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Das kalte Gift der Rache

Das kalte Gift der Rache

Titel: Das kalte Gift der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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fuhr und mit einem dicken Ordner zurückkam. Nun beschimpfte Dr. Phil gerade irgendeinen armen Mann, der die Dallas Cowboys mehr mochte als seine Frau. Ich dachte schon fast, er würde ihn erwürgen. Das gäbe eine Schlagzeile: DR. PHIL THERAPIERT SICH SELBST NACH ERMORDUNG EINES GASTES MIT BLOSSEN HÄNDEN .
    Jamie kam aus der Küche, in der Hand einen in grünes Cellophan verpackten und mit einer Silberschleife dekorierten Kuchen. »Frohe Weihnachten, Claire. Hoffentlich magst du selbst gebackenen Pekannusskuchen. Wir verdanken dir viel, weißt du.«
    »Was Besseres kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    Nachdem die Tür nach lebhafter Verabschiedung hinter mir ins Schloss fiel, blieb ich auf der hinteren Veranda stehen und sog die kalte, belebende Luft tief ein. Der Anblick der verschneiten Landschaft weckte Erinnerungen an frühere Weihnachtsfeste, als ich nicht so allein war. Als ich einen kleinen Jungen hatte, dem ich Spielzeug kaufte und mit dem ich Schneemänner baute. Ich erinnerte mich daran, wie aufgeregt Zach schon immer lange zuvor gewesen war, und dann sah ich ihn schlaff in meinen Armen liegen, die großen blauen Augen, die mich ansahen, bis das Licht in ihnen für immer verlosch. Nein. Schluss damit. Denk nicht an ihn. Denk nicht an früher. Ich kann nicht festhalten an der Erinnerung, nicht jetzt und für immer. Es ist zu schmerzhaft.
    Ich fuhr die Dreiviertelmeile bis zu mir nach Hause. Es war einsam dort am See. Trotz Blacks Verschönerungen. Ich hätte ein paar Lämpchen anbringen sollen, die ich vom Auto aus anknipsen konnte, damit es einladender wirkte, wenn ich vorfuhr. Keine Spur von Nick.
    Mein Garagentor brummte effizient. Ich stellte den Explorer darin ab und ließ das Tor hinter mir herunter. Dann packte ich die Kartons mit dem Essen zusammen, das ich für unser erstes gemeinsames Weihnachtsessen gekauft hatte. Sollte er es noch rechtzeitig schaffen. Wenn nicht, dann, zum Teufel noch mal, hatte ich eine neue .38er, um ihn umzuballern. Im Haus war es kalt und düster, also knipste ich den Kamin an. Das machte die Sache doch gleich freundlicher und wärmer. Ich sah auf mein Bäumchen auf dem Kaffeetisch. Es wirkte nackt und verloren. Ich hatte blinkende Lichter und Schmuck besorgt, hatte aber eigentlich gedacht, dass es nett wäre, ihn mit Black zusammen zu schmücken, als Auftakt einer netten Tradition sozusagen, aber vielleicht war es zu früh für den Beginn sentimentaler Traditionen. Hatte vielleicht auch was Angstmachendes.
    Ich verstaute alles Essen im Kühlschrank und ließ den Pekannusskuchen auf der Anrichte stehen. Dann setzte ich mich auf einen Barhocker und starrte ihn an, gelangweilt und hungrig. Ein kleines Stück, dachte ich mir, bevor Black zurück war, könnte nicht schaden. Er war noch warm und schmeckte hervorragend, und so gönnte ich mir ein zweites kleines Stück. Sollte Black nicht bald aufkreuzen, würde ich ihn aus purem Trotz allein aufessen.
    Der Abend schritt voran, und ich versuchte, was Interessantes im Fernsehen zu finden, worauf ich feststellte, dass ich keine Lust hatte auf Fernsehen, nicht einmal auf den Film Ist das Leben nicht schön. So schön war mein Leben im Moment gerade nicht, und auch mit Jimmy Stuarts Rolle konnte ich mich nicht identifizieren. In meinen Fällen waren die Menschen meistens tot, wenn ich sie fand, und ich konnte kein Leben mehr retten. Fröhliche Weihnachten fand ich etwas mehr nach meinem Geschmack, während ich mein drittes Stück Kuchen vertilgte.
    Black hatte nicht angerufen, und ich gab schließlich der Versuchung nach und rief ihn auf dem Handy an, erreichte ihn aber nicht. Er konnte sich irgendwo über dem Atlantik befinden. Oder er schlief. Oder er amüsierte sich prächtig auf einer Weihnachtsparty in Paris oder London. Aber das sei ihm nicht geraten. Ich brannte geradezu darauf, diese neue .38er zu benutzen.
    Irgendwann war ich so gelangweilt, dass ich tatsächlich Johnstones Buch zur Hand nahm, jenes von June Green überreichte Freiexemplar. Ich starrte auf sein Konterfei auf der vorderen Umschlagseite, und musste dauernd denken, was für eine Witzfigur er doch war. Gemein, oder? Ich blätterte es durch und schaute mir die alten Schwarz-Weiß-Aufnahmen an. Die Akademie gab es offenbar seit zwanzig Jahren, erbaut auf einem Grundstück, das ein alter Herr namens Walter Proctor zur Verfügung gestellt hatte, zweifellos aus steuerlichen Gründen. Der blöde Name bezog sich auf Höhlen in den Hügeln der Umgebung. Dennoch, man

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