Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
Vom Netzwerk:
sagt das Känguru und kramt die Verpackung aus seinem Beutel.
    »Tatsache«, sage ich. »Darf ich der Erste sein, der dich zu diesem hervorragenden Produkt beglückwünscht?«
    »Danke, danke.«
    »Ich denke mir übrigens gerade einen Plot für einen Hollywood-Blockbuster aus«, sage ich.
    »Ist ja ein Ding«, sagt das Känguru und durchstöbert das schiefe Regal.
    »Du musst fragen, um was es geht«, sage ich.
    »Um was geht es?«, fragt das Känguru.
    »Ich habe zwei Szenarios angedacht und kann mich nicht entscheiden«, sage ich. »Nummer eins: Eine Gruppe von Kreuzfahrern kommt mit ihrem venezianischen Schiff auf der Fahrt ins Gelobte Land durch einen Jahrhundertsturm vom Kurs ab. Sie kentern, retten sich aber schwimmend – in ihren Rüstungen – an den Strand einer einsamen Insel. Ab da kämpfen sie gegen zwei Todfeinde. Den Rost – und die auf dieser Insel lebenden Dinosaurier.«
    »Dinosaurier?«
    »Ja! Ich habe meinen kleinen Neffen beim Spielen beobachtet, und dabei bin ich auf diese Wahnsinnsfilmidee gestoßen: Ritter gegen Dinosaurier!«
    »Soll der Film auch so heißen?«, fragt mich das Känguru.
    »Nein. Heißen wird der Film natürlich: Knights vs. Dinosaurs !«, sage ich.
    »Knights vs. Dinosaurs?«, fragt das Känguru.
    »Knights vs. Dinosaurs 3D!«, sage ich.
    »So ein Quatsch.«
    »Von wegen! Ein Freund von ’ner Freundin von ’ner Bekannten von dem Typ, den wir letztens in dem WLAN-Café gesehen haben, ist auf Facebook mit Roland Emmerich befreundet. Der hat schon Interesse bekundet.«
    »Soso.«
    »Das zweite Szenario fängt auf einer Burg an, die plötzlich von Dinosauriern angegriffen wird.«
    »Wieso?«, fragt das Känguru.
    »Was wieso?«, frage ich. »So war das damals. Da ist so was ständig passiert. Im Mittelalter.«
    »Also ich finde beide Ideen eher mittel, Alter«, sagt das Känguru. »Aber apropos Mittelalter …«
    Das Känguru nimmt die Bibel, die die Missionarin bei ihrer Flucht zurückgelassen hat, aus dem Regal und zieht sie aus der Stoppersocke. »Hast du gewusst, dass es eine Zeitlang drei Päpste gab? Die Kardinäle wurden von pöbelnden Römern gezwungen, irgendeinen italienischen Kasper 22 zum Papst zu wählen. Über einhundert 23 meist französische Kardinäle reisten bald darauf beleidigt zurück Richtung Paris 24 und wählten einen anderen Kasper 25 zum Papst. Der erste Papst fand das uncool und sah überhaupt nicht ein, dass er jetzt nicht mehr der Oberkasper sein sollte, und darum gab’s dann ein paar Jahrhunderte lang 26 zwei Päpste. Der Versuch, dieses Schisma durch das Konzil von Buxtehude 27 zu lösen, scheiterte grandios, denn die Wahl eines neuen Papstes wurde natürlich prompt von den anderen beiden Oberkaspern nicht anerkannt. Somit gab’s plötzlich drei Päpste.«
    »Warum erzählst du mir das?«
    »Nun, diese Geschichte brachte mich auf die Idee, dass auch ich mich zum Papst ausrufen lassen könnte.«
    »Du willst dich zum Gegenpapst ausrufen lassen?«
    »Nein, nein, nein, du Dummerchen«, sagt das Känguru. »Du hast wohl das Konzept nicht ganz verstanden. Ich lasse mich zum Papst ausrufen. Der andere ist der Gegenpapst!«
    »Papst Comandante der Erste«, sage ich.
    »›Ora et non labora‹ soll mein Wahlspruch sein«, sagt das Känguru. »Aber erst mal werde ich einiges umkrempeln,
mein Freund!«
    »Machst du mich zum Kardinal?«, frage ich.
    »Diesbezüglich möchte ich dich auf die gute alte katholische Tradition der Simonie verweisen«, sagt das Känguru.
    »Ich soll mir das Amt kaufen?«
    »Korrekt.«
    »Darf ich Ihre Heiligkeit darauf hinweisen, dass ich schon seit geraumer Zeit die komplette Miete für das Patrimonium Petri alleine bezahle.«
    »Das dürfen Sie, das dürfen Sie«, sagt das Känguru. »Ein interessanter Punkt, Herr Kardinal.«
    »Ihre Heiligkeit sind zu freundlich«, sage ich. »Und Ihre Profi-Kuscheldecke steht Ihnen ausgezeichnet.«
    »Danke. Ich spiele mit dem Gedanken, sie zur neuen Uniform der Schweizergarde zu machen«, sagt das Känguru.
    »Eine geradezu göttliche Eingebung.«
    »Nun denn«, sagt das Känguru. »Was wollen wir in unserer ersten Enzyklopädie 28 verkünden?«
    »Ich glaube, man könnte den Missbrauchsfällen entgegenwirken, wenn Sie das Zölibat 29 wieder abschaffen würden, Ihre Heiligkeit«, sage ich.
    »Das Zölibat wurde eingeführt, damit die Priester und Bischöfe aufhören, Kirchenbesitz an ihre Kinder zu vererben«, sagt das Känguru. »Jetzt, wo alles mir gehört, möchte ich das auch nur

Weitere Kostenlose Bücher