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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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Rajal«, sagte sie vorsichtig. »Er hat zehn Stunden im eigenen Blut und in der eigenen Pisse gelegen und den toten Mann gespielt, und das schuppige Volk hat ihn nicht
gefunden, trotz der Reptiliendiener, die nach Überlebenden herumgeschnüffelt haben.«
    »Mir hat er was von sechs Stunden gesagt.«
    »Ist doch egal. Wenn er überlebt hat, als ihn das schuppige Volk jagte, allein, einen ganzen Tag lang, dann wird ihm eine Bande von Hütern wohl kaum Probleme bereiten, oder?«
    »Du vergisst unsere blaufeurigen Freunde.«
    Das tat sie mit einem Achselzucken ab. »Du hast ihn in Beksanara erlebt. Sie fallen genau wie Männer, erinnerst du dich?«
    »Was ist los mit dir, Archidi?« Gegen das Knurren in seiner Stimme war er machtlos. »Hast du plötzlich mit wem im Bett gelegen oder was?«
    Sie sah auf die Lumpenpuppe in ihren Händen hinab. »Ich glaube nicht, dass er’s nicht geschafft hat, weiter nichts. Er ist vom Strand von Rajal zurückgekehrt, er ist aus den kiriathischen Ödländern und der Galgenschlucht zurückgekehrt. Er hat uns alle von der Grenze oben bei Beksanara zurückgebracht. Ein paar Stunden Tageslicht werden ihn nicht aufhalten.«
    Kurz danach ging sie, hinausgebeten vom Gefängniswärter, der das Nachmittagsmahl brachte. Sie versprach, Imrana eine Botschaft zu überbringen, aber am Ende war sich Egar nicht so ganz sicher, was er ihr sagen wollte. Er war grundlos ärgerlich auf Imrana, ein Ärger, der umso schlimmer war, weil er genau wusste, dass er derjenige war, der die Grundregeln ihres Spiels nicht eingehalten hatte. Dass er sich Illusionen darüber gemacht hatte, was sie hatten.
    Du kannst nicht mehr in das zurückkriechen, was du mal hattest, Eg. Ihm gegenüber im erkaltenden Badewasser. Du musst mit der Gegenwart leben.
    Damals hatte es nicht wie eine Warnung geklungen, aber jetzt überlegte er, zu spät, ob es nicht doch eine gewesen war.

    Sag ihr, sie solle sich keine Sorgen machen, hatte er am Ende gesagt, und Archeth hatte genickt, sorgsam unverbindlich, und ihn mit seinen Gedanken allein gelassen.
    Er aß ohne großen Appetit, ließ den halben Teller übrig. Humpelte etwas in der Zelle umher, lehnte sich ans Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus. Benutzte den Nachttopf. Hob die Lumpenpuppe auf, wo Archeth sie liegengelassen hatte – warf sie gereizt an die Wand. Ließ sich aufs Bett fallen, in dem er allmählich das eigene sah, und beobachtete, wie das Bandlicht kühl und blauweiß die steinerne Decke bemalte.
    Du musst mit der Gegenwart leben.
    Ja, aber das Problem ist, Eg – da ist jetzt nicht mehr viel von da.
    Mach schon, Gil! Schwing deinen Homoarsch in den Sattel! Er setzte ein äußerliches Lächeln gegen eine dünne, jedoch anschwellende Furcht. Schick mich nicht in einen beschissenen Tod, Mann! Nicht so.
    Sie kamen, um seinen Teller und den Nachttopf wegzubringen, was ungewöhnlich für dieses Nachtzeit war. Er stützte sich auf dem Bett auf und grinste den Gefängniswärter verbittert an.
    »Keine Kosten und Mühen gescheut für die Gäste seiner Lichtgestalt, hm?«
    Der Mann starrte ihn an. Es war nicht das Gesicht, das ihm während der letzten paar Tage vertraut geworden war, tatsächlich nicht mal …
    Oh, nein …
    Er erkannte es in den Augen des anderen einen Moment, bevor das Messer herauskam. Er stand ungeschickt vom Bett auf und warf sich zur Seite, während ihn der Mann ansprang.
    »Für das Blut des Klans Ashant!«
    Es war ein Triumphgeschrei – und viel zu früh. Das Messer verfehlte Egars Schulter um einige Zoll und bohrte sich in die
Matratze. Egar rollte sich zur Seite und schlug dem Mann wild in die Nieren. Er ließ sich zu Boden fallen, doch das verletzte Bein blieb unter dem Gewicht seines Angreifers hängen. Sah den zweiten Meuchelmörder an der Tür, den niedergemachten Gefängniswärter auf den Pflastersteinen dahinter.
    »Zwei von euch«, fauchte er. »Das ist mal wieder typisch.«
    Er riss seinen Fuß los und krabbelte auf allen vieren rückwärts über den Zellenboden. Der zweite Attentäter kam auf ihn zu, prallte jedoch mit seinem Kameraden zusammen, der gerade vom Bett hochkommen wollte. Das verschaffte Egar den Bruchteil einer Sekunde, den er benötigte, um wieder auf die Beine zu kommen. Er kreischte ihnen ins Gesicht, den hohen Schrei der Steppennomaden, packte den Schreibtischstuhl, schwang ihn hoch und schleuderte ihn auf beide Männer. Er war schwer, Egar bekam nicht ganz den Schwung, den er gern gehabt hätte, aber er traf mit

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