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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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verfehlte seine Kleidung, und der Hüter ging um sich schlagend und gurgelnd zu Boden. Auf Händen und Knien versuchte er, davonzukriechen. Gil folgte ihm vorsichtig, um sicher zu gehen. Der sterbende Mann kam ein paar Fuß weit
über den blutgetränkten Seidenteppich, sank dann wimmernd zu Boden und verblutete schließlich.
    Ringil überprüfte sich ein weiteres Mal auf Blut, kniete sich hin und säuberte den Dolch an einer Ecke des luxuriösen Teppichs. Kehrte auf die Ebene über der Wohnung zurück und ging den Korridor bis zum Ende, ohne eine weitere lebendige Seele zu hören oder zu sehen. Das Glück hielt anscheinend an. Dieser Hauch von dunklem Hof – offenbar hatte er Lady Firfirdar an diesem Abend in der Westentasche stecken. Fackeln knisterten in ihren Halterungen zu beiden Seiten, irgendwo sehr weit entfernt hörte er den Wind durch ein Fenster oder eine Ritze pfeifen. Das Ikinri ’ska kicherte und wogte in ihm. Er erreichte Menkaraks Tür, sah das Symbol des Buchs mit dem Taubenflügel darauf und das Zepter ins Holz geschnitten und klopfte laut.
    Es folgte eine lange Pause, dann hörte er leise Schritte aus der Wohnung.
    »Ja. Wer ist da?« Die Stimme verwirrt und zögernd. »Es ist nicht die Stunde für …«
    »Eure Heiligkeit, es ist ein Notfall! Der Palast ist …« Ringil gelang eine ziemlich gute Imitation der Stimme des wohlgenährten Hüters. Er schluckte. »Seine Eminenz verlangt es nach Eurer Gegenwart, Eurem allerweisesten Rat.«
    »Der Palast hat was?« Der Schlüssel drehte sich, und die Tür schwang auf, obwohl Menkaraks Stimme kaum weniger gereizt klang. »Hör mal, du kannst nicht einfach …«
    Menkarak, in einer schlichten grauen Robe, Hausschuhe an den Füßen. Das Gesicht entsprach genau der Holzkohleskizze. Er sah die schwarz gekleidete Gestalt vor sich groß an.
    »Was …«
    Ringil hieb ihm ins Gesicht, schlug ihn in die Wohnung zurück und folgte ihm hinein. Menkarak stolperte, konnte sich allerdings
auf den Beinen halten. Gil versetzte ihm erneut einen Hieb, und da ging er zu Boden. Ringil schloss die Tür. Ein rasches Umschauen, die Umgebung erfassen – ähnlich der Wohnung, in der er gerade gewesen war, aber weitaus größer. Im Wohnbereich gab es mehrere Fenster, dahinter lag ein Balkon. Lampen brannten in verschiedenen Ecken. Keine Teppiche, über allem hing eine kalte Strenge. Niemand sonst zu sehen.
    Menkarak auf dem Fußboden mühte sich aufzustehen.
    Ringil ging schnurstracks zu ihm, drückte ihm ein Knie auf die Brust und hielt mit dem anderen den umherschlagenden rechten Arm fest. Er packte den Kopf des Mannes, drehte ihn und drückte ihn auf die Dielenbretter.
    »Botschaft vom verdorbenen Abtrünnigen«, sagte er. »Er ist nicht amüsiert. Das ist zu weit gegangen. Natürlich paraphrasiere ich.«
    Er stieß den Dolch in Menkaraks Hals, wo die Arterie pulsierte. Drehte und ruckelte mit der Klinge, um auf Nummer sicher zu gehen. Ein dicker Schwall Blut quoll aus dem Schnitt und spritzte umher. Menkarak klaubte verzweifelt mit dem freien Arm nach ihm, stieß jämmerliche Laute aus, aber seine Gesichtszüge erschlafften bereits. Sein Mund bewegte sich, aber es kamen keine Worte heraus. Sein Atem blieb stehen, seine Augen trübten sich langsam und wurden gleichgültig. Sein Arm fiel herunter, die Fingerknöchel pochten sanft auf die Dielenbretter. Seine Beine traten noch mehrmals aus und erschlafften dann ebenfalls.
    Ringil ging in die Hocke. Betrachtete nachdenklich den Leichnam einen Moment.
    »Da, das war nicht so schwer«, brummelte er. »Man hätte glauben sollen …«
    Menkaraks Gesicht … veränderte sich.

    Es war, als schaute man zu, wie das Bild in einem stillen Teich in einzelne Bruchstücke zerriss, weil plötzlich etwas hineingefallen war. Die Züge des Toten waberten, verschwammen. Jegliche Ähnlichkeit mit der Holzkohleskizze verschwand. Ein weitaus jüngerer Mann lag tot an Menkaraks Stelle.
    Flackern von blauem Feuer.
    Oh, nein …
    Der Hieb traf ihn von hinten, bevor er sich hätte umdrehen können, bevor er auch nur hätte aufstehen können. Er erhaschte einen flüchtigen Blick auf einen Dwendahelm – glatte, stumpfe Oberfläche, noch schimmernd in den schwachen Spuren eines blauen Lichts, gesichtslos. Aber jemand sagte seinen Namen, und es war eine Stimme, die er kannte.
    Dann zerging die Welt in einem Schauer aus Funken.
     
    Er tauchte aus der Bewusstlosigkeit auf. Sein Kopf hing schlaff herab. Jemand spritzte ihm Wasser ins

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