Das Kainsmal

auf dem Dach. Kein Scherz. Auf dem Dach des flüchtigen Wagens ist ein mit blauen Weihnachtslämpchen geschmückter Baum festgebunden. Drei Streifenwagen haben die Verfolgung aufgenommen, ein Hubschrauber wurde zur Unterstützung angefordert. Wie es scheint, folgt dem Seville auch eine ungewöhnlich große Zahl von Neugierigen, die den durch Sirenen und Blaulicht der Polizei geschaffenen Raum für sich ausnutzen. Tina Something, Radio Graphic Traffic ...
     
    Echo Lawrence: So eine Scheiße. Ich halte ein Team an, springe bei denen rein und sage nur: »Los!« Irgendwelche Kiffer. Ich zeige die Straße runter, wo man durch den Wald aus schwarzen Bäumen gerade noch Rants blaue Lämpchen sehen kann, und sage: »Da!«
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Und hier wieder Aktuelles von der Verfolgungsjagd. Auf dem Highland-Autobahnkreuz gelang es der Fahrerin eines Privatwagens, dem blauen Weihnachtsbaum einen seitlichen Stoß zu versetzen. Zur Zeit ist der blaue Baum mit hohem Tempo in östlicher Richtung auf der Waterfront Avenue unterwegs. Und wenn das kein Zufall ist? Die Fahrerin, die den flüchtigen Wagen zu stoppen versuchte, hat ebenfalls einen Weihnachtsbaum auf dem Dach ihres Fahrzeugs. Muss wohl an der Jahreszeit liegen. Tina Something, Radio Graphic Traffic ...
     
    Shot Dunyun: Da steh ich also, beide Hände voll mit Fressalien, Lakritz mit Erdbeergeschmack und den ganzen Scheiß, und Echo haut einfach ab. Green läuft an den Straßenrand und winkt nach einem Taxi. Und schon sind sie alle weg. Rant natürlich auch, und ich stehe da auf dem Gehweg mit heißen Nachos und diesem blöden Root Beer.
     
    Symon Praeger (

Maler): Wir stehen an Zapfsäule drei. Und dieser Casey an Säule sieben reißt plötzlich die Zapfpistole aus seinem Tank. Bestimmt nicht aus Versehen. Denn jetzt spritzt er den Weihnachtsbaum auf dem Dach seines Wagens damit ab. Von vorn bis hinten. So viel Benzin, dass es an den Trittbrettern runterläuft.
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Polizei und Rettungsdienste fordern die Verkehrsteilnehmer dringend auf, sich nicht mit dem verdächtigen Fahrzeug anzulegen. Bis jetzt haben mindestens sechs Privatwagen das flüchtige Auto gerammt, und sie alle hatten Weihnachtsbäume auf dem Dach. Die Polizei erklärt diese Unfallserie mit der fortgesetzten Flucht des Verdächtigen.
     
    Aus Polizeihubschraubern wird gemeldet, dass der Hauptverdächtige sich jetzt in nördlicher Richtung auf der Greenbriar-Autobahn bewegt. Sie hören von uns, sobald sich etwas Neues ergibt. Tina Something, Radio Graphic Traffic ...
    Aus den Aufzeichnungen von Green Taylor Simms: Verzeihen Sie, aber ich habe mich damals hinreißen lassen. Ich hatte nicht die Absicht, Mr. Dunyun im Stich zu lassen. Es war eine spontane Reaktion: ins nächstbeste Fahrzeug zu steigen und die Verfolgung aufzunehmen. Es war wie auf der Jagd - dazu überall Blaulicht und Sirenen -, wir glichen einem Rudel Hunde, das hinter dem Fuchs herhechelte.
     
    Von Mr. Dunyun sah ich in diesen hektischen Sekunden nur noch eine vom Käse orange gefärbte Zunge, die ihm aus dem verständnislos aufgeklappten Mund heraushing. Ich sprang in ein Taxi und sagte dem Fahrer: »Folgen Sie dem blauen Weihnachtsbaum ...«
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Die Jagd der Polizei auf einen weißen Cadillac Seville hat sich an den Westrand der Stadt verlagert. Nach aktuellen Schätzungen hat sich dem Weihnachtsbaumwagen ein Rattenschwanz von rund zweihundert Fahrzeugen angeschlossen - von denen nach Zeugenaussagen mindestens zwölf durch andere Verkehrsteilnehmer vorsätzlich gerammt wurden. Der Seville hat inzwischen die hintere Stoßstange und den Auspuff verloren, und aus heftiger Funkenbildung ist zu schließen, dass eins seiner Hinterräder bereits auf den Felgen fährt. Wir lassen Sie wissen, wenn sein Tank explodiert. Tina Something, Radio Graphic Traffic ...
     
    Shot Dunyun: So was Bescheuertes. Wir glauben allen Ernstes, dass ein dünner Farbstreifen auf der Mitte der Fahrbahn uns schützt. Dass diese weiße oder gelbe Linie uns irgendwie abschirmt. Fest steht jedenfalls, Rant Casey wird niemals ein alter Hai, der sich durch die Straßen schleppt und nur hoffen kann, dass jemand so nett ist und ihn rammt. Ohne Scheiß, es gibt schlimmere Methoden, sich in den Tod zu befördern, als Sterben.
     
    Aus dem Verkehrsfunk von Radio Graphic Traffic: Was als der Versuch begann, einen Fahrzeughalter wegen