Das Juwel der Elben
entlang. Aus der Ferne waren die Rufe weiterer Riesenvögel zu hören, denen er antwortete.
Kapitel 6
Die Nacht der Schrecken
Daron und Sarwen stiegen von dem Baum. Der Harz haftete zum Glück nicht an ihrer Kleidung aus Elbenseide, sondern ließ sich einfach abstreichen, sofern die beiden Elbenkinder etwas davon abbekommen hatten.
„Wohin gehen wir jetzt?“, fragte Sarwen. „Rarax haben wir verloren. Wir wissen nicht, wohin er geflogen ist, und es hat wohl auch keinen Sinn mehr, ihn suchen zu wollen.“
„Und dass es eine gute Idee war, dem Trampelpfad der Riesenmammuts zu folgen, bezweifle ich inzwischen auch“, gab Daron zu.
Sarwen nicke. „Da sind wohl andere Geschöpfe auf den gleichen Gedanken gekommen …“
„Ja, und den meisten davon möchten wir wohl lieber nicht begegnen.“
„Wenn wir genau hinhören und besser auf die Grabgeräusche der Flügelschlangen achten, müssten wir ihnen ausweichen können“, war Sarwen zuversichtlich. „Die Frage ist nur: In welche Richtung sollen wir gehen? Wir wissen doch gar nicht, wohin wir uns wenden sollen.“
„Wir müssen natürlich zum Fluss Nor. Dahinter liegt das Waldreich. Du hast es ja gesehen, als wir es überflogen haben. Wenn wir Glück haben, treffen wir im Waldreich ein paar freundliche Zentauren, die uns mitnehmen. Und dann muss man eben weitersehen. Dies ist nun mal keine wohlorganisierte Reise, bei der unser königlicher Großvater dafür gesorgt hat, dass alles reibungslos ablaufen wird.“
„Und woher willst du wissen, wo der Fluss liegt?“
„Wenn wir Richtung Westen gehen, können wir ihn nicht verfehlen. Und die Himmelsrichtung können wir anhand der Sonne ausmachen. Lirandil hat mir das gezeigt.“
„Und wie kommen wir über den Fluss?“, hakte Sarwen nach. Daron zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber vielleicht gibt es eine seichte Stelle, oder es gelingt uns, ein Floß zu bauen. Oder wir gehen so weit flussaufwärts, bis der Nor schmaler wird und es Brücken gibt.“
„Bist du sicher, dass es in diesem Land überhaupt Brücken gibt?“, fragte Sarwen.
„Nein“, musste Daron zugeben, „das bin ich nicht.“
Sie gingen, wie Daron es bestimmt hatte, nach Westen, um den Fluss Nor zu erreichen. Nach Darons Meinung konnte er nicht weit entfernt sein. Aber da sie nicht mehr dem Trampelpfad der Riesenmammuts folgten, kamen sie nur langsam voran.
Dazu kam, dass die Sonne mitunter von dichten Wolken verdeckt wurde und es schwer war, die Richtung genau zu bestimmen. Mehrfach hörten sie das unterirdische Kratzen und Schaben der Flügelschlangen. Dann machten sie einen großen Bogen um das Gebiet, aus dem diese feinen, nur für Elbenohren vernehmbare Geräusche kamen. So gelang es ihnen, eine weitere Begegnung mit den Bestien aus der Tiefe zu vermeiden.
Auch gewöhnten sie sich einen vorsichtigeren Gang an, um nicht unnötig kleinere Vögel und anderes Getier aufzuscheuchen, denn damit machten sie nur unnötig Geschöpfe auf sich aufmerksam, die ihnen vielleicht nicht freundlich gesonnen waren oder in ihnen nichts anderes als eine willkommene Abwechslung auf ihrem Speiseplan sahen. Gegen Abend hörten Sarwens feine Elbenohren schließlich das Rauschen von Wasser. Das konnte nur der Nor sein.
"Na endlich!", dachte Daron. "Ich glaubte schon, wir hätten uns völlig verlaufen! Scheint ja doch für etwas gut gewesen zu sein, dass ich den Erzählungen von Lirandil immer aufmerksam gelauscht habe."
„Das kann ich leider von mir nicht behaupten“, sagte Sarwen laut.
„Diese Geschichten über irgendwelche Reisen in unbekannte Länder haben mich nie sehr interessiert. Ich habe ehrlich gesagt immer gedacht, dass sich dieser alte Fährtensucher nur bei unserem Großvater damit wichtig machen wollte.“
Noch bevor die Sonne versank, erreichten sie den Fluss, der so reißend war, dass man gar nicht daran denken konnte, ihn einfach so zu überqueren. Eine seichte Stelle zu finden, an dem man ihn ganz durchschreiten konnte, war ziemlich unwahrscheinlich. Dazu kam noch, dass der Nor sehr breit war.
In der Ufergegend befand sich eine Blumenwiese. Unzählige Insekten schwirrten um die Blütenkelche, und Sarwen hatte eine Weile Freude daran, diese Insekten zu beeinflussen und sie wild durcheinander tanzen zu lassen.
"Erinnerst du dich? Das haben wir schon getan, als wir ganz klein waren und unsere Eltern noch lebten!" , sandte sie einen Gedanken an Daron.
Aber Daron wollte sich in diesem Augenblick nicht an früher
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