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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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zu landen. Aber schließlich haben wir schon früher öfters wie Idioten ausgesehen. Das wird niemand von den Sitzen, reißen.«
    Er blickte auf das Chronometer, blieb mit gesenktem Kopf einen Moment lang sitzen und atmete tief durch.
    »Ist dir schlecht?«, fragte Ivan beunruhigt. »Du siehst nicht besonders gut aus.«
    Miles schüttelte den Kopf. Eine Lüge. Er bat Baz Jesek innerlich um Verzeihung, weil er ihn oft so hart verurteilt hatte. Er war keineswegs tapferer als Baz – er war nur noch nie in einer Situation gewesen, wo er vor Angst wie gelähmt war. Er wünschte, er wäre wieder bei den Dendarii Söldnern und könnte so einfache Dinge erledigen wie Löwenzahnbomben zu entschärfen. »Gebe Gott, dass alles gut ausgeht«, betete er leise.
    Ivan sah ihn ganz verstört an. »Seit zwei Wochen bedrängst du mich mit diesem Überraschungstrick – gut, du hast mich überzeugt, aber jetzt ist es zu spät, um deine Meinung zu ändern!«
    »Ich habe meine Meinung nicht geändert.« Miles zog die Silberkreise von Stirn und Schläfen und starrte die große, graue Schlossmauer an.
    »Die Wachen werden uns bemerken, wenn wir hier sitzenbleiben«, meinte Ivan. »Ganz zu schweigen von der Hölle, die auf dem Gleiterflughafen inzwischen losgebrochen sein dürfte.«
    »Stimmt«, sagte Miles. Er hing jetzt an einer langen, langen Gedankenkette und schwang im Wind des Zweifels hin und her. Es wurde Zeit, festen Boden unter die Füße zu bekommen.
    »Nach dir«, sagte Ivan höflich.
    »Danke.« Miles öffnete die Klappen und kletterte aufs Pflaster.
    Sie gingen zu den vier schwer bewaffneten Posten in Kaiserlichen Farben, die am Tor Wache standen. Der eine drückte sofort mit dem Finger in ein Teufelshorn in der Mauer. Er hatte das biedere Gesicht eines Bauern. Miles seufzte insgeheim. Willkommen daheim! Er entschloss sich, zum Gruß nur leicht mit dem Kopf zu nicken.
    »Guten Morgen, Krieger. Ich bin Lord Vorkosigan. Man hat mich davon unterrichtet, dass der Kaiser mich herbefohlen hat.«
    »Witzbold«, sagte ein Posten und griff nach dem Gummiknüppel. Aber sein Nebenmann packte ihn am Arm und starrte Miles verblüfft an.
    »Nein, Dub – er ist es!«
    In der Säulenhalle vor dem großen Ratssaal wurden sie nochmals auf Waffen durchsucht. Stimmen drangen aus dem Saal an Miles’ Ohr. Er erkannte die des Grafen Vordrozda am Näseln. Es klang nach einer offiziellen Debatte.
    »Wie lange geht das schon?«, fragte Miles leise einen Posten.
    »Eine Woche. Heute soll der letzte Tag sein. Sie sind gerade bei der Zusammenfassung. Sie kommen gerade noch rechtzeitig, Mylord.« Er nickte Miles aufmunternd zu.
    »Bist du sicher, dass du nicht lieber eine Therapie in der Kolonie Beta machen willst?«, flüsterte Ivan.
    Miles grinste verbissen. »Jetzt ist es zu spät. Wäre es nicht komisch, wenn wir gerade zur Urteilsverkündung reinplatzten?«
    »Absolut hysterisch komisch. Du würdest sterben vor Lachen«, antwortete Ivan wütend.
    Ivan wollte zur Tür, aber Miles hielt ihn zurück. »Pssst! Warte und hör zu!«
    Auch diese Stimme konnten sie identifizieren: Admiral Hessman.
    »Was macht er hier?«, flüsterte Ivan. »Ich dachte, diese Versammlung ist einzig und allein den Grafen vorbehalten.«
    »Als Zeuge, wie du! Pssst!«
    »… Wenn unser erlauchter Premierminister von diesem Komplott nichts wusste, soll er doch diesen ›vermissten‹ Neffen hier vorführen.«
    Vordrozdas Stimme triefte vor Zynismus. »Er sagt, er könne dies nicht. Und warum nicht? Ich behaupte, dass Lord Vorpatril mit einer geheimen Botschaft fortgeschickt wurde. Und wie lautete diese Botschaft? Nun, zweifellos so ähnlich wie: ›Alles entdeckt! Flieh und rette dein Leben!‹ Ich frage sie alle: Ist es wahrscheinlich, dass ein Komplott solchen Ausmaßes so weit von einem Sohn vorangetrieben werden konnte, ohne dass sein Vater etwas davon wusste? Wohin sind diese zweihundertfünfundsiebzigtausend Mark geflossen, über die er sich so hartnäckig ausschweigt – wenn nicht in die geheime Finanzierung dieser Operation? Diese wiederholten Bitten um Aufschub sind nichts als eine Vernebelungstaktik. Wenn Lord Vorkosigan unschuldig ist – warum ist er dann nicht hier?«
    Vordrozda legte eine dramatische Pause ein. Ivan zupfte Miles am Ärmel. »Los! Ein besseres Stichwort bekommst du nie mehr!«
    »Du hast recht. Gehen wir!«
    Durch die hohen bunten Glasfenster in der Ostwand malte das Licht farbige Flecken auf den schweren Eichenboden des Saals. Vordrozda stand im

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