Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
Vom Netzwerk:
neuerlichen systematischen Durchsuchung. Er begann im Keller, wo er sich beim ersten Mal nicht lange aufgehalten hatte. Der Zugang war durch eine gepanzerte Tür mit doppeltem Riegel und ein ausgeklügeltes Alarmsystem gesichert, das glücklicherweise ausgeschaltet war. Hinter der Panzertür befand sich ein großes Gewölbe, an die hundert Quadratmeter. Eine Klimaanlage sorgte für zwölf Grad Raumtemperatur. Ihn fröstelte. An den Wänden standen Weinregale, in denen die Flaschen seltsamerweise parallel und nicht rechtwinklig zur Wand lagerten, was erlaubte, ihre Etiketten zu lesen. Es war ein riesiger Weinkeller mit bestimmt zweitausend Flaschen erlesenster Tropfen: Mouton-Rothschild, Latour, Petrus.
    Er ging auf ein beinahe leeres Regal zu, das ihm bei seinemersten Besuch nicht aufgefallen war. Hier lag kein Staub, als hätte erst vor kurzem jemand das Regal saubergewischt. Er nahm eine von den drei einsamen Flaschen in die Hand, die dort lagerten. Château Talbot 1952. Der Flüssigkeitsstand in der Flasche war sehr niedrig, vermutlich konnte man den Wein nicht mehr trinken. Er nahm die zweite Flasche heraus. Château Palmer 1943. Auch hier war der Flüssigkeitsstand weit unterhalb des Flaschenhalses. Die dritte Flasche war ein Château Margaux, ebenfalls nicht mehr genießbar, mutmaßte Nick. Er legte sie zurück. Dann ging er nach oben, um die Quittungen zu suchen.
    Léonard hatte während der letzten fünf Jahre ein Vermögen für französische Weine ausgegeben. Zweitausend Flaschen für einen Durchschnittspreis von fünfhundert Schweizer Franken, insgesamt also über eine Million Schweizer Franken. Hinzu kamen die hundert Flaschen Cheval Blanc von 1947, die dreihundert Petrus von 1982 und die zweihundert Romanée-Conti, die er für eine ähnliche Summe ersteigert hatte. Diese Flaschen allerdings befanden sich nicht im Weinkeller, da war Nick sicher. Wo mochten sie sein? In dem ausführlichen Bericht der Firma stand, dass der Gesuchte niemals ausging, niemanden zum Abendessen bei sich zu Hause einlud. Er hatte wohl kaum sechshundert Flaschen allein ausgetrunken. Kurz dachte Nick an einen Diebstahl. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
    Es war so unglaublich, dass er lachen musste. Kein Wunder, dass seine Kollegen das übersehen hatten!
    »Léonard, du bist ein Genie!«, murmelte er.
    Er ging auf das Bild zu und nahm es ab.
    ***
    Der Sohn von Officer Kukur erwartete Osama und Rangin in der Garage des Zentralkommissariats vor einem staubbedeckten Toyota-Geländewagen. Er hieß Abdullah, hatte eine Adlernase und einen ansehnlichen Bauchumfang. Seine strubbeligenHaare und sein dichter rötlicher Bart verliehen ihm ein jugendliches Aussehen.
    »Meine Mutter hat mir von Ihrer Suche erzählt«, begann er. »Ich bin mir der Gefahr bewusst und werde Ihnen helfen, so gut ich kann.«
    »Danke. Kennst du die Gegend, in die wir fahren?«
    »Oberflächlich. Ich hatte mal mit dem Gedanken gespielt, auch dort meine Fladen zu verkaufen, aber die Dorfbewohner haben nur selten Bargeld, und ich hatte keine Lust, mich auf Tauschgeschäfte einzulassen. Ich bin seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr da gewesen. Außerdem, je näher man an Quetta herankommt, desto dichter dringt man in eine Stammeszone vor. Weder die Armee noch die Polizei begibt sich jemals in diesen Winkel, nur die Taliban und Schmuggler wagen das.«
    »Was glaubst du, wie sie uns empfangen werden?«
    »Keine Ahnung«, gestand Abdullah. »Das hängt von den Dorfältesten ab. Einige sind sehr freundlich, andere können ziemlich aggressiv sein …«
    »Wir werden so vorsichtig wie möglich sein. Lass uns jetzt losfahren«, bestimmte Osama. »Wir wollen hier nicht Wurzeln schlagen.«
    Der Wagen war so alt, dass er nicht einmal eine Klimaanlage hatte, die Sitze und das Armaturenbrett waren stark abgenutzt, aber der Motor lief rund. Binnen kurzem lag Kandahar hinter ihnen, sie fuhren an Takteh Pol vorbei und bogen schließlich auf eine Staubstraße ab. Die Berge, hier viel niedriger als im Norden des Landes, liefen im Südosten in sanften Hängen aus und mündeten in eine Halbwüste an der Grenze zum Iran. Schon bald sah sich Abdullah jedoch gezwungen, langsamer zu fahren, weil die Straße so holprig war. Nichts wuchs auf diesen einsamen Ebenen, die sich kilometerlang hinzogen. Alles war hellbraun – es war der einzige Farbton der Gegend. Hier und dort taten sich die Ruinen der von den Russen oder der ISAF zerstörten Dörfer auf. Zwischen den Schlaglöchern und

Weitere Kostenlose Bücher