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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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spitzen Kinn, der auf der anderen Seite des Arbeitstischs stand.
    »Euer Hoheit«, sagte der Mann zögernd. »Ich habe eine
gewisse Begabung für Metall. Wenn ich vielleicht versuchen …«
    »Ich will das selbst machen!«, fauchte der Prinz.
    »Ja... nat... ich...türlich...«
    Die behandschuhten Hände des Prinzen sanken herab. Sein wütendes Gesicht beruhigte sich langsam. Seine seidenen schwarzen Finger griffen nach einem der Metallteile, die immer noch auf dem Tisch aneinanderklirrten. Der Prinz näherte sich dem Mann mit dem spitzen Kinn, der um die Tischecke zurückwich. »Euer Hoheit, ich entschul... entschuldige...«
    »Halt!«
    Der Mann blieb stehen. Er starrte auf die wie aus Marmor gemeißelten Gesichtszüge des Prinzen und zitterte.
    »Mach den Mund auf«, sagte der Prinz mit sanfter Stimme. Er bot ihm das glitzernde Metall an. »Das ist süß.«
    »Nein!«, schrie der Mann. »Bitte! Es tut mir so leid! Es tut …«
    Die gertenschlanke Frau trat näher. »Es wäre eine Schande, Karel umkommen zu lassen. Kann ich ihn haben? Natürlich nur wenn es Euer Hoheit gefällt. Aber ich arbeite an einem Versuch, für den er vielleicht geeignet wäre.«
    »Ah, Fiala.« Der Prinz starrte sie an. »Ich bewundere dein Gespür für Erfindungen. Dann nimm ihn dir. Karel, du gehst mit Jungfer Broschek in den Denkerflügel.«
    Der Mann nickte, zitterte aber immer noch. Er sah Fiala an. »Ein Versuch? Welcher Art …«
    »Oh, sei nicht kindisch, Karel«, blaffte sie. »Wenn du natürlich die andere Möglichkeit vorziehst« - sie neigte ihren
blonden Kopf zu dem Metallteil in der Hand des Prinzen -, »dann musst du es nur sagen.«
    Karel schüttelte den Kopf und wich so weit zurück, bis er gegen eine der Wachen stieß.
    Der Prinz ließ das glitzernde Metallstück auf den Tisch fallen. »Ich kann es nicht richtig einbauen«, sagte er murmelnd zu sich selbst. »Nichts funktioniert so, wie ich das will. Ich kann die Kräfte der Uhr nicht beherrschen, wenn ich das Herz nicht zusammensetzen kann.«
    »Das werdet Ihr schon noch«, tröstete Fiala Broschek. Sie zog ebenfalls ein Paar seidene Handschuhe an, sammelte die Metallstücke auf und legte sie in einen seidenen Beutel, den sie sich über die Schulter hängte.
    Sie verließen die innere Kammer des Uhrenturms und die Wachen bildeten einen gepanzerten Wall um sie. Sie bemerkten nicht, dass eine der Wachen ein fremdes Gesicht hatte. Prinz Rodolfo und Fiala bemerkten auch nicht, nachdem sie eine Kutsche bestiegen, die Karlsbrücke überquert und die Burg erreicht hatten, dass die unbekannte Wache nicht den anderen in die Unterkünfte folgte, sondern sich davonschlich, um ihren wahren Herrn zu treffen, den englischen Gesandten.
     
     
    Der Geruch nach Orange und Gewürznelke, der von Petras Tasche aufstieg, machte sie nervös. Die Adligen trugen oft Orangen als Parfum in der Tasche, doch Petra fing an, den Geruch zu hassen. Eines Abends, als sie sich endlich in den Schlafsaal schleppte, murmelte sie Sadi kaum noch einen Gruß zu, bevor sie in Schlaf fiel.

    Zuerst schlief sie fest, doch mitten in der Nacht fing sie an, sich herumzuwälzen.
    Sie träumte von John Dee. Er war in Gewänder von der Farbe des nächtlichen Himmels gekleidet. Sterne funkelten darauf. Du darfst keine Zeit verlieren , sagte er.
    Sie drehte sich auf die Seite und versuchte, etwas anderes zu träumen.
    Es schneit. Der Schnee wird deine Flucht behindern - sofern du überhaupt Hoffnung hast zu entkommen.
    Hau ab , dachte Petra.
    Übermorgen , beharrte er, wäre die ideale Gelegenheit zuzuschlagen. Mach es, während der Prinz beim Abendessen ist. Er wird mit einigen europäischen Gesandten essen, einschließlich meiner selbst.
    Sie versuchte, sich selbst zu wecken. Als Dee weiterhin in diesen nachtfarbenen Gewändern vor ihr schwebte, runzelte sie im Schlaf die Stirn. Ihr wollt nur das vollkommene Alibi haben, oder etwa nicht?
    Natürlich. Doch genau dann in das Kabinett der Wunder einzubrechen, ist auch für dich günstig. Ich bezweifele, dass der Prinz die Augen deines Vaters während einer Sitzung tragen wird, in der er äußerst konzentriert sein wird. Er muss versuchen, uns alle zu überreden, Böhmen unsere Unterstützung zu gewähren. Und das, ohne dabei seine Pläne offenzulegen, seinen Brüdern die Stirn zu bieten, falls sein Vater einen von ihnen erwählt hat, der nächste Kaiser zu werden. Die Sitzung wird zu einer Tageszeit stattfinden, zu der es draußen bereits ausreichend dunkel ist, wenn du zu

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