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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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über Miles’ Worte nachzudenken.
    Miles lief vor seinem Publikum auf und ab und strahlte dabei so viel Energie wie ein Frettchen im Käfig aus. »Normalerweise nehmen wir keine Rekruten aus einem so unerfahrenen Haufen. Nach der gestrigen Vorstellung hätte ich keinerlei Bedenken, euch alle so schnell wie möglich rauszuschmeißen – allein schon, um den militärischen Ton auf diesem Schiff zu verbessern.« Er machte ein so finsteres Gesicht, dass alle nervös und unsicher wurden. Hat da einer mit dem Fuß gescharrt? Weiter!
    »Aber ein besserer Soldat, als je einer von euch sein wird, hat ein gutes Wort eingelegt …« Er schaute Elena an. Sie war eingeweiht und reckte daher selbstbewusst das Kinn in die Höhe, um allen den Ursprung dieser ungewöhnlichen Milde kundzutun.
    Dabei hätte sie Auson am liebsten persönlich aus der nächsten Luftschleuse gestoßen, wie Miles wusste. Aber er hatte ihr die Rolle von ›Commander Elena Bothari, mein Verwaltungsoffizier und unbewaffnete Nahkampfausbilderin‹ zugeteilt, denn dadurch hatte er den perfekten ›guten‹ Offizier als Gegenstück zu ihm, als ›bösen‹.
    »Daher habe ich dem Experiment zugestimmt. Um es in für Sie verständlichen Worten auszudrücken: Ihr früherer Captain Auson hat Ihre Verträge mir übergeben.«
    Empörtes Murmeln erhob sich in der Menge. Einige standen sogar auf. Ein gefährlicher Präzedenzfall. Zum Glück waren sie sich nicht einig, ob sie zuerst Miles oder Auson an die Kehle gehen sollten. Doch da brachte Bothari seine Nervenschere mit vernehmlichem Klatschen in Anschlag. Seine hellen Augen blitzten, er zeigte die Zähne wie ein gefährliches Raubtier.
    Die Söldner verpassten ihre Chance. Die Unruhe erstarb. Die, welche aufgesprungen waren, setzten sich wieder und legten die Hände brav auf die Knie.
    Verdammt, dachte Miles, ich wünschte, ich könnte so bedrohlich aussehen … Der Trick war, dass es leider kein Trick war. Botharis Grausamkeit war absolut echt.
    »Laut Dendarii Dienstvorschrift fangen Sie alle mit demselben Rang an – dem niedrigsten: Rekrut. Das ist keine Beleidigung. Jeder Dendarii hat so angefangen, auch ich. Befördert werden Sie je nach bewiesener Fähigkeit – mir bewiesen. Aufgrund Ihrer früheren Erfahrung und der augenblicklichen Notlage werden Ihre Beförderungen sehr viel schneller erfolgen als sonst üblich. Im Klartext heißt das: Jeder von Ihnen könnte schon innerhalb von Wochen Brevet-Kapitän dieses Schiffes sein.«
    Wieder Gemurmel, aber diesmal nicht bedrohlich. Miles musste sich ein Grinsen verkneifen. Er hatte es geschafft, die unteren Dienstränge von ihren früheren Vorgesetzten zu trennen. Ehrgeiz zeigte sich auf vielen Gesichtern, sogar bei den Offizieren. Auson und Thorne musterten sich gegenseitig abschätzend.
    »Ihr neues Training wird sofort beginnen. Wer keiner Ausbildungsgruppe zugeteilt ist, nimmt vorübergehend seine alte Tätigkeit wieder auf. Irgendwelche Fragen?« Er hielt den Atem an. Sein tollkühner Plan stand jetzt auf der Kippe. In der nächsten Minute würde er es wissen …
    »Was ist Ihr Rang?«, fragte ein Söldner.
    Miles beschloss, flexibel zu bleiben. »Sie können mich mit Mr. Naismith anreden.« Lass sie doch ihre eigenen Theorien spinnen.
    »Und woher wissen wir, wem wir gehorchen müssen?«, fragte der Söldner hartnäckig weiter.
    Miles lächelte eisig. »Nun, wenn Sie meinen Befehlen nicht gehorchen, erschieße ich Sie auf der Stelle. Reicht Ihnen das?« Er trommelte leicht auf das Holster seiner Nervenschere. Botharis Aura schien doch etwas abgefärbt zu haben; denn der Zwischenrufer schwieg.
    Eine Söldnerin hob wie ein Schulkind den Finger.
    »Ja, Rekrutin Quinn?«
    »Wann bekommen wir eine Kopie der Dendarii Dienstvorschrift?«
    Miles blieb fast das Herz stehen. Daran hatte er nicht gedacht. Dabei war die Frage so vernünftig. Ein Kommandant, wie Miles ihn zu spielen versuchte, kannte die Dienstvorschrift auswendig oder hatte sie unterm Kopfkissen. Er lächelte tapfer und erklärte: »Morgen. Ich lasse an alle Kopien austeilen.« Kopien wovon? Mir wird schon etwas einfallen …
    Kurzes Schweigen. Dann meldete sich jemand von hinten. »Was für Versicherungen haben die Dendarii? Bekommen wir bezahlten Urlaub?«
    Ein anderer: »Werden unsere Rentenzahlungen von den alten Verträgen übernommen? Wie steht es mit der Pensionierung?«
    Und wieder ein anderer: »Wie hoch ist der Sold? Werden Überstunden vergütet?« Miles wäre am liebsten vor diesem Ansturm

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