Das Kadett
deutlich sprach – bei Gott, das war ein hervorragender Trick! »Achtung, Sergeant, ich benötige einen Zeugen. Pilot Mayhew wird sogleich den Eid ablegen.«
Die Kiefer des Sergeants schlossen sich wie ein Visier, und er stand stramm.
»Leg deine Hände zwischen meine, Arde – ja, so – und sprich mir nach: ›Ich, Arde Mayhew‹ – ist das dein vollständiger Name? – gut – ›beschwöre, dass ich ein freier Mann bin, durch keinerlei Eid gebunden, und jetzt in die Dienste Lord Miles Naismith Vorkosigans als einfacher Krieger eintreten will‹ – los, sag das!«
Mayhew gehorchte, wobei er aber ständig nach rechts und links blickte. »›Und ich werde ihm, als meinem Lehnsherrn, bis zu meinem Tod dienen oder bis er mich entlässt.‹«
Nachdem Mayhew auch das nachgesprochen hatte, sagte Miles schnell, da die anderen auch näherkamen: »›Ich, Miles Naismith Vorkosigan, Vasall Secundus des Kaisers Gregor Vorbarra, nehme deinen Eid an und verpflichte mich ebenfalls durch Eid, dich als Lehnsherr zu schützen. Darauf gebe ich dir mein Wort als Vorkosigan.‹ Fertig, du kannst aufstehen, Arde.«
Das Gute an der Sache ist, dass es den Sergeant völlig davon abgelenkt hat, was er sagen wollte, dachte Miles. Jetzt erst fand Bothari die Stimme wieder. »Mylord«, zischte er, »du kannst doch keinen Betaner durch Eid an dich binden!«
»Ich hab’s aber gerade getan!«, erwiderte Miles fröhlich. Er war ungewöhnlich zufrieden mit sich. Der Blick des Sergeants fiel auf Mayhews Flasche. Er schaute Miles scharf an.
»Warum schläfst du nicht?«, fuhr er ihn an.
Ein betanischer Patrouillenmann deutete auf Miles. »Ist das der Mann?«
Die Sicherheitsbeamtin, die Miles schon kannte, kam näher. Mayhew blieb knien und sah aus, als wolle er unter feindlichem Feuer auf dem Boden wegrobben, »Pilot Mayhew!«, rief sie. »Sie stehen unter Arrest! Dies sind Ihre Rechte: Sie haben das Recht zu …«
Der Zivilist mit dem blauen Auge unterbrach sie und zeigte auf Elena. »Vergessen Sie den Kerl! Dieses Weib hat mich tätlich angegriffen! Dafür gibt es ein Dutzend Zeugen. Verdammt, ich will, dass sie vor Gericht kommt. Sie ist bösartig.«
Elena hielt wieder die Hände über die Ohren. Ihre Unterlippe bebte. Miles verstand langsam, was sich abgespielt hatte.
»Hast du ihn geschlagen?« Elena nickte. »Aber er hat scheußliche Dinge zu mir gesagt …«
»Mylord, es war wirklich falsch, sie an diesem Ort allein zu lassen«, sagte Bothari tadelnd.
Die Sicherheitsbeamtin begann aufs neue: »Pilot Mayhew, Sie haben das Recht zu …«
»Ich glaube, sie hat einen Kreis in meinem Auge zerbrochen«, klagte der verletzte Zivilist. »Ich werde sie verklagen und …«
Miles warf Elena ein beruhigendes Lächeln zu. »Keine Angst, ich bring das schon in Ordnung.«
»Sie haben das Recht zu …«, brüllte die Sicherheitsbeamtin.
»Verzeihen Sie, Officer Brownell«, unterbrach Miles sie höflich. »Pilot Mayhew ist jetzt mein Lehnsmann, Anklage gegen ihn muss jetzt gegen mich, seinen Lehnsherrn, vorgebracht werden. Es ist dann meine Pflicht, zu entscheiden, ob sie begründet ist und dementsprechend die gebührende Bestrafung vorzunehmen. Dieser Mann hat keinerlei Rechte außer dem einen: Im Einzelkampf kann er die Herausforderung aufgrund ganz bestimmter Kategorien von Verleumdungen oder Beleidigungen annehmen. Doch würde es zu weit führen, diese Kategorien jetzt zu erläutern.« Außerdem überflüssig, da Duelle durch ein kaiserliches Edikt verboten waren – aber davon hatten diese Betaner keine Ahnung. »Sofern Sie also nicht zufällig zwei Schwerter bei sich haben und bereit sind – sagen wir – Pilot Mayhews Mutter zu beleidigen, müssen Sie sich … hm … zurückhalten.«
Dieser Rat kam zum richtigen Zeitpunkt denn die Sicherheitsbeamtin sah aus, als würde sie jeden Augenblick explodieren. Mayhew nickte und lächelte zaghaft. Bothari trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und musterte die Anwesenden samt Waffen. Ruhig, dachte Miles, wir müssen die Sache ruhig angehen.
»Steh auf, Arde!«
Es kostete allerhand Überredungskünste, doch schließlich erkundigte sich die Sicherheitsbeamtin wegen Miles bizarrer Verteidigung des Piloten Mayhew bei ihren Vorgesetzten. Wie Miles gehofft und erwartet hatte, ging jetzt das Verfahren in einen Morast von unbewiesenen, interplanetarischen, juristischen Hypothesen über, der die Barrayaranische Botschaft und das Innenministerium Betas mit ungeheurem Personalaufwand
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