Das kalte Schwert
verfluchten Namen von Vettern zurück wäre, denen man sein Leben anvertrauen könnte, würde er ihn …
»Kommandant Rakan vom Ewigen Thron für Euch, Mylord.«
»Oh.« Er sah Archeth an, die bloß die Achseln zuckte. »Dann na gut. Bring ihn rein!«
»Er hat gesagt, er würde im Hof auf Euch warten.«
»Im Hof?«
Nicht, dass das eine unangenehme Aussicht gewesen wäre. Archeths Haus war wie die meisten Herrschaftshäuser auf dieser Seite des Boulevards im traditionellen yheltethischen Stil errichtet, quadratisch wie eine kleine Festung. Hohe Mauern und zweigeschossige Bauten um einen weiten offenen Platz, der in alten Zeiten als Schutzraum für das Vieh vor Dieben und Wölfen gleichermaßen gedient hatte. In seiner städtischen Variante war er gepflastert und mit drei dekorativen Springbrunnen ausgestattet. Auf der Stallseite – ein leises Echo der Tradition – gab es Pferdestangen und Wassertröge, aber sonst prunkte das Innere des Hofs mit Steinbänken unter Markisen und Pergolen, an denen sich karminrote Kriechpflanzen emporrankten.
Unter einer der letzteren entdeckte er den wartenden Noyal Rakan. Der junge Kommandant zeigte sich in vollem Glanz der Ausgehuniform des Ewigen Throns und trug dazu ein Schwert, das mehr zum Kampf als zum Repräsentieren taugte, und er gab, um die Wahrheit zu sagen, insgesamt eine ziemlich einnehmende Figur ab. Aber die Haltung des jungen Mannes, bemerkte Gil, als er und Kefanin näherkamen, entsprach nicht der imperialen Ausstattung. Nein, Rakan stand unentschlossen da und
starrte zu Boden, wie eingeklemmt zwischen den Lichtstrahlen, die durch das Laubwerk fielen. Beim Geräusch ihrer Schritte auf den Pflastersteinen drehte er sich linkisch um und streckte die Hand mit einer Herzlichkeit aus, die Gil für gespielt hielt.
»Kommandant Rakan.« Ringil ergriff die Hand und bemühte sich, dem Gesicht des jüngeren Mannes, das vom Sonnenlicht gestreift war, etwas zu entnehmen. »Welchem Umstand habe ich diese Ehre zu verdanken?«
»Die Ehre ist ganz meinerseits.« Rakan brachte ein Lächeln zustande, das eher erschrocken wirkte. »Unter einem solchen Kommandanten zu dienen, ist …«
Die Worte erstarben.
»Schwierig?« Ringil ging aufs Ganze. »Ärgerlich? Macht Euch deswegen keine Sorgen. Ich bin selbst mehrmals auf solche Weise in den Hintergrund gedrängt worden, und einmal sogar von einem richtigen Arschloch. Tut anfangs etwas weh, aber nach einer Weile werdet Ihr einsehen, dass ich Euch einen Gefallen erweise.«
Die Augen des Mannes vom Ewigen Thron wurden groß. »Nein, Mylord. Ich habe einzig und allein Respekt vor Eurem Werdegang und Ruf.«
Die Worte trockneten in der sonnenhellen Luft. Ringil war verblüfft. Rang um Fassung.
»Na ja, das … lässt darauf schließen, Kommandant«, er leckte sich die Lippen, um ein Lächeln zu verbergen, bei dem er sich plötzlich ertappte, »dass Ihr sehr wenig von mir gehört habt.«
»Ich hole eine Limonade«, sagte Kefanin hastig und verschwand.
»Ich habe von der Galgenschlucht gehört«, sagte Rakan mit seltsam ruhigem Eifer. »Und ich habe auch von Beksanara gehört. Ich kenne Männer und habe mit ihnen gesprochen, die
unter dem Kommando meines Bruders standen und die gesehen haben, was Ihr dort getan habt.«
Galgenschlucht, Beksanara. Die Belagerung von Trelayne. Du sammelst die Namen wie Schmutz unter deinen Fingernägeln und kriegst sie nicht mehr raus.
Und alle jungen Männer treten in Reih und Glied an und bewundern die verdammten Dinger.
Ringil unterdrückte sein Lächeln. Er räusperte sich und winkte zur nächsten Bank hinüber. »Sollen wir uns, äh, setzen?«
»Ja. Gern.«
Sie ließen sich an den entgegengesetzten Enden der Bank nieder. Rakan streckte sich lang aus, die schlanken Beine in Kavalleriestiefeln, und lehnte sich zurück. Gil spürte jäh einen beschleunigten Herzschlag in seiner Kehle pochen. Zuvor waren ihm die Hinweise entgangen, er hatte in ihnen, wenn überhaupt, die manierierte Lässigkeit gesehen, welche die yheltethische Oberklasse als Beweis ihres überlegenen Stands zur Schau zu stellen pflegte. Jetzt jedoch dämmerte ihm verspätet, dass der Kommandant vom Ewigen Thron Noyal Rakan sich zumindest auf eine Weise sehr von seinem älteren Verwandten unterschied.
»Tut mir sehr leid mit Eurem Bruder«, sagte er linkisch. »Er war ein guter Soldat.«
»Und Ihr habt ihn in einen …« Der jüngere Rakan schluckte. »Guten und ehrbaren Tod geführt. Zur Verteidigung des Reichs gegen das
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