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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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schloss sich jeden Winter den Rudeln an, und schließlich war er ganz weg. Wenn nachts die Rudel durch die Gegend zogen, sprang er aufs Sofa, starrte aus dem Fenster und stellte die Ohren auf. Wenn sie auf Jagd gingen. Die Hunde waren fast so etwas wie Fabelwesen. Größer als die Wirklichkeit. Die einzigen Ungeheuer, die wir hier in der Gegend haben. Und doch mehr als bloße Fabelwesen. Was für eine Vorstellung, dass womöglich dein eigener Hund eines Tages durchdreht und dich selber jagt. Dein eigener Hund verfolgt dich auf dem Heimweg von der Schule. Läuft die ganze Zeit im Gebüsch neben dir her. Belauert dich. Dein eigener Hund wirft dich nieder und reißt dich in Stücke. Da kannst du noch so lange »Fifi!« und »aus!« und »sitz!« rufen, der Hund, den du sein Leben lang erzogen und mit einer Zeitung verdroschen hast, dieser Hund beißt sich an deiner Luftröhre fest und reißt dir die Kehle raus. Und dann stimmt er, wenn du in den letzten Zügen liegst, sein Triumphgeheul an und trinkt das Blut, das heiß aus deinem liebenden Herzen schießt.
     
    Sheriff Bacon Carlyle (

Feind aus Kindertagen): Erwarten Sie nicht von mir, dass ich Mitleid mit ihm habe. Rant Casey hat schon in der Grundschule um einen möglichst gräßlichen Tod gebettelt. Schlangen oder Tollwut. Die Caseys nannten ihren Hund »Fass«. Ein Mischling, halb Beagle, halb Rottweiler, halb Bullterrier, halb Promenadenmischung. Und Chester Casey gab ihm den Namen Fass.
     
    Edna Perry (

Nachbarin aus der Kindheit): Falls es Sie interessiert: Die drei Caseys hatten verschiedene Namen füreinander. Irene nannte ihren Mann »Chet«. Er nannte sie »Reen«, kurz für »Irene«, und nur wenn sie allein waren. Niemand sonst nannte Irene Casey so. Rant nannte Chester »Dad«. Irene nannte ihren Sohn »Buddy«, aber sein Vater nannte ihn »Buster«. Niemals »Rant«. Nur Bodie Carlyle nannte ihn Rant.
    Wenn Sie es genau wissen wollen: Rant nannte Bodie »Kröte«. Ungelogen.
    Alle hatten verschiedene Namen füreinander. Buster war Rant und Buddy. Chester war Chet und Dad. Irene war Mom und Reen. Die Leute reklamieren ihre Liebsten für sich, indem sie ihnen eigene Namen geben. Mit so einem Etikett erklären sie einen zu ihrem Eigentum.
     
    Sheriff Bacon Carlyle: Einen Hund in der Wildnis auszusetzen, ist schlimm, aber genauso schlimm ist es, wenn man sich selbst gehenlässt und verwildert.
     
    Echo Lawrence (

Party-Crasher): Also. Rant hat immer gesagt: »Vor jedem, dem wir begegnen, sind wir ein anderer Mensch.«
    Manchmal hat Rant auch gesagt: »Man existiert nur in den Augen der anderen.«
    Falls man ihm was auf den Grabstein schreiben will - sein Lieblingsspruch war: »Die Zukunft, die man morgen hat, wird nicht die Zukunft sein, die man gestern hatte.«
     
    Symon Praeger (

Party-Crasher): So ein Unsinn. Rants Lieblingsspruch war: »Manche Leute werden einfach als Mensch geboren. Wir anderen brauchen ein Leben lang, um es zu werden.«
     
    Bodie Carlyle: Ich weiß noch, wie Rant immer gesagt hat: »So jung kommen wir nicht mehr zusammen.«
     
    Irene Casey (

Rants Mutter): Sonntags ging Buddy immer mit seiner Oma Esther zur Kirche. Wenn das Wetter gut war, fuhren Chet und ich ihn zu Esther und setzten ihn da ab. Der kleine Buddy sah, dass sie sonst niemanden hatte, der mit ihr ging, und so wurde es eben eine Gewohnheit. Sie wohnte nur einen Katzensprung von der Kirche entfernt. Eine alte Dame mit ihrem kleinen Kirchenhut, ein kleiner Junge mit Ansteckkrawatte, die beiden Hand in Hand auf dem Feldweg - das war schon ein anrührendes Bild.
    Eines Sonntags kamen sie nicht. Wir haben schon das erste Lied hinter uns, die erste Lesung aus dem Evangelium und sind bereits mitten in der Predigt, aber Buddy und Esther sind immer noch nicht in der Kirche angekommen. Als das Körbchen für die Kollekte herumgeht, wird die Kirchentür aufgestoßen: Etwas poltert die Treppe herauf, poltert über die Bretter vorm Eingang, und die große Tür schwingt so heftig auf, dass der Türknauf an die Mauer schlägt. Alle Köpfe drehen sich um, und da stolpert keuchend der kleine Buddy herein. Er bleibt stehen, beugt sich vor und stützt die Hände auf die Knie. Gebadet im Licht der Sonne, die durch die offene Tür scheint, steht er so da, die Haare hängen ihm in die Augen, und er ringt keuchend um Atem. Keine Krawatte. Die weißen Hemdschöße hängen ihm aus der Hose.
    Pfarrer Curtis Dean Fields sagt: »Würdest du bitte so freundlich sein und die Tür

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