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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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spürte den kommenden Axthieb in den Nackenhärchen. Er stieß mit der Lanze hinter sich und musste sich nicht umschauen, damit er wusste, dass er auch diesen Angriff abgewehrt hatte. Er spürte den Dwenda stolpern, hörte sein wütendes, katzengleiches Fauchen.
    Ein Lächeln, das Lächeln beim Zweikampf, erfasste seine
Mundwinkel. Die berserkerhafte Wut regte sich jetzt auf dem mit Stroh bestreuten Käfigboden seines Bewusstseins.
    Sie umkreisten ihn, und er stand da und beobachtete sie, drehte sich nur so weit, wie es sein musste, dass er sie im Blick behielt. Die Lanze hielt er schräg, locker mit beiden Händen umfasst. Es war das vertraute Gefühl einer alten Geliebten unter seinen Händen. Er war der Angelpunkt der Windmühle im Herzen der Welt, wenn sie sich drehte, die Spindel einer verheißenen, anschwellenden Wut.
    Seine Lippen öffneten sich zu einem Grinsen mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Dann kommt her! Kommt!«
    Am äußersten Rand seines Blickfelds raste der Axtkämpfer heran. Gut gemacht, er verfehlte seinen blinden Fleck nur knapp. Er stieß tief zu, in der Hoffnung, einen Fuß aufzuspießen, den Scheißkerl zumindest ins Stolpern zu bringen. Halte das andere Ende des Stabs hoch, weil …
    Unter schrillem Gekreisch sprang ihn der andere Dwenda an, über Kopfhöhe.
    So etwas hatte er früher schon gesehen. Dennoch jagten ihm das Geschrei und die schattenhafte, scheinbar fliegende Gestalt einen eisigen Stachel durchs Herz. Er stieß aufwärts, hielt die Lanzenklinge fast senkrecht. Die Schwertkante pfiff ziemlich weit an ihm vorbei. Aber unmittelbar darauf folgte ein schwarzer Stiefel und erwischte ihn an der Schläfe. Er wankte. Sah Sterne. Spürte den Axtkämpfer erneut auf ihn zuspringen und musste die Lanze zur Abwehr schwingen.
    »Skaranak! Es ist unten!«
    Aber über seine Lippen trat jetzt ein unheimliches Stöhnen, während er mit der Lanze blockte und die Axt zurückschob. Der menschliche Ruf kam scheinbar aus einem anderen Raum, von
irgendwoher ganz weit weg unter dem Tempeldach, und kam ihm ohnehin ziemlich sinnlos vor.
    »Hm?« Er merkte, dass er das Ding ihm gegenüber anknurrte. »Was?«
    Die Zeit erstarrte. Axtstiel und Lanzenschaft rieben sich aneinander, hin und her. Er schätzte, dass er zwanzig Kilo mehr aufzuweisen hatte als der Dwenda, aber der trieb ihn immer weiter zurück. Und der andere wäre jede verdammte Sekunde über ihm …
    Er tauchte jäh ab und ließ den Lanzenschaft wild auf eine der Hände hinabsausen, welche die Axt hielten. Der Dwenda stieß einen schrillen Schrei aus und wich einen Zoll zurück. Jauchzend nutzte Egar den Raum, um sich zu drehen, und legte sein ganzes Gewicht in den Stoß. Der Dwenda taumelte zur Seite und wäre fast gestürzt. Auf seiner anderen Seite regte sich ein Schatten. Aber jetzt schwoll das Stöhnen auf Egars Lippen zu etwas anderem an, etwas Heraufbeschworenem. Er hörte den eigenen Herzschlag in den Ohren dröhnen und spürte ihn unter den Schlüsselbeinen wie das Beben des Grunds in An-Monal. Er fuhr zu der neuen Bedrohung herum und riss die tiefer liegende Lanzenklinge zurück, um seinem wankenden Gegner die Achillessehne zu durchschneiden. Er spürte, wie sie tatsächlich etwas durchschnitt, hörte das Gekreisch und heulte seine Antwort der Decke entgegen.
    »Egar! Weg hier!«
    Keine Zeit, keine Zeit, verdammt! Die Schwertspitze fuhr herab  – so dicht an seiner Haut vorbei, als er den Hals wegdrehte, wie bei seiner letzten Rasur die Klinge, würde er später schwören. Und der zweite Dwenda, er war ein flackernder Dämon aus einem Fiebertraum. Egar schlug zu und spürte den Berserker in sich durchbrechen, und er schrie und heulte jetzt aus vollem
Hals. Vage merkte er, dass ihm das Schwert des Dwendas einen Oberschenkel aufriss – jähe Hitze, gekommen und gleich wieder vergangen. Es spielte keine Rolle – Harath, das Mädchen, der unbestimmte flüsternde Gedanke an ein Seil, nichts spielte eine Rolle, er konnte hier sterben, verdammt noch mal, das wäre völlig egal, so lange er diese beiden ausweidete, diese ersten …
    Er schlug erneut zu. Klirren von Klingen, blaues, funkelndes Feuer. Heulen!
    Der Axtkämpfer nahm wieder am Kampf teil, humpelnd, jedoch nach wie vor schnell. Es spielte keine Rolle. Er wirbelte die Stablanze vor sich herum, trat heran, erhielt den einen oder anderen Schlag auf die Schulter, heulen, heulen, heulen, antreiben und juchzen und zuschlagen …
    Die Dwendas, die ihn jetzt in die Zange

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