Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
Dollars.«
»Zeig mir die Scheine.«
Widerwillig zog der Händler das Bündel hervor. Der Mullah musterte es eingehend.
»Diese Scheine sind nagelneu«, sagte er, »und die Nummern folgen aufeinander.«
»Was bedeutet das?«
»Dass sie direkt aus der Bank kommen, die sie drucken lässt. Das sind Scheine, die von den amerikanischen Behörden stammen.«
»Glauben Sie, es handelt sich um einen Spion, Mullah?«
»Natürlich ist das ein Spion, was denn sonst? Und nun erzähle mir noch mal genau, auf welcher Straße sie dein Junge hat verschwinden sehen.«
Der Händler breitete seine Karte aus. Der Mullah machte sich ein paar Notizen auf einem Blatt voller Fettflecken, er schrieb langsam und umständlich. Er war beinahe ein Analphabet, was die Mehrzahl seiner Gläubigen jedoch nicht wusste. Als er fertig war, schob er dem Händler die Karte hin, die Geldscheine hingegen steckte er in die eigene Tasche.
»Du hast gut daran getan, zu mir zu kommen,
Allahu Akbar
. Ich behalte das Geld, denn Gott würde es nicht dulden, dass du dich bereicherst, indem du Waffen an einen Feind des wahren Islam verkaufst. Da bist du doch einer Meinung mit mir, oder?«
»Natürlich«, murmelte der Händler und verwünschte seinen Leichtsinn.
»Wir werden niemals vergessen, was du heute getan hast, Bruder. Ich werde augenblicklich unsere Brüder in den Bergen in Kenntnis setzen. Wir werden diese Männer fangen und sie befragen.«
***
Die Galerie hieß Joseph Stipowitz & P. Golan, eine der schönsten Galerien für alte Gemälde in Zürich, wie Nick nach einer kurzen Recherche bei Google herausgefunden hatte. Eine bezaubernde junge Frau mit haselnussbraunen Augen und kastanienfarbenem Haar nahm Nick in Empfang und führte ihn quer durch die Galerie bis zu einem mit Intarsien verzierten Schreibtisch, wo sie ihn Platz nehmen ließ.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie.
Sie trug ein schlichtes Kostüm, eine weiße Bluse, eine Perlenkette und Perlenohrringe. Nick zog seine gefälschte Karte heraus, die ihn als Mitarbeiter des Schweizer Justizdepartments auswies.
»Ich würde gern Ihre Meinung zu diesem Bild hier hören.«
Vorsichtig schlug er die Tücher zur Seite, in die er das Bild aus Léonards Haus eingehüllt hatte.
»Ein Manet! Zeigen Sie mal«, rief sie überrascht.
»Es handelt sich um ein wichtiges Werk. Wäre es nicht besser, es Monsieur Joseph Stipowitz zu zeigen? Oder Monsieur Golan?«
»Es gibt keinen Monsieur Golan, es gibt nur Mademoiselle Patricia Golan, nämlich mich«, erwiderte die junge Frau kühl. »Ich habe einen Doktortitel in Kunstgeschichte mit Auszeichnung von der Universität Zürich, außerdem habe ich Kurse zur Weiterbildung an der Sorbonne und der London School of Art absolviert. Reicht Ihnen das?«
»Entschuldigen Sie«, sagte Nick. »Es tut mir leid.«
Die Expertin betrachtete das Bild eingehend und ließ es nach weniger als zwei Minuten enttäuscht wieder sinken.
»Das ist eine Fälschung.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Nick der Form halber.
Er hatte sich also nicht getäuscht. Léonard hatte sich mit dem Wein und seinen Lieblingsbildern aus dem Staub gemacht und eine schlechte Kopie hinterlassen. Alles war demnach von langer Hand vorbereitet. Die Firma suchte nach einem Mann, der sich gehetzt und in die Enge getrieben fühlte, dabei hatte sie es doch mit einem durchtriebenen Kerl zu tun, der genau wusste, wie er vorging.
»Um ehrlich zu sein, ist es eine ziemlich gute Imitation, dennoch zeugt sie weder von der Präzision noch besitzt sie die Patina eines echten Manet. Die Pigmente, selbst wenn es naturechte sind, haben nichts mit denen gemein, die die französischen Maler damals benutzten, sie glänzen ein wenig zu stark. Der Rahmen ist modern, er wurde mit einer Säure künstlich auf alt getrimmt. Das Holz ist ein wenig zu leicht, es ist nicht die massive Eiche, die man in Frankreich verwendete. Die Signatur ist dicht am Original … Ich muss zugeben, eine überzeugende Arbeit.«
»Verstehe«, sagte Nick. »Wie viel würde eine derartige Fälschung kosten?«
»Zwanzig- bis dreißigtausend Franken, vielleicht mehr. Der Fälscher hat Talent!«
»Ist das Original noch immer so viel wert wie um das Jahr 2000 herum?«
»Durchaus, die Preise für Unikate sind seit der Krise kaum gefallen. Immer mehr Käufer kommen aus Asien.«
»Wenn jemand das Original besäße, brauchte er dann eine Erlaubnis, um es zu exportieren?«
»Nein. Sein Besitzer kann ganz nach Wunsch darüber verfügen,
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