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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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vorstehende Augen. Seine hellen Haare färbten sich schon weiß, er trug einen kurzen Bart. Er war einer der tadschikischen Gewährsleute der neuen Regierung und wurde oft als Symbol der wiedergefundenen Einheit des Landes zitiert. Osama klärte ihn rasch über den Fall auf, der ihn gerade beschäftigte, und reichte ihm dann seinen Bericht, außerdem den des Nachrichtendienstes. Der Minister drückte auf die Gegensprechanlage.
    »Ich möchte in den nächsten fünfundvierzig Minuten unter keinen Umständen gestört werden!«
    Er setzte eine kleine Brille mit runden Gläsern auf und vertiefte sich in die Lektüre der beiden Dokumente. Beim Lesen machte er sich Notizen in seiner kleinen, gedrängten Schrift. Osama bemerkte, dass er von links nach rechts schrieb, und nicht auf Arabisch. Er hatte zwanzig Jahre im Exil verbracht und die Gewohnheit seiner langjährigen Aufenthalte in London und den Vereinigten Staaten beibehalten, in lateinischer Schrift zu schreiben. Als er zu Ende gelesen hatte, setzte er die Brille ab und rieb sich die Augen. Der Blick, den er auf Osama ruhen ließ, war ernst und gefasst.
    »Zunächst möchte ich Sie zu dieser außergewöhnlichen Ermittlungsarbeit beglückwünschen, Sie haben Großes geleistet.«
    Osama räusperte sich, er fühlte sich unwohl. Instinktiv misstraute er dieser Art von Komplimenten.
    »Was, glauben Sie, werden die weiteren Schritte sein?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es da weitere Schritte geben wird.«
    »Können Sie das etwas genauer erläutern?«
    »Wir werden natürlich versuchen, Dortmund zu verhaften. Aber Sie werden sicher auch der Meinung sein, dass er das Land mittlerweile bereits verlassen hat. Wenn wir nun einen internationalen Haftbefehl erlassen und die deutschen Behörden offiziell um Hilfe bitten wollen, müsste ich mich an Präsident Karzai wenden. Und der wird sich weigern, davon bin ich überzeugt.«
    »Weshalb?«
    »Weil Sie an ein heikles Thema rühren,
Qoumaandaan
. Mein Kollege aus dem Innenministerium ist nervös, die Leute im Umfeld von Präsident Karzai sind nervös. Diese Geschichte lässt viele nervös werden. Zu viele.«
    »Verstehe«, sagte Osama.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob Sie mich tatsächlich verstehen,
Qoumaandaan
. Niemand hat augenblicklich ein Interesse daran, dass zu viele Regierungsmitglieder nervös werden. Weder die internationale Gemeinschaft, noch die NATO oder die UNO. Und das afghanische Volk wohl auch nicht.«
    »Wenn man dieser Argumentation folgte, sollte man dieses Ministerium hier am besten gleich schließen«, erwiderte Osama schneidend. »Aufgabe der Justiz ist es, Verbrecher ›nervös‹ werden zu lassen, wie Sie es nennen. Das ist sogar ihre Existenzgrundlage. Meine Rolle ist es, diese Ermittlungen zu Ende zu bringen, egal, welche Leute dabei nervös werden.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass Sie Ihre Recherchen einstellen sollen«, sagte der Minister versöhnlich.
    Osama überlegte.
    »Stellen wir uns vor, ich setze meine Arbeit fort. Darf ich dasso verstehen, dass ich keine offizielle Unterstützung bei meinen Ermittlungen zu ausländischen Staatsangehörigen bekäme?«
    »Keine offizielle Unterstützung, womöglich aber eine halbamtliche.«
    »Wird denn die Staatsanwaltschaft zustimmen, den Fall neu aufzurollen?«
    »Im Augenblick wohl nicht. Aber wenn Sie zusätzliche Informationen beibringen würden, warum nicht?«
    »Was für zusätzliche Informationen?«
    »Was Wali Wadi tat. Solange Sie nicht herausgefunden haben, worin er verstrickt war und mit wem er arbeitete, bleibt Ihr Gedankengerüst fragil, den faszinierenden Indizien, die Sie bereits entdeckt haben, zum Trotz. Das
ganze
System muss sichtbar gemacht werden.«
    Der Minister erhob sich und schüttelte Osama die Hand.
    »Setzen Sie Ihre Untersuchung fort. Ich garantiere Ihnen Schutz, ich habe Vertrauensmänner. Aber es wird kein internationales Mandat und auch keine Intervention bei der deutschen Botschaft geben. Vergessen wir Dortmund und alles, was der internationalen Schutztruppe einstweilen Verdruss bereiten könnte. Ah, Sie brauchen natürlich Geld, um diese Recherchen zu Ende zu bringen, Sie werden Leute bestechen, vielleicht auf Reisen gehen müssen.« Er hielt ihm einen Umschlag hin. »Hier drin sind fünftausend Dollar. Dieses Geld stammt aus geheimen Rücklagen, die mir die Schutztruppe zukommen lässt. Verwenden Sie es sorgsam!«
    Osama steckte den Umschlag ein. Der Minister trat ganz nahe an ihn heran.
    »Ich habe volles Vertrauen zu

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