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Das kalte Jahr: Roman (German Edition)

Das kalte Jahr: Roman (German Edition)

Titel: Das kalte Jahr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Ehrlich
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Fernsehbildschirm. Wahrscheinlich, weil es so ein alter Film gewesen ist. Sie schlugen weiß leuchtend und viel zu schnell aus den Fenstern und aus dem Dach, und ich glaube ehrlich gesagt, sage ich zu Richard, dass es sich bei dem brennenden Schloss nur um einen Miniaturnachbau gehandelt hat.
    Richard ist schwer aufgebracht, er schiebt den Couchtisch mit einem festen Tritt zurück, springt auf, rennt nach oben und schmeißt die Tür. Ich gehe ihm aber noch nach und rufe durch die geschlossene Tür, dass es mit von Weerth noch ein gutes Ende genommen hat. Nach langem, leidvollen Umherwandern, rufe ich, findet er nämlich am Ende die Liebe, die ihn rettet. Erst nachdem ihm alles zerstört und gestohlen wurde, rufe ich, sein alter Lebensraum vernichtet, hat seine Einsamkeit ein Ende. Richard tritt fest von innen mit seinem Fuß gegen die Tür. Ich bemerke, wie sich eine starke Müdigkeit in mir breit macht.
    Am nächsten Tag, vielleicht um die Mittagszeit, begann es zuerst in langen Fäden und Schnüren und dann in heftigen dicken Tropfen zu regnen. Das Wasser fiel vom Himmel und schlug auf den Ort, auf den Strand, es schlug in den Schnee ein und brachte ihn zum Schmelzen, überall war mit einem Mal enorm viel Wasser, das Meer geriet in Bewegung, die einfallenden Tropfen zerschlugen das Eis. Von allen Überdachungen, Autos, Stromkästen, Schirmen, von den Straßen spritzte es auf, der Himmel war tiefgrau, zwischen den Wolken sah man Blitze aufzucken, es donnerte unmittelbar, ohne Verzögerung, ein riesiges Gewitter war über dem Ort, entlud sich, der Himmel elektrisch, überall legten die Menschen aus den Händen, womit sie beschäftigt waren, stellten sich irgendwo unter, drängten sich in Bushäuschen oder Ladeneingänge, die Autos blieben stehen an grünen Ampeln mit wild fahrenden Scheibenwischern, es kam uns allen, glaube ich, wie ein herrlicher Umbruch vor, ein Schwellenwetter.
    Der Regen hielt stundenlang an, bis in den frühen Abend, und innerhalb weniger Sekunden brach er ab, wich einer großen, kalten Stille, in die unsere Ohren, schon ans Rauschen und Prasseln gewöhnt, hineinlauschten, wie nach einer Nachricht. Und dann wurde es Nacht, die Temperaturen fielen drastisch, und am nächsten Morgen waren wilde Eisformationen zu sehen. In den überlaufenden Regenrinnen war das Wasser gefroren, am Strand ragten nur noch schmale Dünenstreifen aus der Eisdecke, die sich bis ins Meer hineinzog, das vollkommen ruhig war und immer weiter und tiefer noch gefror.
    Von den wenigen stehen gelassenen Strandkörben hingen vorn große Zapfen fast bis auf den Boden, auch von den Rändern der Tankstellenüberdachungen, den Vordächern der Läden und Häuser, die meisten schlug man morgens ab mit Besen oder Trittleitern, gegen Dachfenster wurde sich vergeblich gestemmt, es war so rutschig auf den Bürgersteigen, dass sich die Alten nicht vor die Häuser trauten, man sah ihre Enkel und Kinder mit Einkäufen dahinschlittern und die Lebensmittel verteilen auf die verschiedenen Haushalte. Geparkte Autos waren teilweise vom Eis mit der Straße verschweißt, die Türen versiegelt. Als am Abend die Straßenlaternen eingeschaltet wurden, brach sich ihr Licht in einem Kranz aus gefrorenem Regenwasser und strahlte diffus über die schimmernden Straßen. Der Himmel klarte nicht auf, die Sonne hatten wir damals, denke ich, seit Monaten nicht mehr gesehen.

DRITTER TEIL

Ich sitze vorm Wohnzimmerofen auf dem Fußboden und schneide mir die Nägel mit einem silbernen Knipsgerät.
    Als ich fertig bin und zu faul, um von meinem Platz vor dem Ofen aufzustehen, und weil ich nicht weiß, was sonst damit tun, werfe ich die frisch abgeschnittenen Nägel, die kleinen Halbmonde, in das zu dem Zeitpunkt hell lodernde Feuer.
    Ich bereue es sofort, der Anblick ist entsetzlich.
    Sie sind einfach geschmolzen. Haben ein paar Blasen geworfen und sind in sich zusammengeschrumpelt.
    Ich sehe auf dem Fernsehbildschirm, an meinem Arbeitsplatz im ersten Stock, vormittags, als schon etwas Helligkeit über dem Ort aufgekommen ist, über dem Meer und dem Strand, Nahaufnahmen von herrenlosen Haustieren, die in Körben liegen oder auf schmuddeligen Decken. Eine Katze mit Triefaugen ist dabei, die sich unbeteiligt an den Pfoten leckt. Der Ton ist ganz verrauscht. Hin und wieder tritt eine Person ins Bild und macht servierende Handbewegungen zu den Tieren hin. Telefonnummern werden eingeblendet, und jedes Tier hat einen provisorischen Namen. Schnucki, Bella, Tiger,

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