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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Überraschung – eine solche Kraft hatte er nicht erwartet. Egar blieb kaum Zeit für Mitgefühl. Aufbrüllend stieß er wie mit einer Pike nach den Knien des Dwendas. Das blaue Feuer flackerte nur noch sporadisch, sie standen jetzt einer Gestalt aus Dunkelheit gegenüber, umrahmt von zuckenden Blitzen, trotz allem jedoch geformt wie ein Mann.
    Und einen Mann, nun ja – einen Mann kannst du immer töten.
    Der Dwenda kreischte ihn an, übersprang den Stich und zog die Schwertklinge auf Kopfhöhe durch die Luft. Egar stolperte
zurück und spürte dabei einen Luftzug an seiner Wange vorübersausen. Er bewegte sich nach außen, weg von Harath, wir müssen versuchen, diesen Mistkerl in die Zange zu nehmen. Der Dwenda fiel katzengleich herab. Mit einem leisen Knirschen berührte er den staubigen Boden. Er trug denselben glatten, konturlosen Helm, den Egar in Ennishmin gesehen hatte, und er drehte ihn jetzt suchend hin und her, wie der stumpfe Kopf einer Schnecke, die eine Bedrohung entdeckt hatte. Derselbe einteilige Anzug aus etwas, das wie glänzendes Leder aussah, jedoch – Egar wusste es aus eigener blutiger Erfahrung – scharfen Waffen widerstand wie ein Kettenhemd.
    »In die Zange nehmen, den Scheißkerl!«, brüllte Harath, als hätte er selbst gerade an diese Taktik gedacht. Und warf sich nach vorn.
    Der Dwenda wirbelte herum, um dem Angriff zu begegnen. Ein Klirren ertönte, als das Schattenschwert und die Klinge am Ende der Stablanze aufeinandertrafen, gefolgt von einem Knurren des Ishlinaks, der den Aufprall heftig spürte. Dennoch sprang er zurück und fing das Schwert mit hoch erhobener Spitze ab. Egar erkannte die Gelegenheit, stürzte sich darauf und rannte brüllend hinzu. Er gab sich nicht mit den Klingen ab, sondern hielt stattdessen den Stab in Brusthöhe vor sich. Der Dwenda musste den Angriff gespürt haben, aber Harath hatte ihn genügend beschäftigt. Ein verzweifelter Tritt zur Seite, um Egar zurückzuhalten. Der jedoch hatte sämtliche Kräfte in den Sturmangriff gelegt, und der Dwenda erreichte sein Ziel nicht. Zwar bekam der Drachentöter den Tritt in den Bauch und hätte sich unter dessen Gewalt fast übergeben, aber er ließ sich davon nicht aufhalten. Er prallte mit dem Dwenda zusammen, und beide gingen zu Boden. Ein schlanker Arm in Schwarz peitschte vor und wollte Egar an die Kehle – er schlug ihn mit einem
Lanzenhieb beiseite. Der Dwenda kreischte schrill. Es war ein Schrei, den Egar kannte, es war Entsetzen, und sein Herz füllte sich mit Freude. Er erstickte ihn mit seinem Gewicht. Ein Schwertknauf traf ihn an der Niere – die Welt um ihn her geriet ins Wanken, kleine Lichtpunkte tanzten in der Dunkelheit, er zog stotternd die Luft ein und schrie den stumpfen Kopf unter sich an: »Oh, du Schwein!«
    Er hob eine Faust, aber währenddessen trat Harath heran und trieb dem Ding die Stablanze durch die Kehle. Ein wildes Gebrüll aus vollem Hals lag hinter dem Stoß. Er verdrehte die Klinge und legte sich mit dem ganzen Gewicht darauf. Der Dwenda kreischte erneut, zitterte und zappelte wie ein Fisch am Haken und …
    Lag still da.
    Blut quoll unter dem Hals hervor. Egar roch den würzigen fremdartigen Geruch, als er sich mühsam von dem Leichnam erhob.
    »Nett«, krächzte er und wäre fast wieder gestürzt. Harath streckte den Arm aus und hielt ihn fest.
    »Hee, hee, mein Alter.« Tief Luft holen. »Was war das denn, verdammt?«
    Egar schüttelte sich wie ein Hund. »Erzähl ich dir später. Komm schon, da sind noch mehr von denen. Verschwinden wir von hier.«
    Er sah sich nach dem Mädchen um, das sich an die Wand gedrückt hatte und sich den Mund zuhielt, um einen Schrei zu unterdrücken. Dass sie keinen Laut von sich gegeben hatte, musste man ihr wohl zugute halten. Es passte. Du warst ein Sklave, du lernst möglichst rasch, die Stimme nicht zu erheben oder deine Gefühle auszusprechen. Du hast gelernt, wie wenig sie zählen, wie wenig es dir über den Schmerz hinaus einbringen würde.

    Er nahm die Stablanze in die eine Hand und packte das Handgelenk des Mädchens mit der anderen. Grinste leicht verrückt, noch knallrot im Gesicht. Sie starrte ihn über die Hand hinweg mit großen Augen an, in denen eine Furcht stand, die ihm zu umfassend war, als dass ihm wohl dabei gewesen wäre. Einen schizophrenen Augenblick lang sah er sich durch ihre Augen – ein Hüne, grimmig, zerzaustes Haar, gebleckte Zähne, der hingestreckte Leichnam ihm zu Füßen.
    »Sterben genau wie Männer,

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