Das kalte Jahr: Roman (German Edition)
Männer stellten sich im Garten auf, andere warteten beim Fahrzeug an der Straße. Die Ortsbewohner verschränkten die Arme vor der Brust oder gingen in ihre Häuser zurück, um sich wärmere Kleidung zu holen. Hin und wieder gab es einen dumpfen Feuerschlag aus dem Innern des Hauses. Wie die Funken verloren sich aber auch die Geräusche des Brandes, noch bevor sie irgendwo auftreffen konnten.
Richard wollte meine Hand nehmen. Ich schaute in die Flammen und tat so, als würde ich es nicht bemerken.
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Auf den Bildschirmen sind Programme zur Tabellenkalkulation geöffnet, Internetseiten, Fenster zur Netzwerkkonfiguration, vor dem leeren Platz einer Person, die weggegangen ist, um sich Kaffee zu holen, taumelt ein bunter Würfel über den schwarzen Bildschirm. An den Kanten schlägt er an und wechselt dann die Richtung. Das Klappern der Computertastaturen erfüllt den Raum, jemand hält einen Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt, zwei Angestellte einer anderen Abteilung hängen ein großformatiges Kalenderplakat an die Wand.
Ich sehe, wie jemand am Fenster steht und mit seinem Handy telefoniert. Er steht aber mit dem Rücken zum Glas und schaut in den Raum. Neben mir wird der kleine Hebel zur Höheneinstellung eines Bürostuhls betätigt, mit einem leisen Puffgeräusch sinkt die Person auf der Sitzfläche in die gewünschte Position.
Als ich in den Fahrstuhl steige, ist dort außer mir kein Mensch. Eine lange Reihe leuchtender Stockwerksziffern, ein Notrufschalter mit einem Glockensymbol darauf und ein Lautsprecher zur Kommunikation mit der Wartungszentrale, an einem Ruck in meinem Körper spüre ich, dass sich der Fahrstuhl bewegt.
Die Stockwerke rumpeln sanft an der stählernen Kabine vorüber, in der Plastikverkleidung der Deckenleuchte sind die schwarzen Schemen verendeter Insekten zu erkennen.
Im Eingangsbereich sitzt ein uniformierter Pförtner vor flimmernden Bildschirmen, auf denen die Parkplätze der Tiefgarage zu sehen sind, Kellerräume und ein langer Flur, der wirkt, als sei er in einem ganz anderen Gebäude oder zumindest zu einer ganz anderen Zeit aufgenommen worden.
Die Fenster und die große Eingangstür sind trüb wie Milchglas. Ich bin mir eigentlich sicher, dass man für gewöhnlich hier durchschauen kann, bis auf die Straße und rüber zu den Gebäuden auf der anderen Seite. Ich glaube nicht, dass das untere Stockwerk während meiner kurzen Fahrstuhlfahrt nach unten schon vollständig eingeschneit wurde. Wahrscheinlich ist es draußen nur überaus hell von der vielen Sonne und meine Augen haben sich daran noch immer nicht gewöhnt.
Unter Verwendung von Zitaten aus
Peter Weiss – Die Ästhetik des Widerstands, Bernward Vesper – Die Reise, Geoff Ryman – Was, Richard Theile und Theobald Weyres – Grundlagen der Kathodenstrahlröhren, Ödön von Horváth – Jugend ohne Gott .
Ich möchte mich bei der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen für die finanzielle Unterstützung, zuvorderst aber bei meiner Familie, bei Barbara Bausch, Zach Johnston, Aylin Karadeniz, Andrew Sandler, Frank Howard, Patricia Howard, Georg Reißig, Susanna Seufert und Olaf Walter, Johanna Maxl, Stephanie Gleißner, Simon Urban, Franziska Wulf, Hannes Becker, Wolfram Lotz, Chris Edmunds und seiner Familie, bei Jaime McCool, Mike Voss, Travis Baumgartner und Marko Heine für ihre Hilfe herzlich bedanken.
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