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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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Ihr Alter ließ sich nicht bestimmen, sie hätte ebenso gut dreißig wie sechzig sein können. Sie trug Radlershorts, die ihren Unterleib wie eine zweite Haut umhüllten, ein dreckiges Spitzenbustier, eine Windjacke und abgetragene Turnschuhe. Eine Erscheinung wie aus einem Horrorfilm.
    »Was vergisst man?«, fragte Werner, der sich wieder gefangen hatte.
    »Den Gestank. Unten, im Erdgeschoss, ist es nicht auszuhalten. Das ertragen nur die Zombies. Angeblich tropft es noch zwei Jahre lang, bis die Pissebehälter endlich leer sind. Hier vergisst man den Gestank irgendwann. Hier regnet’s keine Pisse, und durchs Dach weht frische Luft. Das hier ist der Erste-Klasse-Bereich.«
    Sie meinte das ganz ernst. Selbst in der Hölle gibt es eine erste Klasse.
    »Wen suchen Sie?«, fragte sie.
    »Jemanden, der sich abgesetzt hat. Einen Bankier mit ziemlich viel Kohle, der nicht nach Junkie aussieht.«
    »Ach so«, sagte sie verächtlich. »Der kam gestern hier an, die ganze Zeit mault er nur rum. Er kann sich nicht an den Gestank gewöhnen. Nicht mal vögeln will der. Scheint auf was zu warten, euer Typ. Ziemlicher Spielverderber.«
    »Weißt du, wo er ist?«
    Die Frau streckte die Hand aus. Sie nahm den Geldscheinentgegen, den Werner ihr hinhielt, und steckte ihn in die Windjacke.
    »Kommt mit!«
    Im Vergleich zur unteren Ebene wirkte die obere geradezu wie ein Bienenkorb, wo sich Penner, Junkies und Dealer mischten, eine illegale Gesellschaft im Schatten der anderen. Rasch durchschritten sie einen großen Raum, bis die Frau an einer Abzweigung Nick am Ärmel zog, damit die beiden Fremden ihr in einen dunklen Gang folgten. Leicht identifizierbare Geräusche waren zu hören, ab und zu von einem Schrei unterbrochen.
    »Wir müssen da langgehen«, sagte die Frau zu Nick mit einem grauenvollen Lächeln. »Du wirst sehen, dort bekommst du richtig Lust!«
    Sie deutete in Richtung eines langgestreckten Raums vor ihnen, der in mehrere Alkoven unterteilt war. Die Türen fehlten, sie waren behelfsweise durch Vorhänge ersetzt worden, von denen einige jedoch nicht zugezogen waren. Ein paar Kerzen auf Mauernischen erhellten den Raum, und in einem Konzert aus obszönem Keuchen und Stöhnen bewegten sich die Schatten der Kunden auf und ab. Nick kam sich vor wie auf einem Bild von Hieronymus Bosch.
    »Das Liebeszimmer«, raunte die Frau.
    Sie führte Nick und Werner durch einen weiteren Gang, von dem weitere Räume abgingen. Plötzlich standen sie vor einer geschlossenen Tür – die erste, seit sie die Fabrik betreten hatten.
    »Dahinter ist es«, sagte die Frau, und auf einmal verschwand sie über eine versteckte Treppe.
    »Warte!«, rief Nick ihr nach.
    Doch die Frau war nicht mehr zu sehen. Werner öffnete die Tür, eine mehrere Meter hohe Barriere aus Stahl. Er duckte sich und blickte vorsichtig um die Ecke.
    »Was siehst du?«, flüsterte Nick.
    »Einen riesigen Gang. Zwei bewaffnete Typen in dreißigMetern Entfernung, sie sitzen an einem Tisch in der Mitte des Gangs. Sie bewachen vermutlich das Dope. Da kommt man nicht ungeschoren vorbei!«
    Nick schob seinen Kopf nun ebenfalls um die Ecke. Im selben Augenblick zeichneten sich zwei rote Punkte auf den Köpfen der Männer ab.
    »Laserpointer! Das ist die K-Truppe«, murmelte Werner.
    Ein rascher Kugelhagel, schallgedämpft, und die beiden Dealer sanken tot vornüber.
    »Sie haben ohne Vorwarnung losgeballert!«, rief Werner verblüfft und drehte sich zu Nick um.
    Schon sprangen mehrere Männer von einer anderen Treppe herab. Sie waren in schwarze Overalls mit Kapuzen gehüllt, jeder hielt im rechten Winkel eine Waffe. Plötzlich drehte sich einer von ihnen zur Seite und sah Nick und Werner. Hastig richtete Werner sich auf und hielt die Hände in die Höhe.
    Ein Schuss zerriss die Luft, die Kugel traf Werner in den Brustkorb. Er brach zusammen.
    »Werner!«, brüllte Nick.
    Wie in einem Alptraum sah er die Waffe ihn ins Visier nehmen, der schwarze Lauf war auf seinen Kopf gerichtet, der Zeigefinger des Mannes krümmte sich auf dem Abzug. Doch dann senkte sich der Lauf auf einmal. Der K-Mann gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er ihn erkannt hatte und sprach leise ein paar Worte in sein Mikrofon. Nick stürzte zu Werner hin. Sein Kollege lag mit starrem Blick da. Das Blut rann aus einer schrecklichen Wunde auf der Brust. Völlig verzweifelt griff Nick nach seiner Hand.
    »Werner, bitte! Komm zu dir! Komm wieder zu dir!«
    Das Kommando trat näher.
    »Seid ihr völlig

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