Das Kairos-Prinzip: So finden Sie den richtigen Zeitpunkt für den beruflichen Wechsel
unterstützenden Faktoren bei Tanjas früheren Wechseln waren. Zeigten sich die objektiven Rahmenbedingungen diesmal ebenso günstig? Könnte sie einen anderen Mentor aktivieren, der sie in der neuen Position unterstützen könnte? Außerdem kam es auch auf die Werte und die Lebensthemen an, die in Tanjas aktueller Lebensphase entscheidend waren. Dieses Mal stand sie nämlich gerade an dem Punkt, eine Familie zu gründen, dafür war es jetzt schließlich »höchste Zeit«, wie sie selbst anmerkte, also Kairos! Dieses Lebensthema war also ebenfalls zu beachten bei der anstehenden beruflichen Veränderung. Da Tanja einen Partner hatte, der ihren Kinderwunsch unterstützte, handelte es sich nicht um reine Luftschlösser.
Durch die Biografieanalyse erhielt Tanjas Bauchgefühl also eine nachvollziehbare Logik. Und durch die Umfeldanalyse weitere Argumente. Die dadurch gewonnene Klarheit ermöglichte es ihr schließlich, eine souveräne Lebensentscheidung zu treffen – gegen den
Aufstieg zum jetzigen Zeitpunkt. Innerlich in ihrer Überzeugung gestärkt, konnte Tanja diese Entscheidung vor allem auch gegenüber dem Management souverän vertreten. Es fiel ihr leicht, glaubhaft zu vermitteln, dass sie mit zwei Jahren mehr Erfahrung in ihrem jetzigen Job später reif für einen Wechsel wäre. So kam es schließlich auch. Sie trat zwei Jahre später eine andere verantwortungsvolle Position an – übrigens als Mutter eines einjährigen Kindes!
Fazit aus der KAIROS-Rhythmusanalyse
Natürlich haben nicht alle beruflichen Entscheidungen ein kurzzeitiges Happy End. Es gibt auch »verpasste Chancen« im Leben, also Momente, die unwiederbringlich verloren erscheinen: das Stipendium in den USA, das man mit Mitte zwanzig leichtsinnigerweise nicht antrat, das abgebrochene Studium, das nie wieder aufgenommen, und die im Sande verlaufene Promotion, die nie zu Ende gebracht wurde. Es ist ein heilsamer Teil des KAIROS-Biografie-Coaching, sich auch diesen Dingen zu stellen und sich womöglich von ihnen zu verabschieden. Das kann auch bedeuten, einen Trauerprozess anzunehmen, bevor man wieder nach vorn blicken kann. Die bittersten Tränen in meinen Coachings erlebe ich dabei allerdings in persönlichen Belangen. Bei Frauen, die sich eingestehen müssen, dass sie eine – rückblickend – einmalige Chance, ein Baby zu bekommen, verstreichen ließen oder sogar aktiv beendet hatten. Oder bei beruflich erfolgreichen Männern, deren einseitiges Karrierestreben sie zu Fremden in ihrem eigenen Haus gemacht hat, in erkalteten Ehen, in denen es sich nichts mehr zu sagen gibt, mit Kindern, die sie kaum kennen. Die KBC-Methode bringt durch die Kombination von objektiven Fakten – den Daten der Biografie – mit dem subjektiven Faktor – dem Benennen von Lebensthemen, Lebensphasen und Zyklusjahren – solche emotionalen Realitäten ins Bewusstsein.
Manchmal sind solche »Momente der Wahrheit« auch ein heilsamer Schock für einen Neuanfang. »Noch einmal passiert mir das nicht«, sagen Klienten dann, oft mit einer gewissen Erleichterung. Geht es Ihnen auch so, wenn Sie Ihre Rhythmusanalyse betrachten?
Notieren Sie nun in Ihrer KAIROS-Gesamtauswertung auf den vorgesehenen Feldern zentral in der Mitte zwei Zyklusjahre: das aktuelle und das nächste Zyklusjahr. Was sagen Ihnen die Zyklusnamen in Bezug auf Ihre berufliche Orientierungsphase – wofür ist es gerade jetzt »Zeit«?
Glücklicherweise kann ich aus eigenem Erleben und aus der Arbeit mit meinen Klienten bestätigen, dass der Gott des günstigen Augenblicks, Kairos, ein gütiger Vertreter seiner Zunft ist. Er schaut doch öfter mal vorbei und gibt einem die Chance, das aus dem Takt gekommene Lebensgefühl wieder in Ordnung zu bringen.
Teil 2
Von der Zielvision zur Handlung
»Wer den Hafen nicht kennt,
in den er segeln will,
für den ist kein Wind der richtige.«
Seneca – römischer Philosoph
und Dichter (1 – 65 n. Chr.)
Bestandsaufnahme und erste Zielvision
Wissen Sie noch, warum Sie zu diesem Buch gegriffen haben? Hat sich Ihnen eine konkrete Frage gestellt, gibt es in Ihrem beruflichen Umfeld ein akutes »Problem«? Oder ist vielleicht ein Headhunter mit einem interessanten Angebot auf Sie zugekommen? Möglicherweise haben sich auch Ihre Prioritäten verschoben, Privates ist jetzt wichtiger für Sie und Sie denken über eine längere Auszeit nach oder wollen mehr Zeit mit Ihrer Familie verbringen.
Ich kann mir vorstellen, dass es Ihnen anfangs wie vielen meiner Klienten ging,
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