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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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wollte seine Oma nicht allein lassen, aber sie sagte ihm, er soll sich beeilen.
     
    Cammy Elliot: Ungelogen. Ein Stacheldrahtzaun, behängt mit diesen weißen Dingern, sieht aus wie ein Weihnachtsbaum. Erst aus der Nähe erkennt man, dass das Kondome sind. Die baumeln da dran wie geplatzte Luftballons. Grün, grau, hellblau, flattern da so rum, und unten drin in jedem Gummi noch was klebriges Weißes.
    Und da flattert noch mehr an diesen Stacheldrahtspitzen: Slipeinlagen und dicke Binden zum Umschnallen, für die ganz heftigen Tage. Glatte und gerippte Gummis. Kondome und Hygieneartikel, wie man sie in dem betreffenden Regal bei Trackside nicht zu sehen bekommt.
    Altes Blut, schwarz verklumpt wie Teer. Blut, braun wie Kaffee. Wässriges rosa Blut. Totes Sperma, das fast zu klarem Wasser geworden ist.
    Für die meisten Leute, vor allem für Männer ist Blut einfach Blut, aber es dürfte schwierig sein, an einer Meile Stacheldrahtzaun auch nur zwei gleich aussehende Tampons zu finden.
    Ab und zu ist auch mal noch Schamhaar dran. Blonde, braune, graue Haare. Ein ordentlicher Windstoß, und die Leute von Middleton hängen alle da draußen wie Vögel auf einer Telefonleitung. Wie Pfadfinderwimpel auf einer Landwirtschaftsausstellung.
     
    Sheriff Bacon Carlyle: Wenn Sie mich fragen, das Schwierigste war, die Hunde im Haus zu halten. Die Leute brauchten nicht erst Sperma und Blut draußen am Stacheldraht zu sehen, um zu wissen, dass der Wind irgendwo eine Mülltonne umgeschmissen hatte. Die Hunde drehten völlig durch, scharrten an den Türen, kratzten winselnd die Farbe von den Wänden und machten die Teppiche kaputt, sie waren verrückt nach diesem feinen Geruch, den nur eine Hundenase wahrnehmen kann.
    Das ist was ganz anderes, als wenn sie raus wollen, Gassi gehen. Wenn Hunde diese im warmen Wind schaukelnden Gummis und Mösenstöpsel wittern, läuft ihnen der Sabber aus dem Maul.
    Gott behüte, dass man ihnen die Tür aufmacht. Die meisten Leute stürzten gleich ans Telefon, gaben sich gegenseitig die Schuld an dieser Schweinerei oder riefen irgendwen an, der das wegmachen sollte.
     
    Cammy Elliot: Das Land hier ist so flach, dass man alles schon von weitem sieht. Die Leute sind sehr auf Anstand bedacht, und bei so einem Sextornado geht niemand ins Freie. Niemand will unter den Augen der anderen diesen Unrat da wegpflücken wie reife Tomaten.
    Entweder alle sammeln ihr Zeug ein, oder keiner tut was.
    Das ist jedesmal eine echte Geduldsprobe. Ein Patt der Anständigen.
     
    Mary Cane Harvey (

Lehrerin): Wenn ich nicht noch unterrichten würde, Gott, ich könnte Ihnen von Buster Casey Geschichten erzählen ... Ein wirklich ungewöhnlicher junger Mann.
     
    Sheriff Bacon Carlyle: Ich werde nie vergessen, wie manche Leute, auch die vom FBI, behauptet haben, Oma Esther sei Rants Opfer Nummer eins gewesen.
     
    Mary Cane Harvey: Buster ist in Lesen und Schreiben nie über ein Befriedigend hinausgekommen, aber man hatte den Eindruck, dass er aus ein paar Stöckchen und Steinen und den wenigen Wörtern, die er gelernt hatte, die ganze Welt zusammenbauen könnte. Ich würde das mit den komplexen Bastelarbeiten vergleichen, die Männer im Gefängnis oder Matrosen auf ihren monatelangen Fahrten herstellen. Zum Beispiel maßstabgerechte Modelle des Vatikans aus Streichhölzern oder die Akropolis aus zusammengeleimten Zuckerwürfeln. Kunstwerke, für deren Erzeugung nur eingeschränktes Material und Werkzeug zur Verfügung steht, die aber enorm viel Zeit und Konzentration erfordern. Monumente der Geduld.
     
    Bodie Carlyle: Ein Beispiel dafür, wie beliebt Rant im letzten Schuljahr war. Eines Abends fingen unsere Hunde wieder mal an, jaulend an der Tür zu kratzen. Der Wind heulte, und man brauchte keinen Sonnenschein, um zu sehen, dass es der übliche Sextornado war.
    Rant klopfte hinten an unsere Küchentür. Während meine Mutter schon am Telefon irgendwem Vorwürfe macht, winkt Rant mich nach draußen. Er hat einen leeren Jutesack über der Schulter.
    Als meine Mutter den Sack bemerkt, sieht sie mich an und schüttelt den Kopf. Aber ich trete die Hunde von der Tür weg und folge Rant in die Dunkelheit. Der Wind zerzaust unsere Haare und klappt uns den Hemdkragen an einer Seite hoch.
    Am Zaun flattert ein dicker weißer Fussel im Wind, wild und lebendig wie ein Hase in der Falle. Kondome zappeln wie graue Zungen mit Spucke auf der Spitze. Rant zupft einen Gummi los und hält ihn sich unter die Nase, das schaumige Zeug

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