Das kalte Schwert
immer gewesen ist, Mylord, wie die Loyalität meines Volkes stets dem Ewigen Thron und der Ausbreitung der yheltethischen Zivilisation gegolten hat. Ich werde tun, was ich zu tun habe, um diese Treuepflicht zu wahren.«
»Na, das ist doch mal sehr edel, Archeth.« Aber sie ließ sich von der Leichtigkeit seines Tonfalls nicht täuschen. Erkannte den winzigen Kratzer ganz hinten in seiner Stimme. »Obwohl wir vielleicht einen Weg finden können, dass du nicht zum Mörder deines Freundes werden musst.«
Sie hob den Kopf. Bemühte sich, nicht die Luft anzuhalten. Jhiral beobachtete sie ein paar Augenblicke lang, dann trat er um den Sessel herum und ließ sich erneut darauf nieder.
»Also gut. Für den Augenblick ist Shanta dein Problem. Halte ihn am Zügel, und ich sorge dafür, dass die Sache nicht weiter verfolgt wird.«
»Vielen Dank, Mylord.«
Er stemmte wieder den Stiefel gegen die Seite des Schreibtischs. Sie spürte, wie das schwere Holz quietschte und sich verschob. Er zeigte mit einem Finger auf sie. »Aber: Wenn ich weitere ungesunde Gerüchte über die Gilde der Schiffsbauer
höre, werde ich nicht bis zum nächsten Frühjahr warten, um zu sehen, ob du den Mumm hast, ihn für mich über die Reling zu schubsen. Er wird unseren tentakelbewehrten Freunden aus Hanliagh einen Besuch abstatten, genau wie alle anderen auch. Ist das klar?«
»Wie Kristall, Mylord.«
Jhiral knurrte. »Shanta kann sich glücklich schätzen. Vielleicht wäre es die Sache wert, dafür zu sorgen, dass er es auch begreift.«
»Ich werde morgen mit ihm reden, Mylord. Ich möchte unbedingt so bald wie möglich loslegen. Das Frühjahr kommt schneller, als man denkt.«
»Ja.« Der Imperator sackte tiefer in seinem Sessel zusammen. Er schien regelrecht durch sie hindurchzusehen, an irgendeinen anderen Ort. »Hoffen wir bloß, dass wir alle durch den Winter kommen, ohne dass etwas anderes in dieser erbärmlichen, bescheidenen Stadt vom Zaum bricht.«
25
Beim erneuten Erwachen fiel ein blasses, pergamentfarbenes Licht durch die Zeltwände herein, und draußen scharrte dumpf der Wind.
Hjel war verschwunden.
Wie alle anderen Idioten hier in der Gegend.
Aber der Gedanke war oberflächlich und dieses Mal nicht in der Wahrheit verwurzelt. An allem rings umher haftete eine kalte Unmittelbarkeit, die sich nicht wie die grauen Orte anfühlte. Ringil schob einen Berg Decken beiseite, roch den säuerlichen Duft des anderen Mannes auf dem Bettlaken darunter und spürte eine schwindende Wärme. Er tapste in dem engen Raum umher und suchte seine Unterwäsche. Sein Blick fiel auf den Rabenfreund, der achtsam zur Seite gelegt worden war, wo die Leinwand knapp über dem Boden endete.
Die Klinge war aus der Scheide gezogen, eine Handbreit, als hätte sie jemand herausholen wollen und es sich dann anders überlegt.
Stimmen von draußen. Die sich anhörten, als wollten sie das Lager abbrechen.
Ringil fand Unterhosen und Hosen und zog beides an, sich drehend und windend. Er schlug den Zelteingang beiseite und spähte hinaus. Mitglieder des wandernden Hofs gingen hin und
her, jemand schürte das Feuer. Der Duft von gegrilltem Speck und Bohnen schlug ihm ins Gesicht. Er kämpfte sich in die Höhe und in den Tag hinaus und blinzelte im Licht.
»Morgen.« Eine muntere, leicht schelmische Stimme. Eine Frau, das Gesicht vage vertraut aus der Nacht zuvor, sah ihn auf ihrem Weg zum Feuer grinsend an. »Frühstück gefällig?«
Er folgte ihr, während er sich das Hemd in die Hose stopfte, und kümmerte sich nicht weiter um seine Stiefel. Ein paar andere vertraute Gesichter am Feuer sahen von ihren Tellern hoch und nickten freundlich. Er erinnerte sich daran von seiner letzten Zeit bei Hjels Volk, an die Verwunderung darüber – kein Geflüster hinter vorgehaltener Hand, kein empörter Tonfall, keine anklagenden Blicke, kein echtes Interesse über eine grundsätzliche Neugier wegen seines Erscheinens in ihrer Mitte hinaus. Allen war es gleichgültig. Sie waren zu sehr von ihrem eigenen Leben erfüllt, um ein Urteil über das Leben der anderen zu fällen. Es war eine Andersartigkeit, ein Zauber, der ebenso umwerfend war wie das Ikinri ’ska.
Ringil ließ sich am Feuer nieder, und jemand reichte ihm einen gehäuft vollen Teller. Er tunkte Brot in die Bohnen, kaute und bemerkte plötzlich, wie hungrig er war.
»Gut, raus zu sein, hm?«
Es war der Mann rechts von ihm – Ringil erkannte in ihm Cortin wieder, den letzten Mann, der vergangene Nacht zu Bett
Weitere Kostenlose Bücher