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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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in Berührung zu kommen, der mit großer Wahrscheinlichkeit Träger des Lyssavirus war, einer Gattung morphologisch ähnlicher Einzelstrang-RNS-Viren, die weltweit in Wirtstieren nachgewiesen werden können.
     
    Denise Gardner (

Grundstücksmaklerin): Ich sehe sie noch vor mir, wie Margot aus dem Haus stiefelt. Draußen warten ihre Freundinnen in schwarzen Spitzenröcken und Netzstrümpfen, als ob jeden Abend Halloween wäre.
    Das kleine Vieh hing an ihrem Pullover wie ein pelziges Accessoire. Wie eine Brosche. Die abscheulichen Klauen ins Gewebe ihres schwarzen Pullovers gekrallt. An manchen Abenden steckte sie sich auch die Haare hoch und ließ die Fledermaus oben nisten oder wie einen Ohrring an der Seite herunterbaumeln. Ihre Gruftifreunde waren alle ganz scharf darauf ... Ledriges Ungeziefer - ich meine die Fledermäuse, nicht Margots Freunde. Fledermäuse waren die perfekten Gruseltierchen für einen Teenie-Vampir. Alle ihre Freunde hatten welche. Unsere Schuld, aber damals wussten wir es eben nicht besser. Die Tierhandlungen hätten sie ja wohl kaum neben Welpen und Kätzchen verkauft, wenn sie gefährlich gewesen wären. Sagt jedenfalls Sean, mein Mann.
     
    Sean Gardner (

Bauunternehmer): Unsere Tochter hieß Margot, aber ihre kleinen Vampirfreunde nannten sie »Monster«. Die Fledermaus nannte sie »Kleines Monster« und dann später nur noch »Monty«.
     
    Dr. Phoebe Truffeau: Zur größten Epidemie in der Neuzeit, von der Casey-Epidemie einmal abgesehen, kam es aufgrund einer Lücke in den Importvorschriften. Nach den Außenhandels-Quarantänebestimmungen (42 CFR 71.54) ist es in den Vereinigten Staaten nicht erlaubt, Fledermäuse als Haustiere zu verkaufen. Importierte Fledermäuse dürfen nur von Zoos und Forschungseinrichtungen bezogen werden. Doch 1994 kam es durch einen Verfahrensfehler dazu, dass eine Lieferung von mehreren tausend ägyptischen Flughunden (Rousettus aegyptiacus) zum freien Verkauf ins Land gelangten.
     
    Sean Gardner: Wir kauften Margot die Fledermaus als Weihnachtsgeschenk. Ich korrigiere: Sie kaufte die Fledermaus. Ihre Mutter und ich gaben ihr das Geld. Sie kostete dreihundert Dollar. Das Tier kam aus Ägypten oder einer ähnlichen gottverlassenen Gegend. Das Fressen kostete ebenfalls ein Vermögen. Spezialnahrung. Lächerlich. Ihre Mutter wollte nicht mal in die Nähe von diesem Vieh. Monty stank entsetzlich.
     
    Dr. Phoebe Truffeau: Nur zwanzig Prozent der jährlich infizierten Personen geben an, von einem Tier gebissen oder gekratzt worden zu sein. Ein typischer Fall vom März 1995: Im Zimmer eines vierjährigen Mädchens im Bundesstaat Washington wird eine Fledermaus entdeckt. Da das Kind nach eigener Aussage nicht mit dem Tier in Berührung gekommen ist, wird keine prophylaktische Behandlung eingeleitet. Später stellt sich heraus, dass beide infiziert sind, sowohl das Kind als auch die Fledermaus.
    Unter Murmeltieren breitet sich die Krankheit aus, wenn ein Tier sich in einer Höhle einnistet, die zuvor von einem kranken Tier bewohnt wurde.
    Weil das Virus hauptsächlich durch Speichel übertragen wird, kann bereits einfaches Husten oder Niesen zur Ansteckung führen. Etwa in einem Aufzug oder im Flugzeug. Theoretisch kann man sich Tollwut also wie eine Erkältung zuziehen. Nur dass sich bei einer Erkältung unmittelbar Symptome zeigen.
     
    Denise Gardner: Die Lehrer klagten, Margot sei zappelig. Sie wirke unruhig. Zerstreut. Manchmal auch ängstlich. Sie war unser Sorgenkind. Ihre Gruftifreunde waren genauso, immer nur unhöflich, immer schlecht gelaunt. Einfach furchtbar. Wir hatten ja keine Ahnung. Als Margot schließlich in Weltbürgerkunde nur noch eine Vier nach Hause brachte, wurde ihr vom Hausarzt Ritalin verschrieben.
     
    Dr. Phoebe Truffeau: Wer sich mit dem Virus infiziert hat, spürt an der Biss- oder Kratzstelle zunächst ein Prickeln. Erfolgt die Infektion über die Schleimhäute, wird die betroffene Stelle reizempfindlich. Bei einer Übertragung durch oralen oder genitalen Kontakt, wie es in Zusammenhang mit dem Rant-Serotypus der Fall gewesen zu sein scheint, wird das charakteristische Prickeln im Genitalbereich dem Vernehmen nach als nicht ganz und gar unangenehm empfunden. Diese wohltuende Begleiterscheinung könnte als Erklärung für die geradezu explosionsartige Übertragungsrate innerhalb der Population in Betracht gezogen werden.
     
    Sean Gardner: Als Symptome sind zu nennen: verschlossenes, asoziales Verhalten, wechselnde Phasen von

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