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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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würden.

    In Shends Fall hatte es nahezu drei Jahre gedauert, aber der stetige Strom von Briefen an Freunde und Familie, in denen er lautstark die Liebe zu Trelayne und das Entsetzen davor bekundete, dass sich seine Kultur mit anderen vermischen könnte, erreichten schließlich ihr Ziel. Der Dichter wurde vollständig begnadigt und kehrte mit einer Abmachung mit der Universität heim, seine gesammelten Briefe unter dem Titel Die Ferne Geliebte herauszubringen. Ringil hatte sie auf eine Expedition nach Norden mitgenommen und gelesen und sich mit den Seiten nach und nach den Arsch abgewischt.
    In einer Sache hatte Shend jedoch völlig Recht gehabt: Hinerion war in der Tat eine Stadt der kulturellen Mischung, ein brodelndes Durcheinander von Einflüssen aus dem Norden und dem Süden, und es gehörte keinem von beiden gänzlich an und quoll über von Menschen, die in beiden Richtungen hindurchzogen.
    Das war eines der Dinge, die Ringil auf früheren Besuchen am meisten an der Stadt gefallen hatten.
    Jetzt machte dieser Umstand Hinerion zum perfekten Versteck.
    Also ritten sie zur Abenddämmerung durch das Schwarzsegeltor ein, zusammen mit einer schnatternden Schar Ankömmlinge von Schiffen, deren Eigner keine Genehmigung hatten, in den Haupthafen einzufahren, und die daher anderthalb Meilen weiter unten an der Küste anlegen mussten, außerhalb der Stadtmauern. Der Nebenhafen war ziemlich schäbig, kaum mehr als eine Ansammlung von Stegen, die von einem verschlammten Strand ins tiefere Wasser führten, sowie etlichen vergammelten Holzhütten, die sich über den Schlamm bis in die Stadt erstreckten. Kneipen, Bordelle und Krämerläden, sonst gab es wirklich wenig zu sehen, und die Stadtwache dehnte ihren Schutz
absichtlich nicht so weit aus. In Anbetracht dessen heuerten die meisten Schiffseigner billige Söldner an, die ihre ankernden Schiffe schützen und als Eskorte für ihre Passagiere und die Fracht in die Stadt hinein und wieder heraus dienen sollten. Hartgesottene Schläger auf Pferderücken und der häufig benutzte Stahl, den sie trugen, waren auf der Schwarzsegelstraße gang und gäbe, und es gab keinen Grund, weshalb Eril und Ringil nicht als solche Schläger durchgehen sollten. Beide waren von der Reise genügend verdreckt, und Ringil hatte seinen schwarzen Brokatmantel zu Gunsten eines billigen Wollumhangs aus einem der Krämerläden weggepackt. Und er hatte die Scheide des Rabenfreunds im Wald fest mit Streifen einer zerrissenen Satteldecke umwickelt und Knauf, Griff und Handschutz mit Ruß und Asche eingeschmiert, bis man nicht mehr erkennen konnte, um welche Waffe es sich wirklich handelte. Sein Gesicht hatte er ähnlich beschmiert, um die auffällige Narbe und seine fiebrige Blässe zu übertünchen. Er hatte Sorge, dass ein scharfäugiger Wachmann in dieser Blässe die ersten Anzeichen einer möglichen Pest sehen könnte.
    Ich fühle mich, als hätte ich wirklich die verdammte Pest.
    Hör auf zu jammern, du Held.
    Er biss die Zähne zusammen, um das Schaudern zu unterdrücken, und hoffte, dass man in seinem leeren und fiebrigen Blick die übliche Verpiss-dich-Gewalt-ist-mein-Beruf-Gleichgültigkeit sehen würde.
    Er hätte sich keine Sorgen machen brauchen. Die Wache am Tor, gelangweilt und gähnend, erübrigte ihnen beiden kaum mehr als einen flüchtigen Blick, während der Hauptmann die Maut entgegennahm und einsteckte. Sie mussten nicht mal absteigen. Die gekreuzten Piken gaben den Weg frei, und der Hauptmann winkte sie durch.

     
    Sobald sie das Tor passiert hatten, drängten sich die Schlepper auf der Straße. Zumeist waren es Jungen von nicht einmal zehn Jahren.
    »Zimmer, meine Herren, Zimmer. Schöne Aussicht aufs Meer!«
    »Ställe imperialer Qualität, imperial ausgebildete Stallburschen …«
    »Feine Weine, Mylords, und feine Damen, die sie servieren. Mädchen, die mit dem Flaschehals umgehen können, Ihr wisst, was ich meine, Mylord?«
    Ringil drängte sein Pferd neben das von Eril.
    »Such ein Zimmer in Hafennähe«, brummte er. »Aber nicht so nahe, dass wir ihn riechen müssen. Aussicht hinab auf die Docks, ich möchte sehen können, was da vor Anker liegt.«
    Eril nickte. »Bin schon dabei.«
    »Dann triff mich unten am Marktplatz. Kopfgeldbüro, unter der südlichen Kolonnade.«
    »Gut.« Eril warf ihm einen kurzen Blick zu. »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Nein«, erwiderte Ringil zitternd. »Aber ich kann gerade nichts daran ändern. Bis gleich da unten.«
    Er lenkte sein Pferd

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