Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott
Briefkastenfirma, gehörte aber in Wirklichkeit der Firma. Nun rollte sie über den Asphalt und blieb dann ein wenig abseits stehen. Der Flughafen war ruhig um diese Zeit, nur Drohnen und Aufklärungsflugzeuge waren unterwegs. Eine Hercules C-130 CANON knatterte startbereit. Die Gangway des Jets wurde heruntergeklappt, und die Männer begannen auszusteigen, Joseph an der Spitze. Neben vierzehn Killern zweier K-Truppen, jeder mit zwei großen Taschen für die Waffen beladen, gehörten auch zwei Programmierer und Informatikspezialisten zur Mannschaft. Die Männer verteilten sich auf fünf Geländewagen, die augenblicklich losfuhren. Ein Agent der Firma hatte ein
Safe House
für sie gemietet. Die Männer bezogen rasch ihre Unterkunft, doch sie hatten während des Flugs geschlafen und waren bereit, falls nötig, auf der Stelle einzugreifen. Alles war vorbereitet: Sie fanden gut fünfzehn Rechner mit gesicherter Internetverbindung vor, verschlüsselte Mobiltelefone, Ausrüstung fürs Gebirge. Joseph gab diverse Anweisungen. Ein Team sollte sich in die Datenbanken der Hotels und Guest Houses in Kabul einloggen, damit manfeststellen konnte, wer zurzeit dort wohnte. Ein anderer Mann sollte eine Leitung zum NDS aufbauen und sich alle Kontakte durchgeben lassen, die Kandar nach seiner Rückkehr vermutlich aktivieren würde. Er sah auf seine Armbanduhr. Sofern Nick sich in dieser Stadt versteckte, würde er ihn aufspüren. Ungeduldig wartete er darauf, dass es hell wurde.
Abdul Dost verfügte weder über eine gesicherte Internetverbindung noch über Computer, aber er verstand sich auf die Arbeit nach herkömmlicher Manier, und zwar rasch und gut. Als Erstes suchte er das Hotel Intercontinental in Kabul auf, das beste Hotel der Stadt. Es lag auf einem Hügel, von wo aus die Gäste einen unverbaubaren Blick genießen konnten. Allerdings hatte diese Abgeschiedenheit auch eine Kehrseite: Das Hotel war eine bevorzugte Zielscheibe, so dass drei Radpanzerfahrzeuge die Straße dorthin bewachten, unterstützt von Soldaten mit schweren Waffen. Mehrere Männer an der Rezeption hatten seinerzeit als Informanten für Abdul gearbeitet, einer von ihnen erkannte ihn gleich und begrüßte ihn überschwänglich. Abdul Dost hatte, obschon Polizist im Ruhestand, noch immer genügend Einfluss, um jeden Kabuler, der in den Drogenhandel verstrickt war – und das war die Hälfte der Hotelangestellten –, ins Gefängnis zu bringen. Die Liste der Gäste zu bekommen war somit ein Leichtes. Allerdings befand sich kein Lionel Milton darunter, und die einzigen Personen, die bei der Eingabe ›Mandrake‹ auftauchten, waren Geschäftsleute oder Journalisten. Der ehemalige Polizist schlug den Weg zum Golden Star ein, das jedermann in Kabul kannte, weil es das einzige Hochhaus der Stadt war. Auch dort geriet er direkt an einen ehemaligen Kontaktmann, der inzwischen zum stellvertretenden Geschäftsführer des Hotels aufgestiegen war. Hier dauerte die Überprüfung etwas länger, denn es gab drei Paare und zwei angeblich alleinreisende Männer, deren Beschreibung zu der von Osama passte. Doch nach einer Durchsuchungder Zimmer stellte sich heraus, dass die Gesuchten auch hier nicht zu finden waren. Davon nicht entmutigt, begab sich Abdul Dost anschließend ins Safi Landmark, ein elegantes, wenn auch weniger renommiertes Hotel als die beiden vorherigen. Bei einem Selbstmordattentat vor einigen Wochen war ein Teil der Fassade zerstört worden. Auch dort hatte er Pech. Daraufhin fragte er vier Stunden lang in den weniger guten Hotels und in den Guest Houses nach, jedoch ohne Ergebnis. Gegen Mittag sah er auf die Armbanduhr. Er hatte alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Plötzlich fiel ihm ein, dass er das Serena am Rande des Zarnegar Parks vergessen hatte. Früher unter dem Namen Kabul Hotel bekannt, war es in den Besitz des Aga Khan übergegangen. Einige Suiten, so hieß es, übertrafen an Luxus alle anderen Hotels in Kabul, manche hatten sogar eine Privatsauna. Mehrere Monate zuvor war es von einem Kommando überfallen worden. Beinahe wäre der amerikanische Botschafter dabei ums Leben gekommen. War das Hotel wiedereröffnet worden? Abdul Dost hatte letzthin einige Zeit bei seiner Familie auf dem Land verbracht, dort waren Zeitungen Mangelware. Vielleicht war ihm diese Information entgangen. Er stieg wieder in seinen alten Toyota, der nur noch durch Eisendraht zusammengehalten wurde, und fuhr die Muhammad Jan Khan Watt auf der anderen Seite des Kabulflusses
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