Das Juwel der Elben
Darons empfindliche Elbensinne plötzlich eine Erschütterung, die sich aus einiger Entfernung über den Boden übertrug und auch den Baum erfasste.
"Wessen Füße mögen es sein, die derart aufstampfen?" , fragte sich Daron, doch der Gedanke war zugleich an Sarwen Gewand. Sie hatte es natürlich auch bemerkt.
„Ein Riesenmammut?“
„Nein, bei einem vierfüßigen Tier wäre der Rhythmus anders“, widersprach Daron. „Diese Kreatur hat nur zwei Beine.“
Die Erschütterungen wurden deutlicher. Auch die Flügelschlangen bemerkten sie, und in ihr Fauchen mischten sich schrille, verwundert klingende Laute. Die ersten der Reptilbestien zogen sich bereits von dem Baum zurück und gruben sich in die Erde ein. Der Bereich um dem Baum glich einem umgepflügten Acker.
Ein Schwarm kleinerer Vögel wurde aufgescheucht und flatterte wild auf.
Und auf einmal hob sich ein dunkler Schatten gegen die Sonne ab. Ein ohrenbetäubender krächzender Laut war zu hören, und den beiden Elbenkindern gelang es gerade noch, ihr Gehör rechtzeitig dagegen abzuschirmen, um nicht taub zu werden.
Ein gewaltiger, hausgroßer Vogel lief auf seinen Krallenfüßen in langsamen, wiegenden Schritten den Trampelpfad der Riesenmammuts entlang. Dabei blieb er immer wieder stehen, stieß seinen langen, gebogenen Schnabel in das Erdreich und pickte dabei – wenn er Glück hatte – die eine oder andere Flügelschlange heraus, die er dann mit einem schmatzenden Laut verschlang.
Der Riesenvogel hatte nur verkümmerte Flügel, und wahrscheinlich wäre sein Körper auch viel zu schwer gewesen, um sich in die Lüfte zu erheben.
"Er hat einen starken Geist!" , stellte Sarwen fest. "Wir werden ihn nicht so einfach beeinflussen können!"
Daron hatte das inzwischen auch schon festgestellt. "Dann können wir nur hoffen, dass er in seinem Appetit etwas wählerisch ist und sich ausschließlich auf Flügelschlangen spezialisiert hat!", sandte er an Sarwen.
Die beiden starrten dem Monstrum entgegen und verharrten regungslos auf dem Baum.
Im Moment schien der Riesenvogel von ihnen allerdings noch keine Notiz genommen zu haben. Zu verlockend war wohl das
Nahrungsangebot vor ihm auf den Boden, wo Hunderte von Flügelschlangen eilig versuchten, sich wieder in den Boden einzugraben. Aber der Vogel war schnell. Sein Schnabel war so lang wie eine Lanze. Immer wieder stach er damit tief in den Boden, und man hörte so manche Flügelschlange ein letztes Mal verzweifelt fauchen, bevor das geflügelte Ungetüm sie hinunterwürgte.
Mit staksigen, plumpen Schritten näherte er sich und pickte immer schneller hinein in die Erde. Er wusste genau, dass sich die Flügelschlangen in Kürze wieder verzogen haben würden. Tatsächlich dauerte nicht lange, und auch die letzten dieser Viecher hatten sich so tief eingegraben, dass der Vogel sie selbst mit seinem langen Schnabel nicht mehr erreichen konnte. Die anderen hatten sich davongemacht. Der Vogel ließ noch ein paar wütende Krächzlaute vernehmen, dann stampfte er mit dem rechten Krallenfuß auf dem Boden auf, dass der Baum, auf dem Sarwen und Daron saßen, erzitterte.
Der Vogel näherte sich dem Baum.
Seine Augen lagen weit auseinander. Er musste immer den Kopf schief halten, wenn er nach vorne+ sehen wollte.
"Geh weg!" , dachte Daron.
Aber der Vogel reagierte nicht.
"Es hat keinen Sinn. Setz besser keine Magie ein, wir würden ihn, glaube ich, nur ärgerlich machen!" , vermutete Sarwen. Aber Daron hatte das Gefühl, dass der Vogel bereits auch so schon verärgert genug war, denn er hätte sicherlich gern noch mehr von den Flügelschlangen gefressen.
Er erreichte den Baum, hob den Kopf, sein Schnabel öffnete sich, und es sah fast aus, als ob er gähnen müsste. Daron umfasste den Griff seines Dolchs. Notfalls war er bereit, dem Riesenvogel die Waffe entgegenzuschleudern. Doch wirklich aufhalten würde das den Vogel wahrscheinlich nicht, dazu war er zu groß.
"Geh!"
Diesmal dachten Daron und Sarwen diesen Gedanken im selben Moment. Aber der Vogel ließ nicht erkennen, dass er ihn verstanden hatte. Ein Krächzen drang tief aus seiner Kehle. Er kratzte mit dem Schnabel über den Baumstamm und schlürfte von dem glitschigen Harz. Dann drehte er sich um und wandte Daron und Sarwen seine Rückseite zu, und im nächsten Moment schabte er sein Hinterteil am Baum. Offenbar juckte ihn etwas in seinem Federkleid.
Und zum schließlich stakste er davon und lief ziemlich schnell den Trampelpfad der Riesenmammuts
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