend groß, um die ganze Personengruppe aufzunehmen. Schreiner löste Kellermann von den Handschellen und reichte ihm seine Brieftasche. »Wir haben sie nach Ihrer Festnahme mit Ihren übrigen persönlichen Sachen in Verwahrung genommen. Wenn Sie bitte nachschauen wollen.«
Kellermann setzte sich auf den Rand eines Sessels und forschte in seiner Brieftasche. Sein Gesicht verklärte sich zu einem Lächeln. Er hielt ein passbildgroßes Foto hoch. »Hier ist es.«
Schultz griff zu. Sein Blick verfinsterte sich. Für einen Moment ballte er die Faust. Die Übrigen schauten über seine Schultern. Er hielt das Bild weiter von sich weg, damit es alle sehen konnten.
»Das Foto entspricht Ihrer Schilderung. Das sind Frau Krawinckel und Sie. Die identischen Anhänger sind klar auszumachen. Bitte zeigen Sie uns jetzt, wo Sie Ihre Kette verwahren.«
Kellermann ging zu einem Sekretär und klappte ihn auf. Darin waren auf der rechten und linken Seite untereinander je drei kleine Schubladen eingelassen. Er öffnete eine davon und erschrak. »Sie ... sie ist nicht mehr da. Ich bin mir ganz sicher, dass sie vor meiner Festnahme noch hier war. Jeden Tag habe ich sie mir angeschaut.«
»Nur mit der Ruhe«, sagte Schultz. Vielleicht haben Sie den Schmuck versehentlich in einer der anderen Schubladen abgelegt.« Während Kellermann noch in den Schubladen nachschaute, kam Diener in den Raum, ging zu Schultz und flüsterte ihm etwas zu. Schultz nickte und bat Kellermann um Aufmerksamkeit. »Lassen Sie es gut sein, Herr Kellermann. Wie mir Herr Diener eben sagt, haben die Angestellten Ihre vormittägliche Anwesenheit am 1. November hier im Hause bestätigt. Das Übrige wird sich finden. Seien Sie so gut und holen Sie Herrn Krawinckel wieder zu uns. Wir brauchen ihn.«
Kellermann nickte und verließ das Zimmer. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er mit Krawinckel zurückkehrte. Wegmann folgte den beiden. Krawinckel sah Schultz an. »Ich bin erleichtert. Wie mir Herr Kellermann gerade mitteilte, scheint sich der Verdacht gegen ihn zu relativieren. Was kann ich noch für Sie tun?«
Schultz tauschte Blicke mit Diener und den Polizeibeamten aus. Seine Frage blieb unausgesprochen. Er registrierte dennoch ein einhelliges Nicken. »Wir würden gerne mit Ihrer Gattin sprechen. Ist sie im Haus?«
»Ja, aber sie hat sich vorhin schon zurückgezogen. Kann ich Ihnen nicht
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