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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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innen gedrückt wurde, und bereits gewusst, dass er ihn getötet hatte. Er wünschte, sie wäre nicht
so sichtlich bestürzt darüber. Hätte gut ohne das leben können.
    »Ihr verschwindet besser von hier.« Brinag, neben ihm. »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass wir nicht damit durchkommen, wenn wir diese beiden in den alten Brunnen werfen. Diesmal nicht.«
    »Ja.« Egar warf dem Eunuchen einen Blick zu. »Ich bin dir was schuldig, Brin. Du kommst wieder in Ordnung?«
    »Sie haben mir mit fünfzehn die Eier abgeschnitten«, erwiderte Brinag tonlos. »Was soll schon noch passieren?«
    Egar, der zu seiner Zeit die verstümmelten Feinde der Bergstämme aus Dashara und die Bratgruben des schuppigen Volks gesehen hatte, war der Ansicht, diese Worte bewiesen, dass es Brinag eindeutig an Vorstellungskraft mangelte. Aber jetzt war wirklich nicht die Zeit dafür. Er schlug dem Eunuchen auf die Schulter.
    »Guter Mann! Dann kümmere dich um sie. Schieb mir die Schuld an allem, was nötig ist, in die Schuhe.«
    Brinag erwiderte fest seinen Blick und nickte.
    »Eg?« Imrana war wieder auf den Beinen und wischte sich mit wütenden Strichen der Handfläche die Tränen weg. »Eg, wovon redest du? Was wirst du tun? Du kannst nicht einfach …«
    Er seufzte. »Imrana, sie werden deine Sklaven dem Verhör unterziehen, sie werden herausfinden, dass ich hier war. Und du selbst hast mir gesagt, dass unsere Verbindung in den höfischen Kreisen ein offenes Geheimnis ist. Hanan hat es bestimmt gewusst, hat anscheinend Saril damit konfrontiert, vor wer weiß wie vielen adeligen Zeugen. Du musst mir das anhängen.«
    Sie starrte ihn an. »Nein.«
    »Sei keine verdammte Idiotin, Frau! Sonst heißt es, wir hätten uns verschworen, deinen Gatten zu ermorden, und dafür wanderst du auf den Stuhl. Möchtest du das? Sieh mal – du hast
mich aufgegeben, klar? Deine Liebe zu deinem Gatten ist wieder erwacht. Ich bin wie wild hier hereingestürzt, um dich zu vergewaltigen oder was sonst noch, diese ganze Geschichte von wegen Steppenmajake. Hanan und Saril sind gerade rechtzeitig aufgetaucht, um mich daran zu hindern, aber ich habe sie getötet und bin geflohen. Du bist einfach ein Opfer der dummen Indiskretion eines Adeligen, die viel zu weit geführt hat. Das wird funktionieren, oder? Du hast doch Freunde bei Hof, die dafür sorgen werden?«
    Benommen nickte sie. Er wollte sie in die Arme nehmen, aber sie war immer noch starr vor Entsetzen, also begnügte er sich damit, ihr mit einem rauen Daumen über die tränenbeschmierte Wange zu streichen.
    »Dann muss es so sein, Imrana.«
    »Aber sie … sie werden dich jagen!«
    Er schnaubte. »Ja, sie werden’s probieren. Ich bin von Steppenghulen und hungrigen Wölfen gejagt worden, Imrana. Ich glaube, ich werde mit der yheltethischen Stadtwache zurande kommen.«
    Und einen verrückten Augenblick lang wünschte er sich wieder zurück in die Steppe, zurück unter den prächtigen, eisigen Himmel, mit Stablanze, Axt und Messer zur Hand und nichts Komplizierterem als der Sorge um ein Rudel heulender, hungriger Kreaturen am Horizont, die den zweifelhaften Entschluss gefasst hatten, ein Stück von ihm haben zu wollen.
    Stattdessen …
    Diese verfluchte Stadt.
    Er nickte Brin ein weiteres Mal zu und sah ein weiteres Mal Imrana an, die dort stand. Dann machte er kehrt und begab sich in eben jene Stadt.

31
    Sie konnten das Geschrei bereits aus zwanzig Metern Entfernung hören. Ringil ging mit Archeth den Korridor mit seinen Nischen und Säulen entlang und warf ihr einen Blick zu. Sie verzog das Gesicht.
    »Schlimmer, als du gedacht hättest?«, fragte er sie.
    »Ja.« Aber dann zuckte sie die Achseln. »Nein. Nein, vermutlich nicht.«
    »Verdammte Kaufleute, hm?«
    »Ihr bleibt auf euren Plätzen!«, klang es in voller Lautstärke durch die Tür. Eine junge, unreife Stimme, die sich in einem Befehlston versuchte, jedoch nicht so recht die dazu nötige Schärfe aufbrachte. Ringil vermutete, dass es Noyal Rakan war. Er hatte den jungen Hauptmann vom Ewigen Thron Anfang der Woche belauscht und musste Shanta recht geben. Er war nicht der Mann für diese Tätigkeit.
    Obwohl, knackiger Arsch.
    Sie erreichten die Tür. Standen wortlos da und sahen einander an. Im Raum tobte der Sturm weiter, und Rakans Versuch, die Auseinandersetzung zu beenden, wurde bislang von den Wogen des Aufruhrs überrollt. Eine Bassstimme mit schwerem Akzent trampelte die Befehle des Hauptmanns vom Ewigen Thron nieder. Im Hintergrund

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