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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Überall lag Kleidung herum, leere Schachteln von Nahrungsmitteln, Datendisketten und halbleere Flaschen. Alles war durch die Schwankungen in der künstlichen Schwerkraft beim Angriff gut durchgerührt worden.
    Als er die Disketten näher betrachtete, boten sie nur seichte Unterhaltung. Keine Geheimdokumente, keine spannenden Spionageberichte.
    Miles hätte schwören können, dass sich die bunten, flauschigen Dinger, die auf den Wänden im Badezimmer wuchsen, immer dann bewegten, wenn er nicht hinsah. Vielleicht war es aber nur seine Erschöpfung. Als er duschte, vermied er es, sie zu berühren.
    Danach stellte er das UV-Licht auf Maximum und schloss die Tür. Er musste sich am Riemen reißen. Schließlich hatte er den Sergeant nachts wegen irgendwelcher ›Dinger‹ im Schrank nicht mehr zu Hilfe gerufen, seit er vier Jahre alt war. Hundemüde kroch er in die saubere Unterwäsche, die er mitgebracht hatte.
    Das Bett war eine Blase mit Null-G. Infrarotlicht machte es so warm wie einen Mutterschoß. Miles hatte gehört, dass Null-G-Sex einer der Höhepunkte von Raumreisen sein sollte. Er hatte nie Gelegenheit gehabt, dies persönlich auszuprobieren.
    Nachdem er zehn Minuten lang versucht hatte, sich in der Blase zu entspannen, wusste er, dass er es nie ausprobieren würde. Allerdings führten die verschiedenen Gerüche und Flecken in der Kammer zu dem Schluss, dass es mindestens drei Personen hier vor kurzem versucht hatten. Er kroch schnell hinaus und setzte sich auf den Boden, bis sein Magen sich nicht mehr nach außen stülpen wollte. Auf dieses Beutestück legte er keinen Wert.
    Durch die Plexi Scheiben hatte er den gewellten offenen Rumpf der RG 132 direkt im Blickfeld. Ab und zu löste die Spannung eine misshandelte Metallschuppe, dass sie abplatzte und sich an anderer Stelle wie eine Kopfschuppe aufs Schiff legte. Miles sah eine Zeitlang zu. Dann beschloss er nachzusehen, ob Sergeant Bothari noch eine Flasche Scotch hatte.
    Der Korridor vor der Prachtsuite endete auf einer Beobachtungsplattform. Eine Muschel aus Kristall und Chrom unter der Wölbung scharf gezeichneter, strahlender Sterne. Dort oben mussten Millionen von Sternen sein. Die Veredlungsanlage war von hier aus nicht zu sehen. Miles fühlte sich angezogen und ging weiter.
    Da riss ihn Elenas Schrei mit einem Adrenalinstoß aus dem Schlafwandeln. Der Schrei war von der Plattform gekommen. Miles sprintete los.
    Er flitzte die Laufplanke empor. Die schummrige Aussichtsplattform war mit königsblauem Samt ausgelegt, der im Sternenlicht schimmerte. Mit Flüssigkeit gefüllte Sofas und seltsam geschwungene Liegen luden den Besucher ein. Baz Jesek lag auf dem Rücken auf einer Liege, Sergeant Bothari auf ihm drauf.
    Die Knie des Sergeants gruben sich in Bauch und Leisten des Ingenieurs, während die großen Hände um Baz’ Hals lagen. Jeseks Gesicht war dunkelrot, er keuchte. Elena lief mit offener Tunika um die beiden Männer herum und rang verzweifelt die Hände, weil sie nicht wagte, Bothari anzugreifen. »Nein, Vater, nein!«, schrie sie.
    Hatte Bothari den Ingenieur dabei erwischt, dass er sie angefasst hatte? Glühend heiß stieg eifersüchtige Wut in Miles auf, doch dann gewann die kalte Vernunft wieder die Oberhand. Von allen Frauen, die er kannte, konnte Elena sich wirklich allein verteidigen! Dafür hatte schon der Verfolgungswahn des Sergeants gesorgt. Wieder packte ihn Eifersucht. Er könnte Bothari Baz töten lassen …
    Da sah Elena ihn. »Miles – Mylord! Halte ihn doch auf!«
    Miles ging näher. »Geh von ihm runter, Sergeant!«, befahl er.
    Botharis Gesicht war gelb vor Wut. Er schaute Miles kurz an, dann wieder sein Opfer. Die Hände gaben nicht nach.
    Miles kniete nieder und legte die Hand sanft auf die Muskelstränge an Botharis Arm. Er hatte das ungute Gefühl, jetzt die gefährlichste Tat seines Lebens zu begehen. Er flüsterte: »Muss ich meinen Befehl wiederholen, Krieger?«
    Bothari ignorierte ihn.
    Miles schloss die Hand um das Handgelenk des Sergeants.
    »Dir fehlt die Kraft, meinen Griff zu lösen«, zischte Bothari ihn an.
    »Ich habe die Kraft, meine Finger beim Versuch zu brechen«, erklärte Miles und zog so gut er konnte. Die Fingernägel wurden weiß. Im nächsten Moment würden seine brüchigen Gelenke knacken …
    Der Sergeant hatte die Augen geschlossen. Zischend stieß er den Atem durch die Zähne. Dann sprang er fluchend auf und schüttelte Miles ab. Er drehte sich um und blickte mit wogender Brust hinaus ins

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