Das kalte Schwert
auch mit dabei.«
»Nein, ich hab’s dir bereits gesagt. Sang ist loyal.«
»Sanagh hat ihn ausgenommen, als er sein Geständnis herausschrie, nicht wahr?«
»Sieh mal …«
»Was war es, wieder mal die Bastonade?« Sie bemerkte jäh, dass sie sich nicht zurückhalten konnte. »Wie ich höre, ist das heutzutage unten in den Kollegien der Inquisitoren sehr beliebt. Sie haben die Drahtbastonade perfektioniert, nicht wahr,
Mylord? Oder sind wir wieder beim Zwangsgürtel angekommen?«
Dann hörte sie auf. Schwer atmend, der Pulsschlag ein leises und anschwellendes Rauschen im eigenen Kopf. Trotzig sah sie ihn in dem schwachen Licht an, und Stille tat sich hinter ihren Worten auf. Eine Weile schienen sie darin zu treiben, schiffbrüchige Überlebende eines titanenhaften Meeressturms, der gerade abgeflaut war oder vielleicht bloß umherkreiste.
Jhiral zuckte. Ganz kurz sah sie die Wut in seinem Blick aufsteigen, aber dann wurde das Zucken ein Zurückweichen, und sein Blick wanderte zu den Büchern und Papieren hinüber, die das Turmzimmer erfüllten. Er stand auf und tigerte zwischen den Schreibtischen umher, ging zum Fenster und schaute hinaus, kehrte zurück. Begegnete erneut ihrem Blick.
»Oh, sieh mich nicht so an Archeth! Ich bin kein Ungeheuer. Ich habe Sanagh für dich von seinem Elend erlöst, nicht wahr?«
Wohlüberlegt äußerte sie sich nicht dazu, sondern arbeitete stattdessen daran, ihren Herzschlag zu beruhigen. Sie legte die Fingerspitzen auf dem Pergament aneinander, als wollte sie den Namen dort geheimen Schutz angedeihen lassen.
»Mylord.« Gleichmütig, ruhig. »Ein Gutteil der Expedition führt über das Meer, wenn nicht sogar die ganze. Und Mahmal Shanta ist ungeachtet seiner diplomatischen Fehler der beste Marineingenieur des Reichs. Dafür allein sollte man ihn auf die Liste setzen. Zieht jedoch auch in Betracht, dass er ein Mann ist, der wichtige Angelegenheiten nicht seinen Untergebenen anvertraut. Er überwacht persönlich jeden Kiel, der in den Werften seiner Familie gelegt wird, und seit dem Krieg führt er die meisten Schiffe auch auf ihre Jungfernfahrt.«
»Ja, nun, seine Treue zum Schiffsbau macht mir ja auch keine Sorgen.«
»Nein, Mylord.« Sie wartete ab. Er sollte es selbst erkennen.
Jhiral stützte sich auf den Sessel, noch nicht ganz bereit, sich wieder zu setzen. »Ja, na gut, ich bin nicht blöd. Die Expedition führt ihn aus der Stadt, hält ihn davon ab seine eigenen Süppchen zu kochen.«
»Es ist mehr als das, Mylord. Ich kenne Shanta. Er wird darauf bestehen, uns zu begleiten, ja, aber das ist nicht alles. Er wird unsere Route und Versorgungsstationen um Kap Gergis planen wollen. Er wird die Karten und Aufzeichnungen der Expeditionen zum nördlichen Ozean und den hironischen Inseln überprüfen wollen. Er wird darauf bestehen, die Schiffe, die wir verwenden, zu entwerfen und zu bauen.«
»Ja«, spottete der Imperator. »Netter kleiner Verdienst für die Werften von Shanta.«
Sie zuckte die Achseln. »Oder er wird, falls wir sie nicht von Grund auf neu bauen, die Schiffe, die wir erwerben, ins Trockendock holen und sie vom Kiel bis zum Mast überholen. So oder so wird das Unternehmen seine Energien für Monate absorbieren. Es wird seine Freunde aus der Gilde mit einbeziehen. Es ist Spätsommer, Mylord. Die Expedition kann nicht vor dem Jahreswechsel bereit sein, wir werden das Frühjahr abwarten müssen. Holt Shanta mit an Bord, und Ihr werdet ihn den Herbst und Winter über beschäftigt halten, und dann verlässt er die Stadt auf unbestimmte Zeit.«
»Und muss für seinen Verrat nicht büßen.«
Sie stählte sich für den Schritt. »Wenn Ihr meint. Obwohl der nördliche Ozean selbst in den besten Zeiten kaum ein gefahrloser Ort ist. Wer weiß, was dort geschehen kann?«
Die Worte verhallten in der Stille. Draußen funkelten die Lichter der nächtlichen Stadt. Jhiral neigte den Kopf und sah sie mit hochgezogener Braue an.
»Willst du damit … sagen, was ich glaube, das du sagen willst, Archeth?«
»Ich sage bloß, dass es mehr als einen Weg gibt, einen politischen Gegner zu beseitigen, Mylord. Ihr müsst ihn nicht immer innerhalb Eures eigenen Palastes an den Ozean verfüttern.«
Ein leichter Windzug durch die Turmfenster. Flackernder Lampenschein, hüpfende Schatten.
»Interessant.« Jhiral löste sich von der Sessellehne und richtete sich auf. »Natürlich glaube ich keinen Augenblick, dass du das tun würdest.«
»Meine Loyalität ist dort, wo sie
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