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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Jungen auf. »Hol dir auch dein Messer. Wir wollen nicht davon reden, wie du das versaut hast, hm?«
    Der Junge stieß einen ungesunden, würgenden Laut aus der Kehle hervor. Der Mörder verdrehte die Augen.
    »Oh, nun komm schon! Jetzt soll dir doch nicht schlecht werden. Das ist deine verdammte …«
    »Das ist Verrat, Jungs.«
    Beim Klang der Stimme schoss Egars Kopf hoch. Der Mörder fuhr herum, zur Tür hinüber. Stolperte rückwärts, ein unheimliches, hohes Gekreisch ausstoßend, und klaubte nach etwas in seinem Auge.
    Egar starrte ihn an und versuchte, das Ganze zu begreifen.
    Archeth – an der offenen Zellentür – hielt den Jungen als Deckung vor sich, während sich seine aufgeschlitzte Kehle über ihren linken Unterarm ausblutete, den sie ihm über die Brust gelegt hatte. Das Gesicht hielt sie dicht an das seine gedrückt, den rechten Arm hatte sie noch zum Wurf ausgestreckt. In der linken Hand hielt sie ein weiteres Messer, die Klinge zur Seite gedreht.
    Ihre Augen waren groß im Lampenschein und glitzerten im Krinzanzfeuer.
    Egar überlegte vage, dass er in seinem ganzen Leben noch nie eine schönere Frau gesehen hatte.
     
    Sie ließ den Jungen los, und der sackte schlaff zu Boden.
    Sie trat über seine Leiche, kniete nieder und schnitt dem anderen
Mörder ebenfalls die Kehle durch, bloß um sicherzugehen, obwohl es wahrscheinlich unnötig war, so, wie er zuckend auf dem Steinboden lag. Sie zog ihr Messer aus seiner Augenhöhle heraus und warf einen Blick zum Drachentöter hinauf.
    »Ich habe schmerzhaft gehört, nicht tödlich?«
    Egar verzog das Gesicht und regte sich prüfend ein wenig. »Ja, in dieser Hinsicht hat er recht. Das alte Arschloch. Ziehst du mir das hier aus der Hand raus?«
    Sie starrte seine geballte Faust an, die blutgetränkten Lumpen und das herausragende Messer.
    »Wie zum …?« Sie schüttelte den Kopf. »Schon gut. Komm her.«
    Sie umfasste seine Hand, hielt sie fest, packte den Messergriff und zog ihm die Klinge aus dem Fleisch. Egar biss die Zähne zusammen und jaulte. Sie warf die Waffe weg, quer durchs Zimmer, zu ihrem Besitzer hinüber. Sie rutschte über den Steinboden und landete vor den leeren, starren Augen des Jungen.
    »Gut, wir versorgen dich mal besser. Kannst du gehen?«
    »Aus dieser Tür raus? Dann sieh mir einfach zu!« Er versuchte aufzustehen, aber es gelang ihm bloß, weil er sich mit einem Arm an der Wand abstützte. Er verzog erneut das Gesicht, als ihn ein frischer Schmerz in den Bauch stach. »Wo kommst du eigentlich so mir nichts, dir nichts her?«
    »Reines, blödes, abergläubisches Glück«, erwiderte Archeth grimmig, die ihre Messer eines nach dem anderen an den Hosen des Toten säuberte. »Gib dem Blut meiner Mutter die Schuld. Ich war draußen, wollte was einkaufen, so auf den letzten Drücker, du weißt schon. Alles geschlossen. Bin einem mystischen alten Knaben mit Bart unten am Fluss begegnet. Hat mir gesagt, ich soll nach meinen Freunden sehen, solange ich’s noch kann. Aus irgendeinem Grund hab ich’s getan. Jetzt bist du dran.«

    Egar schwankte leicht auf den Beinen. »Nett von ihm.«
    »Ja, nun, er hat mir genug für das Krin abgeknöpft.« Archeth verstaute ihre Messer und stand auf. Warf einen Blick umher auf die Schweinerei. »Weißt du – Jhiral wird einen verfluchten Anfall kriegen, wenn ihm diese Sache zu Ohren kommt. Ich möchte jetzt nicht gern Mitglied des Klans Ashant sein.«
    »Allerdings.« Egar bekam sein Taumeln unter Kontrolle, ließ die pochende Hand herabhängen und drückte die rechte auf das Loch in seinem Bauch. »Und Gil?«
    Wortlos blickte Archeth beiseite.
    Schüttelte den Kopf.

44
    Lange Zeit stolpert er durch einen öden, mit den lebenden Köpfen von Dwendaopfern übersäten Sumpf gegen einen scharfen Wind an. Männer, Frauen, Kinder, sogar einige Hunde – alle an Baumstümpfe rings umher gekittet, alle bis zu einem gewissen Grad lebendig, obwohl wahrscheinlich nur noch wenige nicht wahnsinnig sind. Es sind zehntausende. Ihre Stimmen winden sich um seine Knie wie Dunst, murmeln, weinen und kreischen manchmal bis hinauf an seine Ohren. Manchmal sind ihre Worte verständlich.
    Er versucht, sie zu überhören.
    … Mami, ich mag das nicht, ich mag das nicht, Mami, es soll aufhören, ich mag das nicht, es soll …
    Sie ist etwa fünf oder sechs. Lange Zöpfe aus schlammfarbenem Haar kleben auf ihrem Gesicht. Die Stimme ein dünnes, hoffnungsloses Jammern. Wenn die Mutter, nach der sie ruft, hier ist, so

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