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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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den Kriegsjahren ziemlich weit verbreitet gewesen. Ganz zu schweigen von seiner frischen traurigen Berühmtheit als Schlächter von Etterkal. Und es ließ sich unmöglich sagen, wie viele Tage die Berühmter Unerwarteter Sieg noch unterwegs wäre. Bei günstigen Winden benötigte ein schnelles Schiff von Hinerion nach Yhelteth keine zwei Wochen, aber er wusste nicht, ob dies ein schnelles Schiff war, vor wie langer Zeit es die Segel gehisst hatte oder welcher Kurs überhaupt vorgesehen war. Es konnte durchaus eine Kreuzfahrt sein, auf der man mal hier, mal dort anlegte. Und wenn die Reise länger dauerte, ließ sich unmöglich sagen, woran Alannor sich vielleicht erinnerte.
    Ringil gestattete sich eine Grimasse. Das war kein gutes Rezept für eine friedliche Rekonvaleszenz.
    Geduld, du Held. Als wäre es eine andere Stimme in seinem Kopf. Eins nach dem anderen.

    Er beherzigte den Rat, woher er auch stammen mochte, rauchte langsam weiter und sah hinab auf das träge schaukelnde Treibgut. Die Gerüche umströmten ihn. Das Krinzanz vollführte seinen gewöhnlichen Trick, wie eine Botschaft auf schwerem Pergament, das sich in dem Raum hinter seinen Augen entsiegelte und entrollte.
    Hast du also irgendwelche Vorschläge, wie wir die Sache handhaben sollen?
    Egar, der durch die hohlen Hände brüllte, während sie nebeneinander über den Felsen in Demlarashan ritten und die flüchtenden Reihen der Reptiliensklaven niedertrampelten. Die Erleichterung über den Wind auf seinem Gesicht, der endlich die mörderische Hitze vertrieb, als er zurückschrie: Es war deine Idee, verdammt!
    Und die fürchterliche, sonnenverbrannte, glänzende Masse des Drachen, der sie bemerkte, sich finster umwandte und sich der neuen Bedrohung stellen wollte. Das Herz schlug ihm bis zum Halse, weil er begriff, dass jetzt endlich das Ende für Ringil Eskiath, genannt Engelauge, kommen konnte.
    Er hatte die einzelnen Bestandteile seiner Ängste an diesem Tag nie richtig auseinanderdividieren können – aber er hatte immerhin verstanden, dass es außer dem Entsetzen vor dem Tod und dem sengenden, brennenden Drachenatem und was er knapp vor dem Tod mit ihm anstellen würde noch etwas anderes gab, etwas weitaus Dunkleres, das nicht gern im Licht betrachtet werden wollte. Etwas, das er an diesem Tag in sich selbst entdeckte, etwas, das auf seinen Ruf hervorkam, sich jedoch nicht so leicht wieder zurückschicken ließe.
    Es war dort in der Galgenschlucht, kreischte beim Angriff im Pass auf die vorrückenden Reptilien aus seinem Mund heraus. Es war bei der Belagerung von Trelayne. Es schrie in ihm, erfüllte
ihn, als sie das schuppige Volk von den Mauern zurückwarfen.
    Kreischend, innerlich, äußerlich. Laut genug schreiend, dass er manchmal glaubte, es müsse ihn zerreißen und das Innere hinauslassen.
    Und manchmal, in seinen dunkelsten Augenblicken, glaubte er, es würde niemals aufhören zu kreischen. Dass er bloß tief in sich selbst einen Kerker gefunden habe, wo er es einsperren konnte, wo es allerdings auf ewig gegen Wände, die das Geräusch dämpften, weiterschreien würde.
    Kreischen.
    Blinzelnd kehrte er in die Gegenwart zurück. Hörte tatsächlich Geschrei, ein wildes Durcheinander aus verzweifelten Rufen da unten auf dem Drachentreibgut. Flackerndes Fackellicht war an einer einzigen Stelle neben dem Schiffsrumpf zusammengedrängt. Aufregung wie beim Kampf durchzuckte ihn, seine Hand war bereits auf halbem Weg zum Rabenfreund. Er reckte den Hals über die Reling und versuchte, dort unten etwas zu erkennen, wo sich die Matrosen zu einem dichten, schreienden Knäuel zusammengeballt hatten.
    Nach all dieser Zeit? Unmöglich. Unmöglich.
    Auf irgendeiner Ebene hatte er es bereits abgetan. Ein Sklave, herausgekommen, oder eine höherrangige Echse, irgendwie noch immer am Leben in diesem unter Wasser stehenden, verfallenden Treibgut, und zufällig gerade dann erwacht, als menschliche Füße darüber hinwegschritten. Es war so etwas wie eine Gruselgeschichte fürs Lagerfeuer, etwas, das einfach nie geschieht …
    Und abgesehen davon, Gil, drängt man sich nicht so unsinnig aneinander, wenn man eine Echse knurrend aus dem Treibgut kommen sieht. Diese Männer würden in alle Richtungen fliehen – diejenigen,
die nicht aufgeschlitzt worden waren, bevor sie die Muskeln aus der ungläubigen Schockstarre lösen konnten.
    Er sah Quilien im Fackelschein abseits der anderen stehen, eine Hand vor dem Mund. Sie schien seinen Blick von der Reling zu

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