Das kalte Schwert
nahmen …
»Egar!« Haraths weinerliches, verdammtes, ishlinakisches, schwules Gekreisch …
Spielte keine Rolle, keine verdammte …
Ein Axthieb. Der Kuss des Schwerts. Er saugte es ein, watete hindurch. Wirbelte herum und schlug zu. Irgendwo blutete er, aber war das nicht der ganze verdammte Sinn und Zweck …
Etwas veränderte sich.
Wie ein Sturz in eiskaltes Wasser, wie der Atem eines Geistes. Etwas krachte von der Decke. Er erhaschte einen knappen Blick darauf – ein gewaltiger Block geformten Steins fiel herab, eine der gemeißelten Hände von Uranns Statue. Sie zersplitterte beim Aufprall auf den staubigen Grund.
Die Dwendas sprangen zurück.
Alle beide, wie Katzen, die mit kochend heißem Wasser übergossen worden waren. Obwohl der Steinblock weit entfernt von ihnen heruntergekommen war. Aber die Luft, die Luft war eisig, und …
»Das Seil, Egar! Schnapp dir das verdammte Seil!«
Und alles war wieder lebendig, wie die Tür zu einem erleuchteten Raum, die sich am Ende eines Korridors schloss. Er sah das Seilende, das sanft hin und her schwang, sechs Meter links von sich. Schleuderte die Stablanze auf den Dwenda, der ihm am nächsten stand, und jagte schnurstracks darauf zu.
»Mach schon, um Uranns willen!«
Er packte das Ende des Seils und zog sich hoch. Die Nachwirkungen des Kampfs packten seinen Magen wie eine jähe Übelkeit. Taubheit im Oberschenkel. Klettern, du verdammter Idiot, klettern! Er kletterte mit der Schnelligkeit langer Übung, Hand über Hand, wobei er sich durch den Schwung hin und her drehte. Erhaschte verwirrende Ausschnitte dessen, was unter ihm war – die Dwendas, nach wie vor dort, die stumpfen Helme zu ihm hochgeneigt, weiche Wolken weißen Steinstaubs, der in der Düsternis umhertrieb, frisch zerschmetterte Steinbrocken, weitere Gestalten in den tieferen Schatten dahinter, hartes, unmenschliches Gekicher …
Klettern, klettern!
Er erreichte den gezackten Riss im Dach keuchend und schnaufend wie ein altes, zu heftig angetriebenes Pferd. Seiner Verletzungen war er sich nur vage bewusst, und dann sickerte langsam die Erkenntnis in ihn ein, wie knapp er entkommen war. Hände packten ihn, zogen ihn ganz aus dem Loch. Er wälzte sich auf den kühlen Stein, sah zum sternenübersäten Himmel und zum weiß gefleckten Schlitz des Bands auf. Blinzelte die letzten Reste der berserkerhaften Wut davon, die wie die Schlüssel eines Gefängniswärters an ihm baumelten.
Das Gesicht des Mädchens hing über ihm, versperrte einen Teil des Himmels und spähte auf ihn herab. Ein hübsches Gesicht, registrierte er.
»Verdammter Drachentöter, nicht wahr?«, fauchte Harath wütend und rollte das Seil zusammen. »Lässt sich für einen verfluchten Sklaven umbringen? Was ist – meinst du, Ast’naha stellt bereits das Bier bei Uranns Fest im Himmelsheim hin? Du hörst schon ein Donnern da oben, Alter? Mach schon, steh auf! Wir sind noch nicht draußen.«
Egar gestattete sich noch einen Atemzug im Liegen. Einholen und halten, loslassen. Drehte sich um, stand auf und sah sich um.
Sie waren allein auf dem Dach. Kein Anzeichen, dass Alarm geschlagen worden war, weder hier noch weiter weg. Das Schmeicheln einer Brise – er roch den feuchten Geruch des Flusses darin, die blühenden Gräser entlang der Ufer. Erblickte den schwachen, weißen, gebrochenen Schimmer von Bandlicht auf dem Wasser sowie den rot-gelb verschwommenen Glanz der Lichter aus der Stadt im Westen.
Die kühle, dunkle Stille rings umher – ein verwirrender Schock nach dem Kampf unten.
»Na gut«, sagte er etwas zittrig. »Dann sehen wir mal, ob unsere Mitfahrgelegenheit noch da ist.«
Ohne weiteren Zwischenfall gelangten sie die Mauer herunter. Zunächst ließen sie das Mädchen in der Schlinge hinab, befestigten dann das Seil oben und glitten ihr rasch nach. Keine Zeit für Vorsicht und keine Handschuhe – die Schadensliste dieser Nacht konnte um versengte Handflächen erweitert werden. Sie standen ein paar Augenblicke mit gezückten Messern da, links und rechts neben dem Mädchen. Aber von einer nächtlichen Patrouille war weit und breit nichts zu sehen.
»Inzwischen sind alle drinnen«, vermutete Harath. »Kehren das Unterste zuoberst, sehen nach, was da gerade passiert ist.«
Egar nickte wortlos – noch außer Atem von den Strapazen. Nach wie vor überlegend, was mit ihm selbst passiert war. Harath tippte mit der Messerspitze an das herabhängende Seil, die instinktive Sparsamkeit des Viehhirten
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