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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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praktischer Fragen geflohen. Er war auf Trotz, Misstrauen und Aufruhr vorbereitet gewesen … Plötzlich hatte er die verrückte Vision, wie Vorthalia der Kühne von seinem Kaiser mit gezücktem Schwert eine Lebensversicherungspolice verlangte.
    Er verdrängte die aufsteigende Panik und fuhr tapfer fort: »Ich werde eine Broschüre verteilen«, versprach er. Derartige Informationen kamen doch immer als Broschüre, oder? »Was die sonstigen zusätzlichen Sozialleistungen betrifft …« Er bemühte sich, möglichst unerbittlich dreinzuschauen. »Ich gestatte Ihnen weiterzuleben. Weitere Privilegien müssen verdient werden.«
    Er musterte die Gesichter. Verwirrung, ja das war es, was er wollte! Angst, Zwist und vor allem Ablenkung. Perfekt. Die Köpfe sollen von diesem Kokolores schwirren, dass sie ihre Hauptaufgabe vergessen: Ihr eigenes Schiff zurückzuerobern. Nur eine Woche muss ich sie auf Trab halten, nur eine einzige Woche! Danach würden sie Daums Problem sein. Aber es war noch etwas anderes in ihren Gesichtern. Er konnte es nicht eindeutig bestimmen. Ach was soll’s! Als nächstes musste er mit Anstand von der Bühne und die Leute in Bewegung bringen. Und dann auch eine Minute allein mit Bothari sprechen …
    »Commander Elena Bothari hat eine Liste mit Ihren Aufgaben. Holen Sie sich diese beim Hinausgehen. Achtung!« Alle standen auf. »Wegtreten!« Ja, ehe sie mit weiteren bizarren Fragen kamen und ihm die Phantasie ausging.
    Beim Hinausgehen belauschte er einige Gesprächsfetzen.
    »… verrückter mordlustiger Zwerg …«
    »Ja, aber mit so einem Kommandanten sehe ich eine Chance, die nächste Schlacht zu überleben …«
    Miles erkannte plötzlich, dass in ihren Gesichtern der gleiche entnervende Hunger zu sehen war, wie bei Mayhew und Jesek. Ihm lief es kalt über den Rücken.
    Er winkte Sergeant Bothari beiseite. »Hast du noch die alte Ausgabe der Dienstvorschrift für die Barrayaranischen Kaiserlichen Streitkräfte, die du immer mitgeschleppt hast?« Das war Botharis Bibel. Miles hatte sich oft gefragt, ob der Sergeant je ein anderes Buch gelesen hatte.
    »Ja, Mylord.« Bothari blickte ihn verständnislos an.
    Miles atmete erleichtert auf. »Gut. Ich brauche es.«
    »Wozu?«
    »Dienstvorschrift für die Dendarii Flotte.«
    »Du kannst doch nicht …«
    »Ich lasse sie durch den Computer laufen und streiche alle kulturellen Bezugnahmen und Namen. Das dürfte nicht zu lange dauern.«
    »Mylord – das ist die alte Dienstvorschrift!« Die ruhige Bassstimme bebte fast. »Wenn diese faulen Säcke einen Blick auf die alten Disziplinarmaßnahmen werfen …«
    Miles grinste. »Ja, die mit Blei gefüllten Gummischläuche – dann fallen sie auf der Stelle in Ohnmacht. Keine Angst. Ich bringe alles auf den neuesten Stand.«
    »Dein Vater und der Generalstab haben das vor fünfzehn Jahren getan. Sie brauchten dazu zwei Jahre.«
    »Ja, so arbeiten eben Komitees.«
    Bothari schüttelte den Kopf, sagte aber Miles, wo er die Diskette finden konnte.
    Elena gesellte sich zu den beiden. Sie wirkte nervös. Aber eindrucksvoll, dachte Miles, wie eine Vollblutstute. »Ich habe sie nach deiner Liste in Gruppen eingeteilt«, meldete sie. »Und was jetzt?«
    »Geh mit deiner Gruppe in den Sportraum und lasse sie allgemeines Konditionstraining machen. Dann bring ihnen bei, was dein Vater dir beigebracht hat.«
    »Ich habe noch nie unterrichtet …«
    Miles lächelte sie an, um ihr Selbstvertrauen einzuflößen. »Hör zu! Zwei Tage kannst du damit totschlagen, dass du sie zeigen lässt, was sie können. Du stehst dabei nur da und sagst ab und zu ›Hm‹ und ›Ach du meine Güte‹ und so. Wichtig ist nicht, dass du ihnen etwas beibringst, sondern einzig und allein, dass sie beschäftigt sind. Mach sie müde. Lass ihnen keine Zeit, nachzudenken oder zu planen oder sich zu vereinigen. Es ist doch nur für eine Woche. Wenn ich es kann, kannst du es auch.«
    »Das habe ich doch schon mal irgendwo gehört«, murmelte sie.
    »Und du, Bothari, machst mit deiner Gruppe Waffenexerzieren. Wenn du mit den Barrayaranischen Übungen durch bist, findest du in den Computern die oserischen. Da suchst du dir ein paar aus. Schleife sie! Baz lässt seine Gruppe bis zur Erschöpfung im Maschinenraum schuften: Ein Frühjahrsputz, wie sie ihn noch nie erlebt haben. Und wenn ich diese Dienstvorschrift fertig habe, können wir sie darüber ausquetschen. Ihr müsst die Leute müde machen!«
    »Mylord, sie sind zwanzig, und wir sind vier«, sagte

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