Das kalte Gift der Rache
hereingefallen waren, und wusste, dass ihm dieselben Gedanken durch den Kopf gingen. Diese Hölle mochte keiner von uns noch einmal erleben. Ich schlug sechs Eier in einer Schüssel auf. Als ich mich nach ihm umschaute, saß er in den Akten versunken am Tisch. Jules Verne schlief auf seinem Schoß.
»Sieht so aus, als hättest du den Hund eher für dich gekauft.«
»Ich mag Hunde, und hatte keinen mehr gehabt, seit ich klein war.«
»Willst du ihn zurückhaben?«
»Du kannst ihn sicherheitshalber behalten, bis der Kammerjäger hier war. Und benutz bitte um Himmels willen diese verdammte Alarmanlage, die ich kürzlich einbauen ließ.«
»Das war kein Einbrecher neulich, sondern Joe McKay, und ich hab ihn selbst reingelassen.« Ich legte unsere Teller mit Streifen knusprigen Specks aus, verrührte die Eier mit einer Gabel und kippte sie in die heiße Pfanne. Das einzige Gericht, das ich gern zubereitete. Manchmal, wenn ich eine dieser Kochsendungen gesehen habe, werde ich sogar richtig kreativ. Dann nehme ich Schinken statt Speck.
»Das ist doch unfassbar.« Er sah mich erschrocken an. »Was für eine grausige Art zu sterben.«
»Ja, ich weiß. Classon musste tagelang leiden, bei der Frau ging’s etwas schneller.«
»Dieser Typ ist schwer gestört. Und ich glaube auch nicht, dass Classon sein erstes Opfer war. Das ist mir alles zu inszeniert, zu genau durchdacht.« Er ging zum Küchentresen und nahm mir gegenüber auf einem Hocker Platz. »Ich halte ihn für einen Psychopathen, Claire. Der Tod seiner Opfer ist Nebensache, ihm sind die Qualen wichtig. Wahrscheinlich törnt ihn das sexuell an.«
Er sah mir nachdenklich in die Augen. »Du musst dich vor ihm in Acht nehmen, Claire. Geh nicht allein los. Das wäre viel zu riskant. Er plant seine Taten genau, bis ins kleinste Detail. Dieses eine Mal nur hatte er Pech gehabt, weil ein Auto in der Nähe des Tatorts in den Graben schlitterte. Andernfalls wäre Classons Leiche nie gefunden worden. Er hätte ihn entweder abgenommen und seine sterblichen Überreste irgendwie beseitigt, oder er hätte ihn gleich da draußen hängen lassen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ihn dort zu suchen. Er ist ein Sadist, und ich halte es für möglich, dass er sogar daneben saß und zusah, wie Classon litt. Verschlimmernd kam für Classon noch hinzu, dass er sich in der Nähe der Schule befand und dennoch keine Hilfe erwarten konnte. Dieser Täter liebt es, seine Opfer leiden zu sehen, genießt deren Angst, möglicherweise mehr als die eigentliche Mordtat. Er wird schwer zu fassen sein.«
»Ich kriege ihn.«
»Im Ernst, Claire, ich bitte dich. Bleib bei mir in Cedar Bend Lodge, bis du ihn tatsächlich geschnappt hast. Er ist so was von gerissen, und sollte diese Tarantula von ihm sein, dann weißt du, was es geschlagen hat. Hat er irgendwie versucht, sich an Bud ranzumachen?«
Hier stockte mir der Atem. »Ich glaube, Bud hätte mir gesagt, wenn McKay sich ihm genähert hätte, oder wenn er etwas in seinem Haus gefunden hätte. Er hasst Spinnen.«
»Wie oft schaltest du das Sicherheitssystem denn überhaupt ein?«
»Ich bin es noch nicht gewohnt. Lass mir Zeit.«
»Denk bitte von nun an dran.« Er warf mir ein Foto quer über den Tresen rüber, eine Nahaufnahme von einer der Beinwunden Simon Classons. »Oder du endest letztlich so.«
»Das habe ich nicht vor.«
»Du bist nicht unverwundbar. Denk bitte dran.«
»Ich kann gut auf mich aufpassen.«
»Aber das ist kein gewöhnlicher Killer. Der tickt völlig anders, und ich bezweifle, ob er sich überhaupt normal benehmen kann. Du wirst sehen, wie seltsam und exzentrisch er sich benimmt, wenn du ihm gegenüberstehst.«
»Vielleicht tut er ja so, als könnte er hellsehen, aber leider ist jeder an dieser Schule ein bisschen verrückt. Wie wär’s, wenn du mir ein psychologisches Profil erstellst?«
»Ich sage dir sofort und uneingeschränkt, dieser Typ ist krank. Keine ausgefallenen Syndrome, keine Persönlichkeitsspaltung, keine Schizophrenie, keine sonstigen Störungen. Er ist einfach ein verrückter, irrer Bastard.«
»Vielleicht ist er schlicht abgrundtief böse, wie ein Teufelsverehrer etwa.«
»Satanisten verstümmeln ihre Opfer, schneiden das Herz oder auch andere Organe heraus für rituelle Opferhandlungen. Von einem Kult, dessen Anhänger mit Giftspinnen töten, hab ich nie was gehört. Diese Methode, glaub mir, ist wirklich sehr selten und todsicher.«
Ich sah ihn an, sein plötzlicher Ernst verunsicherte
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