Das kalte Schwert

akzeptierte und sog tief ein.
    »Ihr seid …« Angestrengt, mit angehaltenem Atem. »Zu freundlich.«

    Sie schüttelte den Kopf, umkränzt von ausgestoßenem Rauch. »Es sind Eure Vorräte. Ich fand sie unter Euren Sachen.«
    Einen einzigen Herzschlag lang begegnete sie schweigend seinem Blick und öffnete weit die Augen um Pupillen, die bereits groß und schwarz waren. Dann brach sie in Gelächter aus.
    Das Schiff stieß fest gegen das Drachentreibgut. Ringil hörte das unheimliche Quietschen der Wedel an den Holzplanken. Mannschaftsmitglieder kamen zuhauf, stellten sich wieder an die Reling und reckten die Hälse, damit sie sehen konnten, was sie da gefunden hatten. Jemand schrie nach Bootshaken – die Stimmen klangen jetzt fern, als sich das Krin in seinem Schädel entzündete wie ein kaltes Feuer.
    »Ah, der Kapitän.« Quilien deutete mit ihrem Joint auf eine große, reich gekleidete Gestalt, die über das Deck herankam. Bei der Bewegung verloren sich Rauchkringel in der Dunkelheit. »Da seid Ihr ja! Und wie Ihr sehen könnt, ist unser Rekonvaleszent, unser geheimnisvoller Mann, wach und wohlauf. Fehlt eigentlich nur noch die formelle Vorstellung.«
    Der Kapitän verneigte sich etwas schroff.
    »Dresh Alannor, Herr und Kommandant des Schiffs Berühmter Unerwarteter Sieg.«
    »Äh, ja.« Alannor. Schiffsadel aus den Niederungen. Verdammt! Das Krinzanz tat seine Wirkung, ölte seine Erwiderung und legte ihm eine leichtere Variante des stockenden yheltethischen Akzents auf die Lippen. »Laraninthal von Shenshenath. Vormals imperialer Heerbann.«
    »Wirklich?« Entweder glaubte ihm Dresh Alannor nicht, oder Imperiale waren ihm ziemlich gleichgültig. Aber er wahrte seine tadellose Haltung. »Dann ist es uns eine Ehre, Euch an Bord zu haben, Sir. Es freut mich, dass es Euch besser geht. Mylady, habt Ihr vor, das Treibgut zu betreten?«

    Quilien sah Dresh Alannor durch den Rauch an, den sie gerade ausstieß. Etwas schien sie zu belustigen.
    »Ich suche keinen Nervenkitzel, Kapitän. Ich wünsche bloß, einige Proben zu nehmen.«
    »Ich glaube, an Proben wird es keinen Mangel geben.« Alannor nickte sarkastisch zur Reling hinüber, wo die etwas abenteuerlustigeren Mannschaftsmitglieder bereits eine Strickleiter herabließen. »Ihr könnt Drachentreibgut zu einem guten Preis im Hafen verkaufen. Wir bleiben eine Weile hier.«
    »Dann kann ich ebenso gut hinuntersteigen und mich mit Euren Männern auf die Suche begeben.«
    »Das Treibgut wird überspült, Mylady. Und liegt nicht stabil im Wasser.«
    Quilien nahm einen letzten Zug an ihrer Krinzanzzigarette und schnippte sie über Bord. »Kapitän, Ihr habt mich anscheinend missverstanden. Ich suche vielleicht keinen Nervenkitzel, aber ich bin auch nicht völlig hilflos. Ich habe Stiefel, ich habe einen Gleichgewichtssinn. Und natürlich würde ich Euch einladen, mich zu begleiten.«
    Wodurch sich problemlos jeglichen obszönen Neigungen entgegenwirken ließe, welche die Mannschaft da unten vielleicht entwickeln mochte. Alannor schien die Sache nicht zu gefallen, aber er hatte es letztlich mit einem wohlhabenden, zahlenden Passagier zu tun. Er deutete eine weitere Verneigung an.
    »Natürlich, Mylady. Nichts wäre mir ein größeres Vergnügen.«
    Ringil sah ihnen nach und verspürte kurz eine sarkastische Zuneigung zu dem Mann. Schlimm genug, dass die Familie Alannor finanziell so schlecht stand, dass sie nach wie vor ihre Sprösslinge selbst hinaus auf See schicken musste – aber den kleineren Launen anderer Adeliger nachzukommen, die für ihre
Passage bezahlt hatten, war schlimmer, und noch schlimmer war es, dass es Adelige aus der Provinz waren …
    An der Schiffsseite half Alannor seiner Passagierin mit gut geschultem Anstand die Strickleiter hinab. Er warf kurz einen letzten abschätzenden Blick auf Gil und folgte ihr dann.
    Ringil verbarg seine Unruhe hinter der Asche der Krinzanzzigarette, sog tief den Rauch ein und lehnte sich gelassen an die Reling, um nachzusehen, was dort unten geschah. Vom Treibgut her ertönte schrilles Gejohle, als die Matrosen Lady Quilien die Strickleiter herabsteigen sahen – aber es verstummte rasch, als Alannor nach ihr die Leiter betrat.
    Er hatte die Berühmter Unerwarteter Sieg fest im Griff.
    Ringil glaubte nicht, dass Dresh Alannor ihn erkannt hatte – er seinerseits konnte sich nicht daran erinnern, dem Mann jemals unter die Augen getreten zu sein –, aber die Erinnerung ging seltsame Wege, und Ringils Ruhm war in