Das Känguru-Manifest
großem Medienecho.«
»Nee«, sage ich und schüttle den Kopf.
»Ja, davon habe ich gehört«, sagt das Känguru. »Meines Erachtens habe sogar ich euch beiden davon erzählt. Aber das ist typisch. Du erzählst mir meine Geschichte, als wäre es deine, und du kannst dich an nichts erinnern!«
»Jedenfalls hat das dänische Parlament dann eine Studie in Auftrag gegeben«, sagt Friedrich-Wilhelm, »und die hat nachgezählt: In Dänemark gibt es zurzeit drei Frauen, die eine Burka tragen und von diesem Verbot betroffen wären.«
»Ernsthaft?«, frage ich. »Ist das wahr?«
»Was hast du nur immer mit wahr und falsch?«, fragt das Känguru und dreht sich in seiner Roboterweise vom Kühlschrank zu mir. Es hat Schnapspralinen gesucht und gefunden.
»Na, falls ich auf der Bühne davon erzähle«, sage ich.
»Das ist doch irrelevant!«, sagt das Känguru. »Als Künstler darf man ruhig lügen, um die Wahrheit zu sagen. Und die Wahrheit ist, dass dieser ganze Burkaquatsch – wie so vieles andere – nur eine Verschleierungstaktik ist, um uns von den wirklich relevanten Problemen abzulenken! Was kichert ihr denn so blöd?«
»Eine Burka ist eine Verschleierungstaktik«, sage ich und klatsche mit Friedrich-Wilhelm ab. »Aber ernsthaft. Drei? Stimmt die Zahl?«
»Was weiß ich?«, sagt das Känguru. »Ich hab sie jedenfalls in einer Zeitung gelesen.«
Es kramt die Süddeutsche Zeitung vom 17.09.2010 14 aus seinem Beutel. Der Artikel wurde als »WITZIG« abgestempelt.
»Wenn du ganz sichergehen willst, kannst du aber auch nach Dänemark fahren und nachzählen. Aber bis du mit deiner Volkszählung durch bist, wurde vielleicht eine schon von einem wertkonservativen Dänen erschlagen und zwei neue sind dafür eingewandert, dann wären’s vier! Huh! Wie bedrohlich. Vier.«
»Tja, ja«, sage ich. »Die Menschheit wird aussterben, unfruchtbar geworden wegen irgendeines Weichmachers in Plastikflaschen, aber Hauptsache, wir haben dabei die ganze Zeit Angst vor Terroranschlägen gehabt.«
»Im Übrigen«, sagt das Känguru. »Nicht dass wir uns falsch verstehen … Ich halte den Islam natürlich für genauso großen Unsinn wie alle anderen Religionen auch.«
»Psst!«, sage ich. »Spinnst du? So was darfst du doch nicht sagen. Die sind überall!«
Ich deute auf Friedrich-Wilhelm.
»Wir klammern uns an dich und sprengen dich in die Luft!«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Und das ist noch der günstigste Fall«, sage ich. »Im ungünstigsten Fall berichtet CNN über dich, und dann werden wieder ganz viele Flaggen verbrannt. Hinter allem stecken meines Erachtens sowieso die Chinesen.«
»Wie bitte?«, fragt das Känguru.
»Na, weil die doch die ganzen Flaggen produzieren, die alldieweil verbrannt werden. Deshalb schüren die überall auf der Welt die Krisen. Schlicht um die Nachfrage hochzuhalten. Man muss ja immer nur fragen: ›Cui bono?‹ ›Wer profitiert?‹«
»Dass du lügen darfst, heißt nicht unbedingt, dass du totalen Quatsch erzählen sollst«, sagt das Känguru.
»Apropos China …«, sagt Friedrich-Wilhelm. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du leichte Ähnlichkeit mit Jack Nicholson in Chinatown hast? Ziemlich fetzig.«
»Das ist ja unglaublich originell«, sage ich.
»Da bist du tatsächlich der Erste, der sich diesen lustigen, lustigen Scherz ausgedacht hat«, sagt das Känguru. »Darf ich der Erste sein, der dir zu so viel geistreichem Witz und Cleverness gratuliert?«
»Danke, danke«, sagt Friedrich-Wilhelm. »Weißt du, ich bin Cineast. Habe ich euch schon mal erzählt, wie ich mal Daniel Brühl in der Fußgängerzone …«
»Das war auch ich!«, ruft das Känguru. »Mir ist Daniel Brühl in der Fußgängerzone begegnet! Das ist meine Geschichte! Und du, du warst dabei!«
Das Känguru deutet auf mich. »Sag, dass das uns passiert ist!«
»Ich kann mich nicht daran erinnern«, sage ich.
»Narg!«, ruft das Känguru.
»Ach, Daniel Brühl«, sagt Friedrich-Wilhelm. »Den hat doch jeder schon mal gesehen.«
»Ja«, sage ich. »Wenn der an Weihnachten nach Hause kommt, denkt seine Mutter bestimmt: ›O nein! Nicht Daniel Brühl. Der ist ja so omnipräsent.‹«
»Wenn die Känguru-Chroniken mal verfilmt werden, würde garantiert Daniel Brühl das Känguru spielen«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Und dich würde Moritz Bleibtreu spielen«, sage ich. »Dann müsste man nicht wirklich einen Türken casten.«
Friedrich-Wilhelm nimmt sich eine Praline aus der Packung.
»Ey, das darfst du nicht«,
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