Das Kadett
unbrauchbar gemacht wurden, würde es Wochen dauern, bis das Schiff vermisst wurde. Die Barrayaranische Botschaft wusste ja nur, dass es auf einer Mission war und einen Sprung machen sollte. Niemand in der Kolonie Beta konnte feststellen, ob es auf der anderen Seite herauskam oder nicht. Was für eine absolut sichere Art, Beweise zu vernichten!« Miles stellte sich das Entsetzen und die Angst der Menschen an Bord vor, als sie bemerkten, dass der Sprung missglückte – wie sich ihre Körper langsam auflösten und wie Wasserfarben im Regen zerflossen … – Er zwang sich, wieder abstrakt zu denken.
»Ich kapiere das nicht. Wo meinst du denn, dass Dimir ist?«, fragte Ivan.
»Tot. Gründlich und endgültig tot. Und du solltest auch tot sein, hast aber das Schiff verpasst.« Miles musste laut lachen. »Ich nehme an, als sie sich so viel Mühe machten, das Pergament zu vernichten, fanden sie, dass sie dich gleich miterledigen könnten. Der Plan zeugt von gewisser Sparsamkeit – er könnte durchaus von jemand stammen, der im Beschaffungsamt tätig ist.«
»Nun mal langsam«, fuhr Ivan ihn an. »Was stand denn deiner Meinung in dem Pergament – und wer, zum Teufel, sind ›sie‹? Du leidest offenbar schon ebenso an Verfolgungswahn wie der alte Bothari.«
»Das schwarze Band. Es musste sich um ein Kapitalverbrechen handeln. Ein Kaiserlicher Befehl, mich zu verhaften, aufgrund einer Anklage wegen eines Kapitalverbrechens durch den Rat der Grafen. Die Anklage? Du hast sie eben selbst genannt: Vergehen gegen Vorloupulous’ Gesetz. Verrat, Ivan! Und nun frage dich mal: Wer würde von meiner Verurteilung wegen Verrats profitieren?«
»Keiner«, antwortete Ivan prompt.
»Na schön.« Miles verdrehte die Augen. »Versuchen wir es mal so: Wer würde unter meiner Verurteilung wegen Verrats leiden?«
»Na, das würde deinen Vater natürlich zerstören. Ich meine, sein Büro führt direkt auf den Großen Platz hinaus. Von dort aus kann er dich an jedem Arbeitstag sehen, wie du unten langsam verhungerst.« Ivan lächelte verlegen. »Das würde ihn bestimmt in den Wahnsinn treiben, oder?«
Miles lief ruhelos hin und her. »Nimm ihm den Erben – durch Verurteilung zum Tode oder Verbannung, zerstöre seinen Kampfgeist, wirf ihn und seine Zentrumskoalition aus dem Sattel – oder – zwing ihn, dass die falschen Anklagen doch noch wahr werden, indem er versucht, mich zu befreien. Dann kannst du ihn auch gleich wegen Verrat beseitigen. Was für ein dämonischer Schachzug!« Miles’ Intellekt bewunderte die Perfektion dieses Plans, auch wenn ihm die Wut und Grausamkeit den Atem verschlug.
Ivan schüttelte den Kopf. »Wie könnte eine Sache so weit vorangetrieben werden, ohne von deinem Vater entdeckt und zerstört zu werden? Er ist zwar für seine Unparteilichkeit bekannt, aber auch für ihn gibt es Grenzen.«
»Du hast das Pergament gesehen. Wenn man Gregor mit Misstrauen vergiftet hat …« Miles sprach langsam weiter. »Ein Gerichtsverfahren kann sowohl freisprechen als auch verurteilen. Wenn ich freiwillig zurückkäme, fiele es mir sehr viel leichter zu beweisen, dass ich niemals Verrat im Sinn hatte. Das funktioniert auch in die andere Richtung: Erscheine ich nicht, sieht das sehr nach meiner Schuld aus. Ich kann aber kaum vor Gericht erscheinen, wenn ich nicht informiert bin, dass die Verhandlung überhaupt stattfindet, oder?«
»Der Rat der Grafen ist doch ein Haufen mürrischer alter Fossilien«, widersprach Ivan. »Deine Ränkeschmiede gingen ein ziemlich großes Risiko ein, die Mehrheit auf ihre Seite zu ziehen. Bei einer so wichtigen Angelegenheit will keiner für die Seite des Verlierers stimmen. Wie die Sache auch ausgeht – am Ende fließt Blut.«
»Vielleicht wurden sie gezwungen. Vielleicht sind mein Vater und Illyan doch gegen Hessman vorgegangen, und er hielt einen eiskalten Angriff für die beste Verteidigung.«
»Und was springt für Vordrozda dabei raus? Warum wirft er Hessman nicht einfach den Wölfen vor?«
»Ja, ja«, meinte Miles. »Da bin ich nicht sicher, ob ich auf der richtigen Fährte bin – aber bedenke diese Reihenfolge: Graf Vordrozda, Lord Vortaine, du, ich, mein Vater – wessen Erbe ist mein Vater?«
»Deines Großvaters. Aber er ist tot, wenn du dich recht erinnerst. Miles, du kannst mich nicht davon überzeugen, dass Graf Vordrozda fünf Menschen umbringt, nur um die Dendarii-Provinz zu erben! Er ist doch Graf von Lorimel und ein reicher Mann! Dendarii würde seinen Geldbeutel
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