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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Aber …
    Ringil erinnert sich, spürt, wie er bei der Erinnerung erschlafft. Die Arme der Kreatur, die beiden, die sich knapp unterhalb der Schulterblätter wie Haken eindrücken und nach oben reißen.
    Die zischende Stimme.
    Es würde mir gar nicht gefallen, dich zu zerreißen. Du bist sehr vielversprechend.

    Und jetzt ist es Hjel gelungen, sich umzudrehen, und er sieht den Ausdruck auf Ringils Gesicht. Die Lust flattert davon, ist verschwunden wie Mandolinentöne im Dunkel. Er bemüht sich um ein verzerrtes Lächeln, und allein dafür möchte Ringil weinen und ihn fest an sich drücken.
    »Geschenke an der Wegkreuzung sind nicht billig«, sagt Hjel ruhig. »Alle müssen zahlen. Und die meisten von uns genesen mit der Zeit.«
    Ringil schüttelt den Kopf. Der Mund fest geschlossen – Worte fallen schwer. Er zwingt sie heraus.
    »Ich habe nicht gezahlt.«
    Hjel streckt die Hand aus, nach dem harten, ungeduldigen Gerangel auf einmal ganz zart. Er berührt Ringil an der Wange, streicht ihm über das Kinn.
    »Vielleicht hast du zuvor schon bezahlt«, sagt er. »Oder du wirst es noch, später.«
    Ringil versucht zu lächeln. »Was hätten sie mir sonst nehmen können?«
    Aber Hjel legt ihm bloß rasch die Finger auf die Lippen, als wollte er die Worte darunter versiegeln, und zieht Gil wieder in die Schatten auf dem Zeltboden zurück.
     
    Langsamer dieses Mal.
    Ringil wendet die Kniffe an, die er bereits aus seinen anderen, noch zu geschehenden Paarungen mit dem Prinz der Habenichtse kennt, die Dinge, die Hjel gefallen. Wenn er mit Zähnen und Zunge so drückt wie jetzt, wird sich der Prinz winden wie eine abgetrennte Schlange, die eindringenden Finger machen das, und da versteift er sich und stöhnt auf …
    Er versteht jetzt, dass Hjel am Schluss der ersten Begegnung mit ihm ein ähnliches Vorauswissen gehabt haben musste wie
er selbst. Und deswegen vertraut er sich dem anderen Mann wesentlich stärker an, als er es sonst vielleicht getan hätte, er öffnet ihm die Tore zur eigenen Verführung mit einer Hingabe, die zumindest zur Hälfte eine gerissene Investition in seine eigene zukünftige Lust ist.
    Und die andere Hälfte ist vielleicht die Einsicht, dass dies, dies alles, nicht von Dauer sein kann.
    Als er Hjel schließlich von hinten nimmt, geschieht es fast sanft, und trotzdem kommen beide binnen Sekunden. Mit zusammengebissenen Zähnen bockt der Magier ächzend unter ihm wie ein ungezähmtes Pony. Hjels dünner Schwanz pulsiert plötzlich glitschig in seiner Hand.
    Die Zuckungen lassen nach, und da schlingt Ringil die Arme fest um den Leib des anderen Mannes, zieht ihn eng an sich und drückt das Gesicht fest an das Narbengewebe auf Hjels Rücken. Schließt die Augen für eine ach so kurze Flucht.
    Etwas zum Festhalten.

24
    Die Liste war kurz:
     
    Andal Karsh
Mahmal Shanta
Yilmar Kaptal
Nethena Gral
Shab Nyanar
Jhash Oreni
Klarn Shendanak
     
    »Weißt du, man hätte glauben sollen, dass wir wesentlich mehr reiche Scheißkerle in einem Reich haben, das die ganze bekannte Welt umspannt«, meinte Jhiral verbittert, nachdem sie fertig waren. Er beugte sich im Lampenschein über den Schreibtisch zu ihr und funkelte das Pergament und die Namen darauf an. »Ich habe bestimmt fünf Mal so viele königliche Freibriefe ausgegeben, und ich sitze erst seit zwei Jahren auf dem Thron.«
    »Reich und bereit, diesen Reichtum aufs Spiel zu setzen«, erinnerte ihn Archeth und sank in den Schreibtischstuhl zurück, die Schreibfeder noch in der Hand. »Eine solche Kombination erleben wir heutzutage nicht sehr häufig.«
    »Na ja …« Der Imperator gestikulierte. »Der Krieg.«

    »Ja, Mylord. Der Krieg.«
    Bei Hofe war das so etwas wie ein Totschlagargument geworden, ein glattes Drücken vor der Verantwortung für Fehlschläge, die so unterschiedliche Ereignisse umfassten wie geringere Ernteerträge, Überfälle auf die Ostprovinzen und sogar die Instandhaltung des Straßenpflasters in den ärmeren Vierteln der Stadt. Der Krieg, Mylord.
    Manchmal traf es sogar zu.
    Und manchmal nicht. Der Krieg und die anschließenden spekulativen Scharmützel mit der Liga mochten die Reihen von Yhelteths risikofreudigen Adligen dezimiert haben, aber es waren Jhirals Säuberungen und Ernennungen nach der Thronbesteigung, die für die gegenwärtige missliche Lage verantwortlich waren. Die Besessenheit des Imperators von persönlicher Loyalität machte zurzeit eine kriecherische Vorsicht in Wort und Tat zu einer notwendigen

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