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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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kann so tun, als gäbe es zunächst nichts Wichtigeres als den Wetterbericht für morgen. Wenn du mir keinen reinen Wein einschenkst, schmeckt mir das Essen nicht.«
    Traudel lachte auf und fuhr ihm mit der Hand über seinen Bürstenhaarschnitt. »Das ist es also. Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Du denkst in Wahrheit nur an dein leibliches Wohl und wählst dabei den Umweg, mich zu einer Aussage zu erpressen. Willst du mich nicht erst einmal begrüßen, wie sich das unter zivilisierten Mitteleuropäern eingebürgert hat?«
    Schultz nickte, legte ihr den Arm um den Hals und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Tut mir leid. Ich sorge mich eben. Jetzt erzähle aber endlich.«
    »Es ist alles weitgehend in Ordnung. Was essen wir Schönes?«
    »Ginge es vielleicht etwas genauer?«
    »Gedulde dich noch einen Augenblick. Ich muss nur mal ganz schnell für kleine Mädchen.«
    Schultz zuckte mit den Schultern und ging in Richtung Küche. Er trug die Salatschüssel in das vollständig im Biedermeierstil eingerichtete Esszimmer und stellte sie in die Mitte des ovalen Tischs, den er mit einem weißen Damasttischtuch und weißem Porzellan der Berliner KPM, einem Hochzeitsgeschenk von Traudels Eltern, gedeckt hatte. Von einem Beistelltisch holte er einen dreiarmigen Silberleuchter und zündete die blauen Kerzen an. Anschließend füllte er die beiden Weingläser mit einer trockenen Niederhäuser Rieslingspätlese.
    Nach wenigen Minuten kam Traudel in Jeans und dunkelblauem Sweatshirt. Sie nahm Platz, erhob das Weinglas und prostete Schultz zu, der nur einen kleinen Schluck nahm.
    Traudel stellte ihr Glas ab, legte beiden Salat vor und blinzelte Schultz mit ihren übergroßen Augen zu. »Doktor Weigand hat gesagt, es sei nur eine Kleinigkeit. So wie es aussieht, ist es eine Zyste. Mit größter Wahrscheinlichkeit gutartig. Trotzdem muss ich in den nächsten Wochen ins Krankenhaus und sie wegmachen lassen. Das ist ungefährlich. Dauert nur ein paar Tage. Dann bin ich wieder fit.«
    Schultz schaute sie an, als stehe der Weltuntergang bevor. »Das ist ja entsetzlich. Ist Dr. Weigand denn sicher, dass es nichts Bösartiges ist? Wie machen wir jetzt weiter? Willst du nicht lieber noch zu einem anderen Arzt gehen? Vielleicht ist es besser, wir erkundigen uns nach einer Kapazität auf diesem Gebiet.«
    »Das sind viele Fragen auf einmal. Doktor Weigand lässt seine Diagnose vorsorglich noch im Labor überprüfen. Er hat jedoch keinen Zweifel gelassen, dass er von etwas Harmlosen ausgeht. Eine Routinesache, von der eine Vielzahl von Frauen heimgesucht wird.«
    »Wann liegen die Laborergebnisse vor?«
    Traudel aß mit sichtlichem Appetit. »Das dauert drei bis vier Tage. Zwischenzeitlich kümmert sich Doktor Weigand um einen zeitnahen Operationstermin.«
    »Was können wir denn tun, um die Sache zu beschleunigen und rascher Gewissheit zu haben?«
    Die Miene von Traudel verfinsterte sich. »Nichts. Es wird alles Notwendige getan. Und nun sollten wir das Thema wechseln. Sonst verderben wir uns den Abend. Der Befund ist doch bestens. Die Diagnose hätte viel schlimmer ausfallen können. Es gibt keinen Grund für dich, jetzt mit der Situation zu hadern. Nimm bitte die Teller mit in die Küche, hole den Hauptgang, schenke uns etwas Wein nach und dann lass uns den restlichen Abend unbeschwert genießen.«
    Schultz schwieg. Er folgte der Bitte seiner Frau, kam wenig später aus der Küche zurück und legte das Hauptgericht auf. Traudel kostete und zog die Augenbrauen hoch. »Die Leber hast du vorzüglich hingekriegt. Ich muss dich loben, alle Achtung. Nun erzähle! Wie war dein Tag heute?«
    Für den Augenblick vergaß Schultz seine Sorgen. »Wie immer. Nichts Besonderes. Allerdings ging mir vorhin durch den Kopf, ob du meine Arbeit nicht mit ein paar Auskünften unterstützen könntest.«
    »Wenn ich das kann, tue ich es gerne.«
    »Ich arbeite an einem Verfahren, dessen Einzelheiten für meine Frage zunächst keine Rolle spielen. Wenn du möchtest, kann ich dir natürlich den Sachverhalt erzählen.«
    »Lass nur! Was willst du wissen?«
    »Deine Bank arbeitet bestimmt mit den meisten anderen Geldinstituten immer wieder einmal in irgendeiner Form zusammen. Erfährt man dabei manchmal auch etwas über die Kollegen?«
    »Die Frage ist mir zu abstrakt. Über wen möchtest du eine Auskunft?«
    »Sagt dir der Name Phillip Krawinckel etwas?«
    Traudel schaute auf, kaute zu Ende und legte das Besteck neben sich. »Wer kennt den nicht? Was genau

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